- •В.Г. Адмони Теоретическая грамматика немецкого языка
- •Vorwort zur dritten Auflage
- •Vorwort zur vierten Auflage
- •§ 1. Der grammatische Bau der Sprache. Das Morphem. Morphologie und Syntax
- •§ 2. Die grammatischen Formen und Kategorien. Grammatik als Beziehungs- und Gestaltungssystem. Die Einheitlichkeit der Grammatik
- •§ 3. Aspektreichtum und Feldstruktur der sprachlichen Erscheinungen. Paradigmatik, Syntagmatik und Bathysmatik als Dimensionen des Sprachbaus
- •§ 4. Hauptzüge des deutschen Sprachbaus
- •§ 5. Einiges aus der Geschichte der theoretischen Erforschung des deutschen Sprachbaus
- •§ 6. Die morphologische Gliederung des Wortes
- •§ 7. Die innere Flexion und die analytischen Formen
- •§ 8. Das Wort und die Wortgruppe
- •& 9. Suppletivformen, Nebenformen und Varianten der Morpheme
- •§ 10. Das Problem der Redeteile (der grammatischen Wortarten)
- •§11. Das Deklinationssystem im Deutschen
- •§ 12. Die Komparation
- •§ 13. Syntaktische Funktionen und Fügungswerte der Redeteile
- •§ 14. Das Wesen des Substantivs
- •§ 15. Die grammatischen Kategorien und die semantischgrammatischen Klassen des Substantivs
- •§ 16. Das grammatische Geschlecht
- •§ 17. Die grammatische Kategorie der Zahl
- •§ 18. Die Deklinationstypen des Substantivs
- •Viertes Kapitel
- •§ 19. Allgemeine Bemerkungen über den Kasus
- •§ 20. Nominativ
- •§ 21. Genitiv
- •§ 22. Akkusativ und Dativ
- •§ 23. Das Problem des Gemeinschaftskasus
- •§ 24. Allgemeine Bemerkungen über den Artikel
- •§ 25. Semantisch-grammatische Funktionen des Artikels
- •§ 26. Strukturell-grammatische Funktionen des Artikels
- •§ 27. Präpositionen
- •§ 28. Allgemeine Bemerkungen
- •§ 29. Das Adjektiv
- •§ 30. Das Numerale
- •§31. Das Pronomen
- •§ 32. Die Pronominalform es
- •§33. Die Negation
- •§34. Allgemeine Charakteristik des Verbs und seiner grammatischen Kategorien. Finite und infinite Verbalformen
- •§ 35. Formale Typen und semantisch-grammatische Klassen des Verbs
- •§ 36. Das Problem der Aktionsarten im deutschen Verbalsystem
- •§ 37. Genera Verbi — Diathesen (die Handlungsformen des Verbs)
- •§38. Das System der Tempora (der Zeitformen)
- •§ 39. Die Modi (Aussageweisen)
- •§ 40. Allgemeine Bemerkungen
- •§ 41. Das Adverb
- •§42. Modalwörter
- •§43. Partikeln
- •§44. Konjunktionen (Bindewörter)
- •§ 45. Das Problem der syntaktischen Form
- •§ 46. Die syntaktischen Beziehungen und die Glieder des Satzes
- •§ 47. Der Satz und seine Unterarten. Die Semantik des Satzes
- •§ 48. Arten des Elementarsatzes, deren Form Abweichungen von der verbalen, nominativischen und zweigliedrigen Struktur des Elementarsatzes aufweist
- •§ 49. Der erste Aspekt: logisch-grammatische Satztypen
- •§ 50. Der zweite Aspekt: die Modalität des Satzes
- •§52. Der vierte Aspekt. Die Rolle des Satzes im Redestrom. Der Elementarsatz und der Ganzsatz
- •§ 53. Der fünfte Aspekt: die Erkenntniseinstellung (die psychologisch-kommunikative Einstellung) des Sprechenden oder die funktionale Perspektive des Satzes
- •§ 54. Der sechste Aspekt: die Einteilung der Sätze nach ihrer kommunikativen Aufgabe
- •§ 55. Der siebente Aspekt: der emotionale Gehalt des Satzes
- •§ 56. Allgemeine Bemerkungen
- •§ 57. Die Gruppe des Substantivs
- •§ 58. Die Gruppe des Verbs
- •Viertes Kapitel
- •§ 59. Strukturelle Grundzüge des Hauptsatzes und des Nebensatzes
- •§ 60. Die Arten der Nebensätze
- •§ 61. Höhere (den Ganzsatz überlagernde) Redeeinheiten. Der Absatz. Der Text
- •§ 62. Die grammatisch-semantischen Bereiche des Satzes
- •§ 63. Die Führung der Rede und die Redestimmen
- •§ 64. Die Komposition des Satzes
- •§ 65. Der Umfang des Satzes und der Wortgruppen
- •§ 65. Der Umfang des Satzes und der Wortgruppen
- •§ 65. Der Umfang des Satzes und der Wortgruppen
- •§ 65. Der Umfang des Satzes und der Wortgruppen
- •§ 66. Formen, Faktoren und Funktionen der Wortstellung
- •§ 67. Die Rahmenkonstruktion
- •§ 68. Die erste Stelle im Satz
§ 48. Arten des Elementarsatzes, deren Form Abweichungen von der verbalen, nominativischen und zweigliedrigen Struktur des Elementarsatzes aufweist
Bei der Musterung der Satzaspekte werden manche Satzarten geschildert, die in ihrer Struktur von der verbalen, nominativischen und zweigliedrigen Form des Satzes abweichen. Es werden dabei auch die Triebkräfte und Bedingungen angegeben, die solchen Abweichungen zugrunde liegen: der zu seiner Realisierung drängende spezifische Bedeutungsgehalt des betreffenden Aspekts und die Einwirkungen der Situation und des Kontextes, die sich besonders in einigen Aspekten geltend machen. Da aber die Struktur des Satzes selbst zuweilen Anlaß gibt, die «normale» Satzform abzustreifen, so scheint es doch angebracht, schon hier eine allgemeine Übersicht der Satzarten zu geben, die nicht als okkasionelle Ellipsen, sondern als besondere, stabile Satztypen in ihrem Bau von einer oder mehreren strukturellen Hauptgesetzmäßigkeiten des deutschen Satzes frei sind. Dreierlei sind die Hauptfaktoren, die dabei auf die Form des deutschen Satzes einwirken.
Erstens kann der Satz das finite Verb oder den Subjektsnominativ (und in beiden Fällen also auch die Zweigliedrigkeit in ihrer klassischen Gestalt) vermissen, wenn der Bedeutungsgehalt, der in dem fehlenden Glied seinen Ausdruck finden sollte, so unbestimmt, allgemein oder unbekannt ist, daß man ihn vom semantischen Standpunkt aus nicht zu nennen braucht. Doch muß man dabei im Auge behalten, daß dieser semantische Faktor nicht automatisch wirkt, sondern durch rein strukturelle Gesetzmäßigkeiten, die für die deutsche Sprache so charakteristisch sind, durch die Tendenz zur Aufrechterhaltung des vollständigen strukturellen Schemas umgestaltet oder sogar verhindert werden kann. Dessen ungeachtet liegt im Deutschen der semantische Faktor den strukturellen Eigentümlichkeiten solcher Satzarten zugrunde, wie z. B. die unpersönlichen Sätze (ohne es, vgl. §31, 49), partitive Genitivsätze (vgl. §49), eingliedrige Existenzialsätze (vgl. §49).
Zweitens wirken die Situation und der Kontext auf die Struktur des Satzes ein. So fehlt dem Imperativsatz in der 2. Person Singular das Nominativsubjekt, weil die handelnde Person, die durch diesen Nominativ bezeichnet werden sollte, in der Situation selbst immer gegeben ist. Auch die Benennungssätze (vgl. §20) sind in ihrer Eingliedrigkeit durch die Situation oder den Kontext bedingt, z. B. Schön! bei der Betrachtung eines Bildes, Feuer! bei Ausbruch eines Brandes. Vgl. auch
Grabow hat mir eine Salbe für die Halsmuskeln verordnet... gut! (Th. Mann), wo gut! sich auf den vorhergehenden Satz bezieht.
Es war ein Tag wie gestern: Kälte, Dunst und Wind... (Bredel), wo Kälte usw. den vorhergehenden Ausdruck Tag wie gestern charakterisiert. Dabei stützen sich die Benennungssätze auf die Struktur irgendwelcher logisch-grammatischen Satztypen, also solcher Satzarten, die auch situationsfern und kontextfrei einen (relativ) vollständigen Sinn und eine (relativ) geschlossene Form aufweisen. So beruht der Benennungssatz Schön! (bei Betrachtung eines Bildes) auf der Satzstruktur Dieses Bild ist schön!, der Benennungssatz Kälte, Dunst und Wind (im oben angeführten Beispiel) auf dem eingliedrigen Existenzialsatz, der in derselben äußeren Form (Kälte, Dunst und Wind^ erscheinen kann. Vollständigere Satzschemata liegen auch den Sätzen mit der Richtungssemantik zugrunde, die aus einem Adverb oder einer Präpositionalgruppe mit entsprechender Semantik bestehen: Zurück! Fort von hier! Darüber weiter unten usw. Aus dem dialogischen Kontext ist der Gebrauch der Modalwörter als Satzäquivalente zu verstehen: Kommst du? — Ja! Diese Satzart hat aber auch den spezifischen Bedeutungsgehalt der Entscheidungsfragen zur Voraussetzung, die eben nur eine modale Einschätzung der im Fragesatz ausgedrückten Beziehung zwischen zwei Komponenten erfordert.
Drittens wirkt sich hier auch die Struktur des Satzes selbst aus. So vermag ein genauer Parallelismus zwischen Subjekt und Prädikat, besonders in Sprichwörtern und formelhaften Redewendungen, die Kopula entbehrlich zu machen: Träume sind Schäume — Träume — Schäume. In den Sprichwörtern ist eine solche verblose Struktur möglich, auch wenn das fehlende finite Verb nicht kopulativ, sondern semantisch vollwertig sein sollte und zuweilen sogar schwer definierbar ist: Ein Mann ein Wort; Mitgefangen mitgehangen usw. Die besonders
klar ausgeprägte Zweiteiligkeit des Satzes erlaubt es hier, ohne Verbum finitum und zuweilen sogar ohne Subjektsnominativ auszukommen. Die überaus starke Entwicklung einer der strukturellen Hauptgesetzmäßigkeiten des deutschen Satzes ermöglicht es, seine anderen strukturellen Gesetzmäßigkeiten zu umgehen.
Weniger vollständig ist der strukturelle Parallelismus in einigen verblosen Fragesätzen, in welchen aber die Stimmführung selbst eine klare Gegenüberstellung der beiden Hauptglieder des Satzes hervorhebt:
Schönhusen ein Sozialist? (Bredel)
Der verstärkte Emotionalgehalt, besonders in Verbindung mit der Veränderung der üblichen Wortfolge, kann die Verwendung der Konstruktion ohne Kopula auch in Ausrufesätzen begünstigen:
Lumpenhunde die Reiter! (Goethe)
Die Nachstellung des Nominativsubjekts führt auch oft zur Beseitigung der Kopula in den Sätzen mit erweitertem Prädikat, die die Lage des Subjekts bestimmen:
Vorne zwei nickende Pferdeköpfe. (Liliencron)
Ein Mittelding zwischen einer Appositionsgruppe in der Anrede und einem emotional verstärkten Satz ohne Kopula sind Bildungen wie Du Liebe. Sie Nichtswürdiger! Im Kontext wird ihr Satzcharakter oft ganz klar:
Sie Ungeheuer, hätte ich gesagt! Sie finsterer Wüterich! Sie widerlicher Dickhäuter, hätte ich gesagt! (Bredel)
Der Satzcharakter solcher Bildungen kann auch durch Wiederholung ihres ersten (pronominalen) Gliedes zum Ausdruck gebracht werden, wobei auch eine besondere Art des strukturellen Parallelismus im Satz hergestellt wird:
Du ahnungsvoller Engel, du! (Goethe)
Es werden zuweilen im Nebensatz Hilfsverben oder Kopula ausgelassen:
Nachdem er eine längere Konferenz mit der Senatorin gehabt, ward. Hanno vorgeführt... (Th. Mann), ...als einziger, der nicht ihres Glaubens... (Kisch)
Im 17.—18. Jahrhundert war diese Erscheinung, die ich als «afinite Konstruktion» bezeichne, in allen Funktionalstilen der Literatursprache sehr verbreitet (104, 190—192; 113, 346). Aber völlig ist sie auch im 19. Jh. nicht ausgestorben. Ziemlich oft erscheint sie im Vers, des Rhythmus und des Reimes wegen.
Im Perfekt und Plusquamperfekt wird besonders in Briefen und Tagebüchern das Hilfsverb nicht selten ausgelassen, ebenso im unabhängigen Satz. Z. В.: Eben den letzten Bogen des Buchs fertig korrigiert. (K- Marx)
Die Fügung mit den Modalverben und semantisch gleichartigen Verben, die für die Infinitive so charakteristisch ist, erlaubt die Auslassung dieser Verben in finiter Form, wenn der Kontext und die Situation semantischen Mißverständnissen vorbeugen, wie es oft in rhetorischen Fragesätzen und Aufforderungssätzen geschieht:
Die und sich für andere aufopfern, ach je! (Bredel); Aufstehen!
Die Semantik der Abgeschlossenheit der Handlung ermöglicht in einigen Fällen dem Partizip II, die Rolle eines Aufforderungssatzes zu spielen: Aufgestanden!
Schon aus dieser kurzen Übersicht der Satzarten, die typologisch von der Struktur des nominativischen, verbalen und zweigliedrigen Satzes abweichen, ist ersichtlich, daß oft mehrere Faktoren zusammenwirken müssen, um solche Satzarten möglich zu machen. Es wird auch ersichtlich, daß verschiedene Redestile auf verschiedene Weise die Bildung und den Gebrauch dieser Satzarten begünstigen. Die Umgangssprache, der Dialog und zum Teil der Brief — das sind die Sprachsphären, die den wahren Nährboden für die Sätze bilden, die in ihrem Aufbau von den strukturellen Hauptgesetzmäßigkeiten des deutschen Satzes abweichen. Hier treten auch alle Arten von Ellipsen auf, die durch die Situation und den Kontext ermöglicht werden. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß in der Umgangssprache in verschiedenen Satztypen das pronominale Nominativsubjekt fehlen kann:
Habe da heute mittag einen von meinen Stöcken ausgenommen und wollte mir erlaubt haben, Ihnen die beste Wabe zu bringen. (Fontane)
Eine erstarrte Form solcher Sätze mit ausgelassenem pronominalen Subjekt bilden die Wendungen bitte, danke.
Doch gibt es auch solche Satzarten, die in ihrer strukturellen Eigenart nicht an den Dialog gebunden sind: eingliedrige Existen-zialsätze, unpersönliche Sätze, partitive Sätze, einige der Sätze ohne Kopula, die sich auf den Parallelismus ihrer Glieder stützen usw. Sehr verbreitet sind die Satzkonstruktionen, die von der verbalen, nominativischen und zweigliedrigen Struktur abweichen, in Zeitungsschlagzeilen, in der Bildzeitung, in Anzeigen, überhaupt in der Sprache der Werbung (vgl. 139; 293, 202—206). Nach den Zählungen von R. Römer erwiesen sich 61% der Slogans als unvollständige Sätze, worunter allem Anschein nach in sehr vielen Fällen nicht einfache Ellipsen zu verstehen sind, sondern verschiedene nicht-verbale stabilere Satzarten: z. B. Dugena — die große Uhrenmarke, Dralon-Decken — gesunde Decken, Täglich Underberg — und man fühlt sich wohl usw. (333, 165 bis 171).
Wichtig ist auch, daß sich in den modernen Fachsprachen solche Textsorten bilden, die u. a. zum Gebrauch von eingliedrigen nominativischen Sätzen verschiedener Art besonders günstig sind, wie z. B. die referierenden Zeitschriften (108).
Verbreitet sind die Abweichungen von der vollständigen Satzstruktur in der Schönen Literatur.
Aber bei allen Satzarten, die von der verbalen, nominativischen und zweigliedrigen Form abweichen, ist es möglich, die Faktoren oder Bedingungen aufzuspüren, die zu den betreffenden Abweichungen in der Satzstruktur geführt haben. Die Grundlage des deutschen Satzsystems, seine Ausgangsform (nicht genetisch, sondern vom Standpunkt des gegenwärtigen Systems aus), bildet jedoch der verbale, nominativische, zweigliedrige Satz, auf welchen sich alle anderen Satzstrukturen so oder so beziehen.
Zweites Kapitel
Die Aspekte des Satzes