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буд 5 часть нем.doc
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In der Tat, dort oben auf der dritten Etage der waldigen Terrasse saßen

die hauptsächlichsten Mitglieder dieser beiden vorteilhaft liierten

Familien an zwei zusammengerückten Tischen und speisten unter angeregten

Gesprächen. Der alte Senator Möllendorpf präsidierte, ein blasser Herr

mit weißen, dünnen, spitzen Kotelettes; er war zuckerkrank. Seine

Gattin, geborene Langhals, hantierte mit ihrer langgestielten Lorgnette,

und nach wie vor umstand das graue Haar unordentlich ihren Kopf. Ihr

Sohn war da, August, ein blonder junger Mann von wohlsituiertem Äußeren

und Gatte Julchens, der geborenen Hagenström, welche, klein, lebhaft,

mit großen, blanken, schwarzen Augen und beinahe ebenso großen

Brillanten an den Ohrläppchen, zwischen ihren Brüdern Hermann und Moritz

saß. Konsul Hermann Hagenström begann sehr stark zu werden, denn er

lebte vortrefflich und man sagte sich, daß er gleich morgens mit

Gänseleberpastete beginne. Er trug einen rötlich blonden kurzgehaltenen

Vollbart, und seine Nase -- die Nase seiner Mutter -- lag auffallend

platt auf der Oberlippe. Doktor Moritz, mit flacher Brust und gelblichem

Teint, zeigte in lebhaftem Gespräch seine spitzigen, lückenhaften Zähne.

Beide Brüder hatten ihre Damen bei sich, denn auch der Rechtsgelehrte

war seit mehreren Jahren verheiratet, und zwar mit einem Fräulein

Puttfarken aus Hamburg, einer Dame mit butterfarbenem Haar und übermäßig

leidenschaftslosen, augenscheinlich anglisierenden, aber außerordentlich

schönen und regelmäßigen Gesichtszügen, denn Doktor Hagenström hätte es

mit seinem Rufe als Schöngeist nicht vereinbaren können, ein häßliches

Mädchen zu ehelichen. Schließlich waren noch die kleine Tochter von

Hermann Hagenström und der kleine Sohn von Moritz Hagenström zugegen,

zwei weißgekleidete Kinder, die schon jetzt sogut wie miteinander

verlobt waren, denn das Huneus-Hagenströmsche Vermögen sollte nicht

verzettelt werden. -- Alle aßen Rührei mit Schinken.

Man grüßte sich erst, als Buddenbrooks in geringer Entfernung an der

Gesellschaft vorüberstiegen. Die Konsulin neigte ein wenig zerstreut und

gleichsam verwundert den Kopf, Thomas lüftete den Hut, indem er die

Lippen bewegte, als sagte er irgend etwas Verbindliches und Kühles, und

Gerda verbeugte sich fremd und formell. Herr Permaneder aber, angeregt

durch das Steigen, schwenkte unbefangen seinen grünen Hut und rief mit

lauter und fröhlicher Stimme: »Wünsch' recht an guat'n Morg'n!« --

Worauf die Senatorin Möllendorpf ihr Lorgnon zur Hand nahm ... Tony

ihrerseits zog ein wenig die Schultern empor, legte den Kopf zurück,

suchte trotzdem das Kinn auf die Brust zu drücken und grüßte gleichsam

von einer unabsehbaren Höhe herab, wobei sie genau über Julchen

Möllendorpfs breitrandigen und eleganten Hut hinwegblickte ... In dieser

Minute setzte sich ihr Entschluß endgültig und unerschütterlich in ihr

fest ...

»Gott sei Lob und tausend Dank, Tom, daß wir erst in einer Stunde

frühstücken! Ich möchte mir von diesem Julchen nicht gern auf den Bissen

sehen lassen, weißt du ... Hast du beachtet, wie sie grüßte? Beinahe gar

nicht. Dabei war meiner unmaßgeblichen Ansicht nach ihr Hut ganz unmäßig

geschmacklos ...«

»Na, was den Hut betrifft ... Und mit dem Grüßen warst du wohl auch

nicht viel entgegenkommender, meine Liebe. Übrigens ärgere dich nicht;

das macht Falten.«

Ȁrgern, Tom? Ach nein! Wenn diese Leute meinen, sie seien die ersten an

der Spritze, so ist das zum Lachen und weiter nichts. Was ist für ein

Unterschied zwischen diesem Julchen und mir, wenn ich fragen darf? Daß

sie keinen Filou, sondern bloß einen `Duschack´ zum Manne bekommen hat,

wie Ida sagen würde, und wenn sie einmal in meiner Lage wäre im Leben,

so würde es sich ja erweisen, ob sie einen zweiten finden würde ...«

»Was besagt, daß du deinerseits einen finden wirst?«

»Einen Duschack, Thomas?«

»Sehr viel besser als ein Filou.«

»Es braucht weder das eine noch das andere zu sein. Aber darüber spricht

man nicht.«

»Richtig. Wir bleiben auch zurück. Herr Permaneder steigt mit Elan ...«

Der schattige Waldweg wurde eben, und es dauerte gar nicht lange, bis

sie die »Quelle« erreicht hatten, einen hübschen, romantischen Punkt mit

einer hölzernen Brücke über einem kleinen Abgrund, zerklüfteten Abhängen

und überhängenden Bäumen, deren Wurzeln bloßlagen. Sie schöpften mit

einem silbernen, zusammenschiebbaren Becher, den die Konsulin

mitgebracht hatte, aus dem kleinen, steinernen Bassin gleich unterhalb

der Austrittsstelle und erquickten sich mit dem frischen, eisenhaltigen

Wasser, wobei Herr Permaneder einen kleinen Anfall von Galanterie hatte,

indem er darauf bestand, daß Frau Grünlich ihm den Trunk kredenzte. Er

war voll Dankbarkeit, wiederholte mehrmals: »A, des is fei nett!« und

plauderte umsichtig und aufmerksam sowohl mit der Konsulin und Thomas

als mit Gerda und Tony und sogar mit der kleinen Erika ... Selbst Gerda,

die bislang unter fliegender Hitze gelitten und in einer Art von

stummer und starrer Nervosität einhergegangen war, begann nun

aufzuleben, und als man nach einem beschleunigten Rückwege wieder vor

dem Wirtshause anlangte und sich auf der zweiten Stufe der Waldterrasse

an einem überreichlich besetzten Tische niederließ, war sie es, die es

in liebenswürdigen Wendungen bedauerte, daß Herrn Permaneders Abreise so

nahe bevorstehe: jetzt, wo man einander ein wenig kennengelernt, wo es

zum Beispiel ganz leicht zu beobachten sei, daß auf beiden Seiten immer

seltener Miß- und Nichtverständnisse des Dialektes wegen unterliefen ...

Sie könne die Behauptung vertreten, daß ihre Freundin und Schwägerin

Tony zwei- oder dreimal mit Virtuosität »Pfüaht Gott!« gesagt habe ...

Herr Permaneder unterließ es, auf das Wort »Abreise« irgendeine

bestätigende Antwort zu geben, sondern widmete sich vorderhand den

Leckerbissen, von denen die Tafel strotzte, und die er jenseits der

Donau nicht alle Tage bekam.

Sie verzehrten die guten Sachen mit Muße, wobei die kleine Erika sich

beinahe am meisten über die Servietten aus Seidenpapier freute, die ihr

unvergleichlich schöner schienen als die großen leinenen zu Hause, und

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