Deklinationsparadigmen im Althochdeutschen
Klasse |
Maskulinum |
Neutrum |
Femininum | |||
Singular |
Plural |
Singular |
Plural |
Singular |
Plural | |
1 -n |
der boto des boten demo boten den boton |
dia boton dero botôno dêm botôm dia boton |
daz herza des herzen demo herzen |
diu herzen dero herzôno dêm herzôm diu herzun |
diu zunga dera zungûn deru zungûn dia zungûn |
dio zungûn dero zungôno dêm zungôm dio zungûn |
2 -ô |
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diu geba dera geba deru gebu dia geba |
dio gebâ dero gebôno dêm gebôm dio gebâ | |||
3 -a |
der tag des tages demo tage den tag |
dia taga dero tago dêm tagum dia taga |
daz wort des wortes demo worte daz wort |
diu wort dero worto dêm wortum diu wort |
| |
4 -i |
der gast des gastes demo gaste den gast |
dia gesti dero gestio dêm gestim dia gesti |
|
diu kraft dera krefti deru krefti dia kraft |
dio krefti dero kreftio dêm kreftim dio krefti |
Hier zeigt sich, daß die Akzentfestlegung auf den Wortanfang bereits für eine Verwischung und Vereinfachung sowie einen Wegfall einzelner Formen gesorgt hat; der Artikel, der hier dazugesetzt ist, brauchte im ahd. nicht verwendet zu werden, so daß eine isolierte Form nicht immer eindeutig einem Kasus zugeordnet werden kann. Dennoch ist die Kasuskennzeichnung relativ gut erkennbar, wohingegen eindeutige Numerus- und Genuskennzeichnung nicht vorhanden sind.
Was die Pluralbildung anbetrifft, so traten mehrere Sonderklassen auf, von denen eine für die weitere Entwicklung besonders wichtig wurde:
Neutrum | |
Singular |
Plural |
daz lamb des lambes demo lambe daz lamb |
diu lembir dero lembiro dêm lembirum diu lembir |
-ir- ist ein Stammbildungselement, das im Singular weggefallen ist. Es löst im Pl. den Umlaut aus, und wird so später Vorbild für eine neue Art der Pluralbildung. Umlaut + (abgeschwächtes) -er wird im mhd. zu einem neuen Pluralkennzeichen in Wörtern, die zuvor keinen Umlaut hatten (nhd. Sg - Pl. Wort - Wörter, Wald - Wälder).
Adjektiv. Ahd. Adjektive haben drei grammatische Kategorien, die an ihnen ausgedrückt werden: Kasus, Numerus, Genus. Wenn man sich aber das Flexionsparadigma der ahd. Adjektive ansieht, so gibt es für jede der 24 Positionen zwei Formen, eine sogenannte nominale (schwache) und eine pronominale (starke) Form. Die zwei Formen waren schon im Germ. vorhanden und hatten die Funktion, die heute durch die Artikel wahrgenommen wird. Eine nominale Form war individualisierend, eine pronominale Form generalisierend. Z.B. ahd.: kilaubu in kot fater almahticun „...den allmächtigen“ versus in hohan berg „(irgend)einen hohen Berg“ oder nioman sentit niowan wîn in alte belgi „niemand füllt jungen Wein in alte Schläuche“.
Althochdeutsche Adjektivendungen
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Maskulinum |
Neutrum |
Femininum | |||
nominal |
pronominal |
nominal |
pronominal |
nominal |
pronominal | |
Nom. Sg. Gen. Dat. Akk. |
-o -en -en -on |
-êr -es -emo -an |
-a -en -en -a |
-az -es -emo -az |
-a -ûn -ûn -ûn |
-iu -era -eru -a |
Nom. Pl. Gen. Dat. Akk. |
-on -ôno -ôm -on |
-e -ero -êm -e |
-un -ôno -ôm -un |
-iu -ero -êm -iu |
-ûn -ôno -ôm -ûn |
-o -ero -êm -o |
Wie die Tabelle zeigt, wirkte sich auch hier die Abschwächung der Nebensilben auf die Morphologie aus: Formen wurden uneindeutig oder fielen zusammen. Um die alte Unterscheidung individuell / generell weiter ausdrücken zu können, mußten nun Umschreibungen mit Demonstrativpronomen (indiv.) bzw. Zahlwort ein (gener.) verwendet werden. Daraus entstanden später die Artikel.