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Potsdam

In Potsdam trat aber dann das ein, was zuvor bereits immer wahrscheinlicher geworden war: man konnte sich nur noch dahingehend einigen, daß man nicht einig war. Daher wurde schließlich beschlossen, daß Reparationen aus den jeweils eigenen Zonen zu entnehmen seien. Zusätzlich sollte die Sowjetunion 25% der Demontagen aus den Westzonen erhalten, 40% davon ohne Gegenleistung, 60% gegen Lieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen. Während die Sowjetunion aus ihrer Zone auch die Ansprüche Polens bedienen sollte, wurden die kleineren westlichen Reparationsgläubiger an die USA und Großbritannien verwiesen. Die Demontagen von industriellem Anlagevermögen sollten in einem Zeitraum von zwei Jahren nach einem innerhalb von sechs Monaten zu erarbeitenden Industrieplan erfolgen.24

Die Initiative zur reparationspolitischen Teilung ging von den USA aus. Die Voraussetzungen für eine Kompromißlösung waren freilich auch denkbar schlecht, da jene Kräfte in den USA, die auf eine mittelfristige Kooperation mit der UdSSR setzten, zugleich die schärfsten Kritiker der sowjetischen Reparationspolitik waren und umgekehrt jene, die Entnahmen aus laufender Produktion tolerierten, ihrerseits mit dem rabiaten Vorgehen der Russen in den von ihnen besetzten Teilen Europas alles andere als einverstanden waren. Die Briten wollten den Russen ohnehin nicht entgegenkommen, so daß auch in Potsdam nurmehr Formelkompromisse, in Reparationsfragen aber eine faktische Teilung des Landes herauskam. Auch wenn sich in den folgenden Jahren nicht zuletzt der stellv. amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay immer wieder um Kompromisse mit der russischen Seite bemühte und an einer gemeinsamen Deutschlandpolitik des Kontrollrates festhielt, was sich u.a. im ersten Industrieniveauplan vom März 1946 widerspiegelte, waren doch die Risse seit Potsdam unübersehbar, zumal nach den Erfahrungen in Berlin und der SBZ klar war, daß die westlichen Mächte die Sowjetunion aus Westdeutschland auf jeden Fall heraushalten wollten.25 Die Russen selbst hatten überdies ein starkes Interesse, in ihrer Zone, ja in ihrem Machtbereich freie Hand zu haben, so daß die reparationspolitische Teilung schließlich akzeptiert wurde. In anderen Fragen einigte man sich zähneknirschend, wobei die Russen wiederum sich nicht durchsetzen konnten, die 30% des deutschen Auslandsvermögens sowie einen Anteil an westdeutschen Unternehmen verlangten. Schließlich bekamen sie aber immerhin 50% der Handelsflotte sowie das deutsche Vermögen in Ostmitteleuropa und Ostösterreich zugesprochen. Fisch resümiert: „Die Potsdamer Reparationsregelung stellte einen eindeutigen Sieg der Westmächte dar. Diese hatten sich in allen entscheidenden Punkten durchgesetzt, vor allem mit dem Prinzip, daß nirgends feste Summen genannt wurden und damit, daß die Sowjetunion rigoros von jeder Mitsprache in allen von ihre nicht unmittelbar kontrollierten Gebieten ausgeschlossen blieb. Die Folge war, daß auch die Westmächte keine entsprechenden Möglichkeiten in den von den Sowjets kontrollierten Gebieten hatten.“26

Das Ende der alliierten Reparationspolitik in Deutschland (1945-1947)

Noch aber war die Teilung nicht völlig vollzogen, noch gab es Ansätze reparationspolitischer Kooperationen. Die Arbeiten am Industrieniveauplan, die Wilfried Mausbach aus amerikanischer Perspektive jüngst detailliert dargestellt hat27, reflektierten diese noch nicht völlig entschiedene Übergangssituation. Im Rahmen der Verhandlungen zeichneten sich zunächst zwei klare Positionen ab. Die Russen wollten aus Demontage- und Sicherheitsinteressen ein möglichst niedriges Niveau durchsetzen, die Briten plädierten hingegen für ein höheres Leistungsniveau der deutschen Wirtschaft allein schon deshalb, da sie mögliche finanzielle Hilfen für ein niedergehaltenes Deutschland kaum zu tragen in der Lage gewesen wären. An der Stahlquote, bei der sich schließlich eine von den USA favorisierte mittlere, gleichwohl näher an der russischen Haltung orientierte Linie durchsetzte, zeigte sich die gesamte Problematik.28 Man einigte sich nach langem Hin und Her, Deutschland eine industrielle Kapazität in der Höhe von 1932 zu belassen und seinen zukünftigen Lebensstandard im europäischen Durchschnitt (gemessen ohne Rußland und Großbritannien) anzusiedeln. Alle diese Grenzen überschreitende Kapazität sollte demontiert und als Reparationsgut verfügbar gemacht werden. Umstritten blieb, ob diese Niveaus als Mindest- oder Höchststandard anzusehen seien. Die Russen plädierten dafür, die Festlegungen als Höchststandard anzusehen; alle auch später darüber hinausgehende Produktion sollte zu Reparationszwecken dienen. Die Westmächte votierten eher dafür, die Regelungen als Mindeststandard zu begreifen; alles über das Niveau von 1932 hinausgehende sollten die Deutschen zumindest späterhin behalten. Der schließlich am 28. März 1946 verabschiedete „Plan für Reparationen und das Niveau der deutschen Nachkriegswirtschaft gemäß dem Berliner Protokoll“ enthielt all diese Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten. Er war indes allein schon deshalb ökonomisch unsinnig, weil er von einem statischen Zustand der deutschen Wirtschaft ausging, in dem sich die Produktion jeder einzelnen Branche bis auf die Tonne festlegen ließ. Auch ignorierte er das offenkundige Problem, daß trotz hoher Kapazitäten nur eine geringfügige Produktion erzielt wurde.29 Der Plan war daher vor allem Ausdruck der politischen Situation, insbesondere der noch vorhandenen Bereitschaft der USA, die deutsche Wirtschaft gezielt zu schwächen.30

Mit den Regelungen des Frühjahres 1946, so widersprüchlich sie auch sein mochten, ging jedoch zumindest die Entwicklung einer systematischeren Entnahmepolitik nach den wilden Entnahmen und Plünderungen der ersten Besatzungsmonate einher.31 Aber bereits im Mai 1946 beendete die amerikanische Besatzungsmacht alle Reparationslieferungen an Frankreich und die Sowjetunion, da insbesondere Frankreich sich nicht bereit zeigte, an der in Potsdam anvisierten deutschen Wirtschaftseinheit konstruktiv mitzuwirken. Auf diese Weise konnte in der Tat der Eindruck entstehen, daß die USA zugunsten Frankreichs und der Sowjetunion demontierten, während sie zugleich der eigenen Zone unter die Arme greifen mußten.32

Gleichwohl bedeutete der Demontagestopp keineswegs, daß die amerikanische Seite und insbesondere OMGUS unter Lucius D. Clay ihre Kompromißbereitschaft gegenüber der UdSSR vollständig aufgegeben hätten. Insbesondere Clay war sogar bereit, den Sowjets Lieferungen aus laufender Produktion zuzugestehen, um sein Ziel, die angestrebte Wirtschaftseinheit Deutschlands unter einem handlungsfähigen Kontrollrat, noch zu erreichen33, konnte sich aber mit derart weitreichenden Vorstellungen in Washington nicht durchsetzen.34 In Großbritannien waren die Würfel zu diesem Zeitpunkt längst gegen eine Kooperation mit der Sowjetunion gefallen, die man für die potentiell größere Gefahr als das am Boden liegende Deutschland hielt.35 Die Reparationsfrage erwies sich erneut als taktische Manövriermasse der Weltpolitik, wobei die Westmächte nach Fisch deshalb größere Spielräume hatten, da sie weniger materiell interessiert waren: „Die unterschiedliche britische und amerikanische Haltung zeigte, daß es auf Seiten der Westmächte letztlich nicht die Reparationen als solche ging, da beide Staaten daran nicht interessiert waren, sondern daß der Streit um Reparationen aus laufender Produktion spätestens seit 1946 eine Funktion der Frage war, ob man eine scharfe Trennung der Einflußsphären, mit schließlicher Teilung Deutschlands, wollte oder nicht.“36 Auf der Moskauer Außenministerkonferenz Anfang 1947 war die Spaltung mit Händen zu greifen, man zeigte nur noch zum Schein Kompromißbereitschaft; im November/Dezember 1947, auf der Londoner Außenministerkonferenz, stand die reparationspolitische Konfrontation von Anfang an fest. Spätestens jetzt war auch das förmliche Ende jeder gemeinsamen Reparationspolitik in Deutschland eingetreten. Der interalliierte Schein entfiel und die Reparationspolitiken waren nunmehr auch nach außen hin sichtbar nur noch Sache der jeweiligen Besatzungsmächte in ihren Zonen. Im folgenden soll daher allein die Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen betrachtet werden.37

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