Frage 1
Der Wortschatz als Gegenstand einer Lexikologie
Der Wortschatz = lexikalisches System der Sprache = das Lexikon = die Lexik.
Seine Einheiten sind Bausteine zum Aufbau von Äußerungen.
Elemente des Wortschatzes
WÖRTER ? Benennungen von Gegenstän-den, Eigenschaften, Erscheinungen der objektiven Realität;
♣ FESTE WORTGRUPPEN = Paralexeme ? Benennungen komplexer Art;
♣ MORPHEME ? elementare bedeutungs-tragende Einheiten.
Wortschatz als integrative Komponente des Sprachsystems
Das Lexikon einer Sprache enthält
♣ die Liste aller Morpheme, usuellen Wörter, festen Wortverbindungen;
♣ die Regeln der Wortbildung;
♣ die Paradigmen der Abwandlung.
Die lexikalischen Kenntnisse eines Sprachträgers sind verbunden mit:
phonetisch-phonologischen,
syntaktischen,
morphologischen,
pragmatischen Kenntnissen.
? Diese Charskteristika werden mit jedem einzelnen Lexem gespeichert.
? Sie werden beim Gebrauch in der Rede aufgedeckt.
Der Wortschatz formiert unser lexikalisches Wissen, indem er die Kenntnisse allgemeiner Regeln und die Kenntnis spezifischer, an das Einzelwort gebundener Merkmale umschließt.
Der Wortschatz als System der Systeme( диасистема)
Existenzformen des Wortschatzes dienen verschiedenen kommunikativen Zielen.
Sie sind unterschiedlich auf die Sprecher verteilt.
Verschiedene Wortschätze lassen uns über eine „INNERE MEHRSPRACHIGKEIT“ sprechen.
Eine natürliche Sprache ist differenziert:
♣ REGIONAL in Mundarten, Umgangs- sprache, Standard- / Literatursprache;
♣ SOZIAL in Berufs-, Standes-, Fach- sprachen, in Sonder- und Gruppen- wortschätze;
HISTORISCH in:
Neologismen ? Bezeichnungseinheiten für neue Begriffe, Sachverhalte;
Archaismen ? veraltete/ veraltende Lexeme;
Historismen ? die Wörter, die mit von ihnen bezeichneten Sachverhalten veralten;
der Herkunft nach in:
Erbwörter – Einheiten, die aus der germanischen Zeit und noch weiter zurückliegen- den Epochen stammen;
Lehnwörter – fremdsprachige Einheiten, die sich den deutschen Wörtern völlig angegli- chen haben;
Fremdwörter – fremdsprachige Einheiten, die nicht eingedeutscht sind;
FUNKTIONAL in:
unmarkierte/ neutrale/ literarische ? als Standard geltende Wörter;
markierte Wörter, die zu verschiedenen Stilschichten (gehoben, poetisch, umgangssprachlich, salopp) gehören
Modell des diasystematischen Wortschtzaufbaus
Der Wortschatz einer natürlichen Sprache wird als System von Systemen, d.h. als System von Varietäten aufgefasst.
Er stellt das „strukturierte Diasystem“ dar. (E.Coseriu)
Frage 3
Polyfunktionalität des Wortes( альс грундхайт)
Elemente des Wortschatzes sind nach ihrer Bedeutung, Funktion und Rolle in der sprachlichen Kommunikation nicht identisch:
♣ die feste Wortverbindung zerfällt in einzelne Wörter, die in der Wortverbindung ein einheitliches semantisches Ganzes bilden: ein alter Hase sein = sehr viel Erfahrung haben;
♣ die Morpheme sind formal ein Ganzes, spielen in Bezug auf das Wort eine untergeordnete Rolle: Lehr-er, auf-tisch-en;
♣ der funktionale Bereich des Wortes reicht vom Morphem: Ruhe → Ruhepause, ruhestörend, ruhig, ruhelos; bis zu der kommunikativen Einheit, der Äußerung: Ruhe, bitte!
Polyfunktionalität als Eigenschaft des Wortes:
?nominative Funktion _ das Wort benennt, bezeichnet;
?signifikative/ kognitive Funktion _das Wort verallgemeinert;
?kommunikative Funktion _ das Wort teilt mit, es ist ein Verständigungsmittel;
?pragmatische/ konnotative Funktion_ das Wort drückt aus
Wesensmerkmale des Wortes
ergeben sich aus den Funktionen des Wortes, sind den Wörtern aller Sprachen eigen:
morphematische Strukturiertheit;
Träger von Bedeutung;
feldhafte/ paradigmatische Verbundenheit;
semantisch-syntaktische Valenz/ semantische Kongruenz/ Kompatibilität/ syntagmatische Anschließbarkeit;
stilistische Funktionalität;
Zugehörigkeit zu einem grammatischen Paradigma;
in der Rede variierbare, phonemische und grafemische Form.
PROBLEME EINER WORTDEFINITION
Es gibt keine für alle Sprachen gültige Wortdefi-nition wegen
der Isolierbarkeit des Wortes;
der Feststellung der Wortgrenzen;
der Identität des Wortes _ seiner Gleich-heit; der lexikalischen Bedeutung
Merkmale für die Bestimmung einer sprachlichen Einheit als Wort:
phonetisches Geformtsein,
semantische Valenz,
Unteilbarkeit,
lexikalisch-grammatische Organisation,
Idiomatisierung.
Das Wort ist die kleinste im Satz (potentiell) selbständige (d.h. isolierbare) sprachliche Einheit aus Lautform und Bedeutung.
Flexionsformen ? Formen eines Wortes;
ein aktualisiertes Zeichen → eine Einheit der Rede, ein Textelement → ein TEXTWORT;
die analytischen Formen des Wortes werden als Worteinheit gewährleistet durch:
a) die gemeisame Stammbedeutung,
b) die Übereinstimmung des Endes der Wort- blöcke mit dem Ende der Wörter;
die variablen Wortformen gehören zu einem potentiellen Zeichen → einer Einheit der Sprache → Lexem, einem SYSTEMWORT.
Man unterscheidet die Sprache
einerseits als Regelwerk für ein bestimmtes Zeicheninventar, als SYSTEM,
andererseits als Realisierung dieses Systems im einzelnen Sprechakt, als REDE .
DAS WORT ist das kleinste, relativ selbständige bedeutungstragende Element der Sprache, dessen Formen durch die zu Grunde liegende gemeinsame lexikalische Bedeutung zu einem Paradigma vereint sind, das р in der Rede phonetisch, grafisch und semantisch isolierbar ist
Frage 4
Die Ausdrucksseite des Wortes
DER BEGRIFF DES FORMATIVS UND SEINER KONSTITUENTEN
FORMATIV ist das verallgemeinerte, invariante Abbild des Lautkörpers, das der Materialisation durch Laut- oder Schriftzeichen zu Grunde liegt und dem Bedeutungen zugeordnet werden.
Wortformative gliedern sich:
hinsichtlich ihrer phonemischen Struktur in SPRECHSILBEN _ ergeben sich durch Sprechpausen bei intensiver Artikulation als natürliche Sprecheinheiten, als Einheiten des Redestroms;
hinsichtlich der Bedeutung in MORPHEME _ die kleinsten bedeutungstragenden sprachlichen Einheiten, die durch Phoneme lautlich repräsentiert werden.
Morphem- und Silbengrenzen fallen nicht zusammen:
Silben Morpheme
lau-fen lauf-en
ge-stal-ten ge-stalt-en
Va-ter Vater
du lügst du lüg-st
DIE KLASSIFIKATION DER MORPHEME
nach der Funktion in der sprachlichen Tätigkeit und damit nach ihrer Bedeutung _ BASIS-/ GRUNDMORPHEME _ vermitteln die lexikalisch-begriffliche Bedeutung der Wortstämme;
nach der Stellung im Wort _ PRÄFIXE, SUFFIXE,FLEXIONEN;
nach dem Grad der Selbständigkeit _
FREIE Morpheme/ Basismorpheme treten als Wort auf: grün, Haus, Herz,
GEBUNDENE Morpheme → grammatische und Wortbildungsmorpheme;
nach der Reproduzierbarkeit _
♣ Morpheme als REKURRENTE Einheiten, _wiederholtes Vorkommen in Äußerungen,
♣ UNIKALE Morpheme _ gebundene Basis-morpheme, Restelemente, sprachliche Versteine- rungen: ver[lier]en, [Brom]beere.
Frage 5
Die Inhaltsseite des Wortes
Der Benennungsprozess und die Wortbedeutung
Eigenschaften und Beziehungen werden im Erkenntnisprozess aus den Dingen und Erscheinungen der Wirklichkeit abstrahiert.
Durch die Abstraktion werden sie zu MERKMALEN.
Die Merkmale kommen vielen Eigenscha-ten, Dingen, Beziehungen gleichzeitig zu.
MERKMALE sind Resultat des Erkenntnisprozesses, dessen zwei Seiten Abstraktion und Verallgemeinerung sind.
Die Eigenschaften und Beziehungen werden mit Hilfe der Wörter abgebildet.
Die wichtige Eigenschaft der Abbildung ist der verallgemeinernde und abstrahierende Charakter von Merkmalen.
Die Abbildung macht den Inhalt des Wortes aus.
Die Abbildung wird durch Formative vermittelt.
Die Verbindung von Inhalt und Ausdruck des Wortes beruht auf einer konventionell geregelten Vereinbarung zwischen den Sprachträgern.
Es geht um überlieferte Normen im Sprachgebrauch.
Man übernimmt diese Normen im Soziali-sationsprozess automatisch.
DIE LEXIKALISCHE BEDEUTUNG ist ein gesellschaftlich determiniertes, interindividuelles Abbild der Merkmalstruktur einer Erscheinung der objektiven Realität (M.Stepanowa, I.Tschernyschowa)
DER AUFBAU DER WORTBEDEUTUNG
Funktionen des Wortes _ drei Komponenten der lexikalischen Bedeutung:
♣ benennende Funktion _ denotative Komponente;
♣ verallgemeinernde, abstrahierende Funktion _ signifikative Komponente;
♣ pragmatische Funktion _ konnotative Komponente.
Konnotative Komponente
besteht aus wertenden semantischen Merkmalen der signifikativen Bedeutung des Wortes;
wird in der signifikativen Bedeutung als begrifflich wertende Seme fixiert;
markiert einzelne Lexeme stilistisch, regional, sozial usw.
Beschreibungsverfahren der Wortbedeutung
Die Bedeutungen werden aus Texten erschlossen.
Zur Erfassung sprachlich relevanter Merkmale werden
♣ Bedeutungsidentitäten und unterschiede aufgedeckt;
♣ Verbindbarkeit/ Kompatibilität fest- gestellt;
♣ die Bedeutungen paraphrasiert.
Onomasiologische Ermittlung
Identitäten und Unterschiede der Bedeutungen sind durch den Rückgriff auf das Benannte, auf Denotate zu erkennen.
Die onomasiologische Ermittlung schafft die Basis für die semantische Beschreibung.
Distributionsanalyse
die Feststellung der Umgebung, in der ein Wort stehen/ nicht stehen kann
Ermittlung von Bedeutungsidentitäten und/ oder -unterschieden,
Ermittlung von Kompatibilität von Lexemen: steht ein Farbadjektif bei Abstrakta, ist das Semem ’Färbung’ auszuschließen: grauer Alltag, schwarzer Humor, rote Regierung.
Substitutionstest
Ersetzung synonymer oder unterschiedlicher Einheiten in derselben Umgebung zur:
♣ Abgrenzung der Bedeutungen,
♣ Feststellung von Unterschieden/ Identitäten der Bedeutungen:
Er erledigt alle Aufgaben exakt, gewissenhaft, ordentlich, genau, sorgfältig.
Der Text ist exakt, gewissenhaft, ordentlich, genau, sorgfältig überprüft worden
Transformationstest
Veränderung des grammatischen Status bei Beibehaltung des Lexembestandes zum Auf-decken von internen semantischen Beziehungen:
Transformation Wort > Wortgruppe: Samtkleid > Kleid aus Samt → Produkt aus Stoff; Abendkleid > Kleid für den Abend → Zweck – Produkt.
Bei ungleichem Wortbestand werden gleiche interne Beziehungen ermittelt: Seidenhemd, Holztisch, Marmorsäule, Lorbeerkranz, Obstkuchen → Produkt + aus + Stoff
Analytische Konzepte der Bedeutungsbestimmung (Semanalyse/ Komponentenanalyse
Die Bedeutung des Wortes lässt sich durch die Erfassung seiner Merkmale beschreiben.
Man zerlegt Wortbedeutungen in Seme.
Seme werden durch die Gegenüberstellung/ Opposition eines Objektes den anderen gewonnen (s. oben Opposition Vater/ Mutter
Holistische Konzepte der Bedeutungsbeschreibung
Die Bedeutung wird aus der Wissensperspek-tive betrachtet.
Bedeutungswissen weist Zusammenhänge mit enzyklopädischem Sachwissen auf und ist darauf bezogen.
Bedeutungen werden als semantische Ganz-heiten beschrieben. ? Prototypen-, Frame-theorie, Stereotypensemantik
Semantische Mehrgliedrigkeit der Bedeutung
Die Wortbedeutung ist strukturiert, denn:
die Merkmalstruktur der Objekte wird verallgemeinert und abstrahiert wiedergegeben _
die Bedeutung besteht aus den kleinsten Bedeutungselementen _Semen/ semanti-schen Merkmalen/ semantischen Komponenten;
die Seme stellen eine Hierarchie dar.
Einige Seme setzen andere voraus:
kategorial-semantische Seme spezifieren das Lexem als Wortart: „Prozessualität, Prozess“ bei Verben, „Gegenständlichkeit“ bei Substantiven, „Merkmalhaftigkeit“ bei Adjektiven;
lexikalische/ individuelle Basisseme bilden den begrifflichen Kern des Lexems;
differenzierende/ konkretisierende und begrifflich wertende Seme weisen auf regionale, stilistische, soziale Unterschiede in Bedeutungen der Wörter.
Frage 7
MOTIVATION ALS BENENNUNGSPROZESS
Ein Gegenstand kann mit verschiedenen Lexemen benannt sein.
Dadurch werden eines oder mehrere Merkmale hervorgehoben:
Zimmerpflanze dasselbe Gewächs _
Zierpflanze unterschiedliche Eigenschaften
Grünpflanze
Benennungmotive ? die Benennungs- merkmale;
Motivbedeutung ? die Bedeutung der benennenden sprachlichen Einheiten;
Motivation/ Motiviertheit ? der Benennungsprozess nach Merkmalen des Benennungsobjektes.
Zur Benennung nutzt man sprachliche Bedeutungsträger.
Dadurch wird die neue Erscheinung geistig-begrifflich
dem vorhandenen Begriffssystem zugeordnet,
2) dem Sprachsystem inkorporiert
Die Benennung ist motiviert _ die Bedeutung des Wortes ist in der Bedeutung seiner Morpheme begründet.
Die Motiviertheit des Wortes geht aus der Bedeutung seiner Teile und der Semantik seines wortbildenden Modells hervor: /Ein/weg/ver/pack/ung/ _ strukturell und semantisch durchsichtig
die Benennung hat die innere Form(nachW.Humbold).
MOTIVATIONSTYPEN
Phonemisch-phonetische/ natürliche Motivation:
Ein neues Zeichen wird nach dem akustischen Abbild des Benannten gebildet: miauen, quak-quak, trippeln, Matsch.
Semantische/ figurative Motivation: Ein Wort wird mit neuer Benennungsfunktion durch metaphorische od. metonymische Übertragungen gebraucht. Formativisch wird das nicht fixiert:
Virus - Krankheitserreger und Computer-Störprogramm.
Morphematisch-semantische/ morphema-tische Motivation:
Der Hauptweg der Benennung ist die Wort-bildung _ die Bildung neuer Wörter mit vorhandenem sprachlichem Material nach Modellen.
Wörter und Morpheme sind Träger der MOTIVBEDEUTUNG: Rasen/mäh/er
PROZESSE DER DEMOTIVIERUNG
LEXIKALISIERUNG ? Das komplexe Lexem erhält eine einheitliche Bedeutung, der Syntagmacharakter einer Wortbildungs-konstruktion geht verloren,vgl. Schwarzbeere mit Brombeere.
IDIOMATISIERUNG/ DEMOTIVIERUNG ? Verlust der Motivbedeutung: Aus der Summe der Teilbedeutungen ist die Lexembedeutung nicht zu erschließen: Eberesche, Bräutigam, vergessen.
Der Zeichencharakter einer oder mehrerer Konstituenten schwindet: Adler → ādelare ahd. Zusammensetzung Mensch → menisco ahd. Substantivierung des suffixalen Adjektivs.
G
Einheiten ohne innere Form, mit dem toten Etymon _ das Benennungsmotiv/ das Merkmal der Motivation ist verblasst, vgl. Herz - herzlich, Herzkrankheit.
FEHLETYMOLOGIE
FEHLETYMOLOGIE (Pseudo-, Volks-etymologie) ist naive Verdeutlichung eines semantisch undurchsichtigen oder unbekannten Wortes durch Anlehnung an klangähnliche Wörter der Muttersprache ohne Beachtung sprachlicher Gesetzmäßigkeiten
Durch Fehletymologie werden erklärt:
♣ veraltetes Wortgut;
♣ landschaftlich gebundenes Wortgut;
♣ fremdes Wortgut.
Frage 6
Konzepte, Bedeutungen, Wörter
Konzepte basieren auf unseren Erfahrungen
Konzepte sind:
? abstrahierende und verallgemeinernde Abbildungen,
? Bausteine unseres Wissens,
? Einheiten, die Informationen über ganze Klassen repräsentieren.
Im Gedächtnis sind kategoriales und individuell-episodisches Wissen über die Welt gespeichert.
Kategoriales/ enzyklopädisches Wissen ? allgemeines Wissen über die Welt, Wissen über die Klassen von Gegenständen.
Kategoriale/ Type-Konzepte ermöglichen uns die Einordnung von Reizen aus der Umwelt.
Individuell-episodisches Wissen ? an unsere Erfahrungen gebunden, von den subjektiven Erlebnissen abhängig.
Die Partikular-/ Token-Konzepte repräsentieren Informationen über einzelne Gegenstände, Situationen, Personen.
Bedeutungen ≠ Konzepte.
Bedeutungen stellen konzeptuelle (begriff-liche) Einheiten dar. ? Es gibt keine Bedeu-tung ohne Begrifflichkeit.
Bedeutungen sind immer versprachlichte, mit Wortformen belegte Konzepte.
Die Existenz von Konzepten ist nicht an die Existenz von Wörtern geknüpft. ?
Jede Bedeutung ist damit ein Konzept, aber nicht jedes Konzept ist auch eine Bedeutung. (Monika Schwarz)
Frage 8
Ambiguität/ Uneindeutigkeit _ inhaltliche
Mehrheit eines sprachlichen Zeichens, das sich in mehreren unterschiedlichen Bedeutungen verwendet lässt.
Es geht um a) die Polysemie → Mehrdeutigkeit eines Wortes und
b) die Homonymie → Gleichnamigkeit zweier Wörter.
Begriff über Polysemie
Eine Wortbedetung gliedert sich in Bedeu- tungsvarianten = Einzel-, Kontext- bedeutungen ? Sememe:
Erzeuger
S 1 – leiblicher Vater eines Kindes (jur./Jugendsprache)
S 2 – Produzent: Fleisch-, Milcherzeuger
S 3 – Institution, Gerät, durch die etwas erzeug wird: Strom-, Gaserzeuger
Das Semem ist die einzelne, durch den jeweiligen Kontext spezifierte Bedeutung eines Lexems, die sich als Bündel von Semen beschreiben lässt.
Sememe existieren auf der Ebene des Sprachsystems als potentielle Bedeutung.
Die Sememe eines Wortes bilden seine semantische Struktur.
Neue Sememe entstehen durch metonymische Verschiebungen und metaphorische Übertragungen.
Mehrdeutigkeit/ Polysemie eines Wortes ist die Fähigkeit des Wortes mehrere miteinander zusammenhängende Bedeutungen zu haben.
Der interne Aufbau eines polysemen Wortes
Die Sememe sind in der semantischen Struktur des Wortes auf Grund der internen semantischen Beziehungen miteinander verbunden.
Die semantische Struktur des Wortes ist eine hierarchisch organisierte Konfiguration.
Ihr liegt die direkte, nominative Bedeutung ? Hauptbedeutung zu Grunde.
Hauptbedeutung _die gesellschaftlich wichtigste Bedeutung des Lexems im Bewusstsein der gegenwärtigen Sprachgemeinschaft.
Hauptbedeutung wird bei kontextfreier Wortnennung von den Hörern zuerst assoziert.
Nebenbedeutungen _ die von der Hauptbedeutung abgeleiteten und übertragenen Bedeutungen.
Interne semantische Beziehungen
1) kettenartige Polysemie → von einem Semem wird das andere abgeleitet. Bewegung:
1. das (Sich)bewegen durch Veränderung der Lage, Stellung, Haltung
2. inneres Bewegtsein, Rührung
3. politisch u./od. historisch bedeutendes (geistiges/ weltanschauliches) Bestreben einer großen Gruppe.
2) radiale Polysemie → Alle Nebenbedeutungen sind von der Hauptbedeutung abgeleitet.
kleiden: 1. sich, j-n mit Kleidung versehen: sie kleidet sich hübsch
2. Gedanken in einer besonderen Form ausdrücken: seine Gefühle in Worte kl.; das in gekleidete Gesetz
3. etw. passt zu j-m, steht ihm gut: die Farbe kleidet dich; dieses Benehmen kleidet dich nicht
3)kombinierte Polysemie verbindet kettenartige und radiale Polysemie
Frage 9
Homonymie und Klassifikation von Homonymen
Homonyme sind Wörter mit gleichem Formativ und völlig unterschiedlicher Bedeutung
Die Ursachen der Homonymie sind:
a) Bedeutungswandel:
b) Zerfall der Polysemie: ‘
c) Wortbildungsprozesse:
d) Lautentwicklung:
e) Einfluss fremden Wortguts:
Klassifikation von Homonymen
1)lexikalische Homonyme _ Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung, die in allen Formen zusammenfallen _ vollständige Homonyme:
e Weide (пастбище) – e Weide (ива), s Gericht (суд) – s Gericht (блюдо,кушанье) – s Gericht (силок, капкан)
2)lexikalisch-grammatische Homonyme _ Wörter, die lautlich nicht in allen Formen zusammenfallen. Sie können verschiedenen Wortarten angehören _ unvollständige, partielle Homonyme: hängen (i,a) vi. – hängen (te,t) vt., r Bauer – s, r Bauer (клетка), laut – Adjektiv, Adverb, Präposition;
3) grammatische Homonyme (Homoformen) _grammatische Formen ein und desselben Wortes, die gleich lauten, aber verschiedene grammatische Bedeutungen haben: er malt – ihr malt – Malt!, ich lese – er lese
Zwei besondere Gruppen der Homonymie:
Homografie _ Wörter mit etymologischer, semantischer und phonetischer Unterscheidung sind durch eine identische Schreibweise repräsentiert: r `Tenor (Sinn, grundsätzliche Einstellung) –r Te`nor (hohe Männerstimme);
Homofonie _ Wörter mit grafischer, etymologischer, semantischer Unterscheidung sind durch phonetisch identische Formen repräsentiert: r Leib – r Laib er isst Suppe – er ist Lehrer.
Abgrenzungskriterien der Polysemie und Homonymie
1) Das etymologische Kriterium:
Unter diachronem Aspekt sind Homonyme Wörter, die bei phonetischer Identität sich auf etymologisch verschiedene Wurzeln zurückführen lassen: kosten1 > vlat. costare ’einen Preis haben kosten2 > lat. gustare ’abschmecken, versuchen’.
Unter synchronem Aspekt können die Wörter trotz gemeinsamem Ursprung als getrennte, eigenständige Einheiten empfunden werden:
Schloss1 ’Gebäude’ – Schloss2 ’Verschluss’.
2) Das semantische Kriterium: Homonyme sind Wörter, die bei phone-tischer Identität keine gemeinsamen Bedeu-tungselemente aufweisen;
Homonyme gehören zu verschiedenen synonymischen Reihen: schön - a) wunderbar, hübsch, prächtig, angenhem; b) sehr, recht, äußerst
3) grammatische Kriterien:– Unterscheidung in Wortart und Syntax: Substantiv – Adverb: Morgen – morgen; Adjektiv – Substantiv/substantiviertes Adjektiv: gut – s Gute; Verb – substantivierter Infinitiv: essen – s Essen;
– Unterscheidung im Genus: r Erbe ’Erbender’ – s Erbe’Erbteil’
– Unterscheidung in der Pluralbildung: Gesicht – Gesichter ’Vorderteil des mensch-lichen Kopfes’, Gesichte ’Vision’.
Frage 10
Paradigmatische Beziehungen im Wortschatz PARADIGMATISCHE BEZIEHUNGEN sind Wortbeziehungen hinsichtlich ihrer lexikalischen Semantik, die sie als Einheiten des nominativen Sprachsystems besitzen.
PB beschäftigen sich mit Kontrasten und Zusammenhängen der Sememe verschiedener Wörter.
Auf Grund der Merkmale werden in der Sprache festgelegt: ♣ semantische Kategorien der Lexeme, ♣ semantische Subkategorien, ♣ lexisch-semantische Wortparadigmen: Wortfelder, synonymische Reihen, antonymische Gruppierungen.
Grundtypen der paradigmatischen Relationen
Bedeutungsüberordnung = Subordination, Hyperonymie, Bedeutungsunterordnung = Hyponymie,
Bedeutungsgleichheit = Identität, Bedeutungsähnlichkeit = Synonymie = Sinnverwandschaft,
Bedeutungsgegensatz = Polarität = Antonymie im weiten Sinne.
Hierarchische Beziehungen
Hyponymie und Hyperonymie gliedern den Nominal-wortschatz hierarchisch._ Zuordnung der meisten konkreten Nomina den bestimmten Hyperonymen/ Oberbegriffen auf Grundlage der Relation Allgemeines – Spezielles, Gesamtheit – Element.
Hyponyme → artgleiche Elemente, Exemplare einer Klasse ? Kohyponyme.
Hyponyme enthalten alle die Bedeutungen des Hyperonyms. → die Relationen des Einschlusses = der Implikation: jede Birke ist ein Baum, aber nicht jeder Baum ist eine Birke.
Die Hyponyme eines Hyperonyms schließen sich aus. ? die Relation der Unverträglichkeit/ Inkompatibilität ? die prinzipielle Nicht-Austauschbarkeit der Wörter in Äußerungen.
Die ’Teil-von’-Beziehung → Die Bedeutungen der Hyponyme sind Bezeichnungen je eines Teils der Bedeutung des Hyperonyms: Baum – Wurzel, Stamm, Ast, Zweig, Reis, Knospe, Blatt, Blüte, Same ..._
Eine paarige hierarchische Strukturierung: Baum/ Ast, Ast/ Zweig, Zweig/ Reis
Frage 11
Bedeutungsgleichheit und Bedeutungsähnlichkeit
LEXIKALISCHE SYNONYME sind ihrem Lautkörper nach verschiedene Wörter, die zu einer lexisch-grammatischen Wortkategorie gehören und in ihrer Bedeutung das Wesentliche einer Klasse von Gegenständen ausdrücken, indem sie sich voneinander durch Schattierungen ihres dinglich-logischen Inhalts oder durch expressiv-stilistische Momente unterscheiden.
Klassifikation von Synonymen
1) absolute/totale/vollständige Synonyme: sie sind identisch, ohne Bedeutungsunterschied → Bedeutungsidentität: gleich – obschon, Ornitologe – Vogelkundler.
2) unvollständige/relative/partielle Synonyme:
a) ideografische/ begriffliche/ bedeutungs-mäßige Synonyme _ Bedeutungsähnlichkeit → Wörter, die sich in begrifflich-semantischen Merkma-len unterscheiden: klug, weise, intelligent, schlau;
b) stilistische Synonyme _ besondere stilis-tische Färbung, Gebrauch in verschiedenen funktio-nalen Stilen: sich verheiraten, sich verehelichen, ein Weib heimführen, sich beweiben.
Ursachen der Synonymie
1) Bedürfnis nach dem Ausdruck von neuen Wertvorstellungen, Prestigestreben: Raumgestaltung – Raumdesign;
2) Bestreben nach euphemistischen Umschreibun-gen: sterben – einschlafen, heimgehen;
3) Neumotivierung: Laden – Einkaufszentrum, Geschäft;
4) Bedürfnis nach fachgerechter Ausdrucksweise → Übernahme von Fachwörtern in die Alltagsrede: Fruktose – Fruchtzucker;
5) Synonymisches Nebeneinander von Wörtern aus den Alt- und Neubundesländern: Feierabendheim, Altersheim, Altenheim, Seniorenwohnheim;
6) Bestreben nach dem Ausdruck der emotionalen Wertungen: Geschichtsmüll, Altlast für Menschen
Synonymische Gruppen/ Reihen.
Synonymische Gruppen/ Reihen sind historisch entstandene, aber jetzt synchrone Wortgruppierungen mit systemcharackter , wo sowohl ideografische, als auch stilistische Synonyme auftreten können: z.B sterben, entschlafen, abkratzen, krepieren.
Das Grundsynonym/ die ( paradigmatische) Dominante:
Gibt die Bedeutung der Gruppe wieder
Ist stilistisch neutral
Ist gebräuchlicher, als die übrigen Glieder Gruppe
Kann jedes Glied ersetzen
Ermöglicht die Bildung von Ableitungen und Zusammensetzungen: z.B er, absterben; Fisch, Massensterben; sterblich; sterbenskrank.
Frage 12
Beziehungen der Gegensätzlichkeit
Die Welt ist bipolar aufgebaut. →
Unser Denken und somit auch die Sprache sind in starkem Maße gegensätzlich strukturiert.
Die Gegensätzlichkeit/ Polarität stellt die binäre Opposition der Lexeme im Wort-schatz dar, die spezifische Form der Inkompatibilität aufweisen.
Wörter mit Gegenbedeutung = Gegenwörter = Gegensatzwörter = Antonyme im weiten Sinne sind immer gleicher Wortart.
Antonyme gibt es in allen Grundwortarten: ♣ bei Adjektiven: regenreich / regenarm, ♣ bei Substantiven: Tag / Nacht, ♣ bei Verben: leben / sterben, ♣ Adverbien: oben / unten, bergauf / bergab, ♣ Präpositionen: mit / ohne, ♣ Pronomen: nichts / alles, du / Sie, ♣ Zahlwörtern: viel / wenig.
Antonyme haben einen gemeinsamen semantischen Kern → Basis der Gegensätzlichkeit.
Antonyme lassen sich als Bedeutungen beschreiben, die in allen Merkmalen bis auf eines gleich sind.
Typologie von Gegenwörtern
Die Gegenwörter können typologisiert werden:
unter lexemstrukturellem Aspekt ? nach der morphologischen Struktur,
unter inhaltlich-begrifflichem Aspekt ? nach dem Typ des logischen Gegensatzes,
nach dem Umfang der gegensätzlichen Bedeutung.
Lexem-strukturelle Gliederung
Implitze/ verschiedenswurzlige Antonyme sind nicht durch Wörterbildungsmittel Antonyme: z.B hinter- vorn, Glück- Pech.
Explizite Antonyme entstehen durch unterschiedliche antonymische Wortbildungsmittel. Sie können gleich- und verschiedenswurzlich sein: z.B sich verloben – sich entloben, anstoßen- anziehen.
Inhaltlich-begriffliche Gliederung
Nach J. Lyons unterscheidet man drei Typen von Gegenwörtern:
Antonymie ( im engeren Sinne / kontrare ) bezieht sich auf graduirbare Gegenwörter → auf Adjektive und von ihnen abgeleitete Substantive.
Komplementarität/ Kontrdiktion
Zwischenstufen sind nicht möglich
Polare Lexeme schließen einander – strickt aus
Die Negation eines Wortes impliziert die Behauptung der anderen Wörter
Die Bedeutung zwischen solchen Lexemen lässt sich als Entweder- oder- Beziehungen überprüfen: z.B entweder belebt oder unbelebt
Konversheit/Konversität
Offenbart sich im binären Verhalten zu ein und derselben Handlung von Seiten des Subjekts und des Objekts der Handlung : z.B geben- nehmen, Arzt – Patient
Die gleiche Handlung wird unter gegensätzliche Schweisen ausgedrückt
Konverse Wörter fallen in ihrem Komponentenbestand zusammen
Sie unterscheiden sich durch ihre Distribution und Valenz