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Hammesfahr Erzahlungen.docx
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13.08.2019
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Im Geist sah er Nina durch dieses Zimmer gehen, sah ihre flinken Finger für Ordnung sorgen, sah sie anschließend ihre Hände waschen, nach der Cremedose greifen. Wo Helen nur blieb?

Das Rauschen der Dusche war verstummt, aber ihr Trällern war noch zu hören. Harry dachte flüchtig daran, sie vielleicht noch einmal zu lieben an diesem Abend. Doch dann schalt er sich einen Idioten. Irgendwo gab es Grenzen für einen Mann in seinem Alter. Es wunderte ihn, dass er es bereits dreimal geschafft hatte an diesem Tag. Er schob diese Tatsache der ungeheuren Erregung zu, die sein Innerstes ausfüllte. Im Arm halten wollte er sie, einfach nur im Arm halten, zärtlich sein, ihre Haut spüren, die Finger über die rauen Stellen gleiten lassen und träumen.

Was trieb sie nur so lange? Harry erhob sich, träge und satt, ging mit schlendernden Schritten auf die Tür zu, hinter der sie verschwunden war. Seine Hand drückte die Klinke nieder, er lächelte.

Helen stand neben der Duschkabine, mit dem Rücken zur Tür. Sie hielt etwas in einer Hand und strich mit der anderen über ihr linkes Bein. Harry erkannte nicht sogleich, was sie da hielt. Er wollte gerade fragen, wozu sie so lange brauchte, da drehte sie sich zu ihm um.

«Ich bin gleich so weit», sagte sie und hielt ihm etwas entgegen. «Bist du so lieb und cremst mir den Rücken ein? Ich kann das selbst so schlecht.»

Harry nickte nur, versuchte, die Melodie zu pfeifen, die sie eben geträllert hatte. Seine Augen registrierten die lindgrüne Flasche, die sie ihm entgegenhielt, saugten sich daran fest. Alles andere verschwamm plötzlich vor seinem Blick. Seine Hand fühlte Plastik, weiches Plastik, das sich mühelos zusammendrücken ließ. Er ließ etwas von der dünnflüssigen Milch in seine Handfläche laufen, stellte die Flasche auf den Rand des Waschbeckens, legte die Hand auf Helens Rücken. Immer noch lächelnd begann er, die klebrige, schmierige Lotion auf ihrer Haut zu verreiben. Die zweite Hand legte sich neben die erste, tat es ihr gleich.

Er kniff die Augen zusammen, um diesen Schleier loszuwerden. Er hörte einen eigentümlich dumpfen Laut, der fast wie das erstickte Weinen eines kleinen Kindes klang. Aber er begriff nicht, dass dieser Laut aus seiner Kehle kam. Seine Hände arbeiteten sich automatisch zu den Schultern hinauf, drückten das feste, warme Fleisch, rieben und massierten, glitten höher, schlössen sich um einen Hals.

Und noch immer war da dieser merkwürdige Ton, ein verzweifeltes Summen, nicht ganz von dieser Welt. Dicht vor sich sah Harry das makellose Gesicht Ninas, sah, wie sich die Gelassenheit darauf in Entsetzen wandelte. Er hörte ihr Röcheln, und ihre schlanken, cremeduftenden Hände verkrallten sich im Duschvorhang. Direkt unter den Fingerspitzen fühlte er ein leichtes Hämmern. Es war nicht sehr beständig und ließ dann ganz nach.

Und es war, als hielte er ein Zentnergewicht in den Händen. Seine Arme wurden unerbittlich hinabgezogen. Ninas Röcheln erstarb, jetzt war er frei, wirklich frei.

Nur die Hände schienen noch verkrampft, und schwer atmend versuchte er, sie zu lösen. Dabei fiel etwas schwer zu Boden, schlug hart gegen die Einfassung der Duschkabine und blieb regungslos zu seinen Füßen liegen.

Harry lächelte zufrieden und kümmerte sich nicht weiter darum. Er wischte sich das klebrige, fettige Zeug von den Händen, wischte es einfach an den Hosenbeinen ab. Dann ging er zurück ins Wohnzimmer.

Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er sich wieder in den gemütlichen Sessel sinken. Er schloss für eine Weile die Augen, spürte Müdigkeit in sich aufsteigen. Die Lider wurden schwer. Wenn Helen sich nicht ein wenig beeilte, würde er noch im Sessel einschlafen. Wo sie nur so lange blieb? Irgendwie waren die Frauen doch gleich, egal, ob sie nun Anfang zwanzig oder Ende dreißig waren.

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