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IlFrnk / Немецкий / Ilya_Frank_Nemetskiy_yazyik_s_E_M_Remarkom_T

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Gesicht und verzichtete auf jeden Widerstand (отказался от какого-либо сопротивления; jemandem widerstehen – устоять против кого-либо, оказать

сопротивление; wider – против). Selbst mit Kanonen (даже пушками: die Kanone) hätte man diese Person nicht wankend gemacht in ihrem Entschluss (поколебать в ее

решимости: wanken – шататься, покачнуться; der Entschluss – решение; sich entschließen – решаться), den Tisch zu erobern (завладеть, завоевать).

10»Können Sie mir wenigstens noch einen Kognak bringen?« knurrte ich den Kellner an (проворчал я, обращаясь к официанту).

11»Sehr wohl (извольте), mein Herr. Wieder einen großen?«

»Ja.«

12»Bitte sehr.« Er verbeugte sich (поклонился). »Es ist doch ein Tisch für sechs Personen, mein Herr«, sagte er entschuldigend.

13»Schon recht (ладно уж). Bringen Sie nur den Kognak.«

14Die Athletin schien auch einem Abstinentenklub anzugehören (казалось,

принадлежала к обществу поборников трезвости). Sie starrte auf meinen Schnaps (уставилась; starr – застывший, неподвижный), als wäre er ein verfaulter Fisch (как будто это тухлая рыба; faulen – гнить; протухать). Um sie zu ärgern (чтобы позлить ее), bestellte ich noch einen und starrte zurück. Das ganze Unternehmen (все это предприятие = вся эта история) erschien mir plötzlich lächerlich. Was wollte ich hier? Und was wollte ich von dem Mädchen? Ich wusste nicht einmal, ob ich sie in all dem Durcheinander (во всей этой неразберихе: das Durcheinander; durcheinander –

«одно через другое», «все в перемешку») und Geschwätz (болтовне: das Geschwätz) überhaupt wiedererkennen würde. Ärgerlich schüttete ich meinen Kognak hinunter (проглотил; schütten – сыпать, насыпать; лить, наливать).

15»Salute!« sagte jemand hinter mir.

16Ich fuhr auf (вскочил: auffahren). Da stand sie und lachte. »Sie fangen ja recht zeitig an (довольно рано, заблаговременно начинаете)

17Ich stellte das Glas, das ich immer noch in der Hand hielt, auf den Tisch. Ich war plötzlich verwirrt (сбит с толку, растерян; wirr – хаотичный, беспорядочный,

путаный). Das Mädchen sah ganz anders aus, als ich es in Erinnerung hatte. Zwischen den vielen Kuchen essenden, wohlgenährten Weibern (среди этих

раскормленных: «хорошо упитанных» баб, жующих пирожные; ernähren – кормить, питать) wirkte es (она производила впечатление, казалась) wie eine schmale, junge Amazone, kühl, strahlend (сияющей), sicher und unangreifbar (уверенной и

недоступной, неприступной; jemanden angreifen – нападать на кого-либо,

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атаковать; greifen – хватать). – Das wird nie etwas mit uns (у нас с ней ничего не получится), dachte ich und sagte: »Wo sind Sie denn nur so geisterhaft hergekommen

(словно привидение)? Ich habe doch die ganze Zeit die Tür beobachtet (наблюдал)

18Sie zeigte nach rechts hinüber. »Dort drüben (вон там) ist noch ein Eingang. Aber ich habe mich verspätet (опоздала). Warten Sie schon lange?«

19»Gar nicht. Höchstens (самое большее, максимум) zwei, drei Minuten. Ich bin auch erst eben gekommen (только что как раз)

20Das Kaffeekränzchen an meinem Tisch wurde still. Ich spürte die abschätzenden Blicke (почувствовал оценивающие взгляды; schätzen – ценить; abschätzen –

оценивать, определять) von vier soliden Müttern im Nacken (на своем затылке: der Nacken).

21»Wollen wir hier bleiben?« fragte ich.

22Das Mädchen streifte mit einem raschen Blick den Tisch (быстро оглядела: streifen – провести /например, рукой/). Ihr Mund zuckte (дрогнул). Sie sah mich belustigt an. »Ich fürchte (боюсь, опасаюсь), Cafés sind überall gleich (везде одинаковые)

23Ich schüttelte den Kopf. »Wenn sie leer sind, sind sie besser. Dies hier ist ein Teufelslokal (чертово заведение; der Teufel – черт), in dem man Minderwertigkeitskomplexe bekommt (получаешь комплекс неполноценности; minder

– меньший, менее значительный, худший: mehr oder minder – более или менее; der Wert – стоимость; minderwertig – недоброкачественный, низкосортный,

неполноценный). Wir könnten am besten in eine Bar gehen.«

24»In eine Bar? Gibt es denn Bars, die am hellen Tage offen sind?«

25»Ich weiß eine«, sagte ich. »Sie ist allerdings sehr ruhig. Wenn Sie das mögen –«

26»Manchmal schon –«

27Ich blickte auf. Ich konnte im Augenblick nicht feststellen (определить, понять), wie sie das meinte (имела в виду). Ich hatte nichts gegen Ironie, wenn sie nicht gegen mich ging; aber ich hatte ein schlechtes Gewissen (угрызения совести: das Gewissen

– совесть).

28»Also gehen wir«, sagte sie.

29Ich winkte dem Kellner. »Drei große Kognaks«, brüllte der Unglücksvogel (громко

сказал этот несчастный, этот придурок; brüllen – рычать, реветь; орать) mit einer Stimme, als wollte er einem Gast im Grabe die Rechnung machen (словно хотел предъявить счет посетителю, уже находящемуся в гробу). »Drei Mark dreißig!«

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30Das Mädchen drehte sich um. »Drei Kognaks in drei Minuten? Ganz schönes Tempo!«

31»Es sind noch zwei von gestern dabei.«

32»So ein Lügner (какой лжец; lügen – лгать)«, zischte (прошипела) die Athletin am Tisch hinter mir. Sie hatte lange geschwiegen (молчала: schweigen).

33Ich wandte mich um (повернулся: sich umwenden) und verbeugte mich. »Ein gesegnetes Weihnachtsfest (счастливого Рождества; segnen – благословлять; das Weihnachten – Рождество + das Fest – праздник; die Weihe – освящение,

посвящение), meine Damen!« Dann ging ich rasch.

34»Haben Sie Streit gehabt (у вас была ссора; der Streit – спор, ссора)?« fragte mich das Mädchen draußen.

35»Nichts Besonderes. Ich habe nur eine ungünstige Wirkung (неблагоприятное

воздействие, впечатление) auf Hausfrauen in gesicherten Verhältnissen

обеспеченном положении: «обстоятельствах»; sichern – обеспечивать,

гарантировать; das Verhältnis – обстоятельство; sich verhalten – обстоять /о делах/)

36»Ich auch«, erwiderte sie.

37Ich sah sie an. Sie erschien mir wie aus einer andern Welt. Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, was sie war und wie sie lebte.

1Nachmittags ging ich unter einem Vorwand nach Hause. Ich war um fünf Uhr mit Patrice Hollmann verabredet, aber ich sagte in der Werkstatt nichts davon. Nicht, dass ich es verbergen wollte; aber es kam mir auf einmal ziemlich unwahrscheinlich vor.

2Sie hatte mir ein Café als Treffpunkt angegeben. Ich kannte es nicht; ich wusste nur, dass es ein kleines, elegantes Lokal war. Ahnungslos ging ich hin. Aber ich prallte erschrocken zurück, als ich eintrat. Der Raum war überfüllt mit schwätzenden Frauen. Ich war in eine typische Damenkonditorei geraten.

3Mit Mühe gelang es mir, einen Tisch, der gerade frei wurde, zu ergattern. Unbehaglich blickte ich umher. Außer mir waren nur noch zwei Männer da, und die gefielen mir nicht.

4»Kaffee, Tee, Schokolade?« fragte der Kellner und wedelte mit seiner Serviette eine Anzahl Kuchenkrümel von der Tischplatte auf meinen Anzug.

5»Einen großen Kognak«, erwiderte ich.

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6Er brachte ihn. Aber er brachte gleichzeitig ein Kaffeekränzchen mit, das Platz suchte, an der Spitze eine Athletin reiferen Alters mit einem Pleureusenhut. »Vier Plätze, bitte!« sagte er und zeigte auf meinen Tisch.

7»Halt«, antwortete ich, »der Tisch ist nicht frei. Ich erwarte jemand.«

8»Das geht nicht, mein Herr!« sagte der Kellner. »Um diese Zeit können keine Plätze reserviert werden.«

9Ich sah ihn an. Dann sah ich die Athletin an, die jetzt dicht am Tisch stand und eine Sessellehne umklammerte. Ich sah ihr Gesicht und verzichtete auf jeden Widerstand. Selbst mit Kanonen hätte man diese Person nicht wankend gemacht in ihrem Entschluss, den Tisch zu erobern.

10»Können Sie mir wenigstens noch einen Kognak bringen?« knurrte ich den Kellner an.

11»Sehr wohl, mein Herr. Wieder einen großen?«

»Ja.«

12»Bitte sehr.« Er verbeugte sich. »Es ist doch ein Tisch für sechs Personen, mein Herr«, sagte er entschuldigend.

13»Schon recht. Bringen Sie nur den Kognak.«

14Die Athletin schien auch einem Abstinentenklub anzugehören. Sie starrte auf meinen Schnaps, als wäre er ein verfaulter Fisch. Um sie zu ärgern, bestellte ich noch einen und starrte zurück. Das ganze Unternehmen erschien mir plötzlich lächerlich. Was wollte ich hier? Und was wollte ich von dem Mädchen? Ich wusste nicht einmal, ob ich sie in all dem Durcheinander und Geschwätz überhaupt wiedererkennen würde. Ärgerlich schüttete ich meinen Kognak hinunter.

15»Salute!« sagte jemand hinter mir.

16Ich fuhr auf. Da stand sie und lachte. »Sie fangen ja recht zeitig an!«

17Ich stellte das Glas, das ich immer noch in der Hand hielt, auf den Tisch. Ich war plötzlich verwirrt. Das Mädchen sah ganz anders aus, als ich es in Erinnerung hatte. Zwischen den vielen Kuchen essenden, wohlgenährten Weibern wirkte es wie eine schmale, junge Amazone, kühl, strahlend, sicher und unangreifbar. – Das wird nie etwas mit uns, dachte ich und sagte: »Wo sind Sie denn nur so geisterhaft hergekommen? Ich habe doch die ganze Zeit die Tür beobachtet.«

18Sie zeigte nach rechts hinüber. »Dort drüben ist noch ein Eingang. Aber ich habe mich verspätet. Warten Sie schon lange?«

19»Gar nicht. Höchstens zwei, drei Minuten. Ich bin auch erst eben gekommen.«

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20Das Kaffeekränzchen an meinem Tisch wurde still. Ich spürte die abschätzenden Blicke von vier soliden Müttern im Nacken.

21»Wollen wir hier bleiben?« fragte ich.

22Das Mädchen streifte mit einem raschen Blick den Tisch. Ihr Mund zuckte. Sie sah mich belustigt an. »Ich fürchte, Cafés sind überall gleich.«

23Ich schüttelte den Kopf. »Wenn sie leer sind, sind sie besser. Dies hier ist ein Teufelslokal, in dem man Minderwertigkeitskomplexe bekommt. Wir könnten am besten in eine Bar gehen.«

24»In eine Bar? Gibt es denn Bars, die am hellen Tage offen sind?«

25»Ich weiß eine«, sagte ich. »Sie ist allerdings sehr ruhig. Wenn Sie das mögen –«

26»Manchmal schon –«

27Ich blickte auf. Ich konnte im Augenblick nicht feststellen, wie sie das meinte. Ich hatte nichts gegen Ironie, wenn sie nicht gegen mich ging; aber ich hatte ein schlechtes Gewissen.

28»Also gehen wir«, sagte sie.

29Ich winkte dem Kellner. »Drei große Kognaks«, brüllte der Unglücksvogel mit einer Stimme, als wollte er einem Gast im Grabe die Rechnung machen. »Drei Mark dreißig!«

30Das Mädchen drehte sich um. »Drei Kognaks in drei Minuten? Ganz schönes Tempo!«

31»Es sind noch zwei von gestern dabei.«

32»So ein Lügner«, zischte die Athletin am Tisch hinter mir. Sie hatte lange geschwiegen.

33Ich wandte mich um und verbeugte mich. »Ein gesegnetes Weihnachtsfest, meine Damen!« Dann ging ich rasch.

34»Haben Sie Streit gehabt?« fragte mich das Mädchen draußen.

35»Nichts Besonderes. Ich habe nur eine ungünstige Wirkung auf Hausfrauen in gesicherten Verhältnissen.«

36»Ich auch«, erwiderte sie.

37Ich sah sie an. Sie erschien mir wie aus einer andern Welt. Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, was sie war und wie sie lebte.

1 Die Bar war sicherer Boden für mich (надежная почва). Fred, der Mixer (бармен), stand hinter der Theke (за стойкой) und polierte gerade die großen Schwenkgläser

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(коньячная рюмка /суживающаяся к верху/: das Schwenkglas; schwenken – махать,

размахивать; кружить, вертеть) für Kognak, als wir hereinkamen. Er begrüßte mich, als sähe er mich zum erstenmal und hätte mich nicht vor zwei Tagen noch nach Hause bringen müssen. Er hatte eine gute Schule und eine riesige Erfahrung hinter sich

(огромный опыт за плечами; der Riese – великан).

2Der Raum war leer bis auf einen Tisch (помещение было пусто, кроме, за исключением одного стола). Dort saß, wie fast immer, Valentin Hauser. Ich kannte ihn vom Kriege her; wir waren in derselben Kompanie gewesen (в одной: «в той же самой» роте). Er hatte mir einmal durchs Sperrfeuer сквозь заградительный огонь; sperren – загораживать, преграждать, блокировать) einen Brief nach vorne gebracht (на передовую: «вперед»), weil er dachte, er wäre von meiner Mutter. Er wusste, dass ich darauf wartete, denn meine Mutter war operiert worden. Aber er hatte sich geirrt (ошибся: sich irren – заблуждаться; irren – блуждать) – es war nur eine

Reklame für Kopfschützer aus Brenn-Nesselstoff gewesen (реклама подшлемников из

крапивной ткани; schützen – охранять; die Brenn-Nessel – крапива; der Stoff –

материал). Auf dem Rückwege (на обратном пути) hatte er einen Schuss (выстрел; schießen – стрелять) ins Bein bekommen.

3Valentin hatte einige Zeit nach dem Kriege eine Erbschaft gemacht (получил наследство; erben – наследовать). Die vertrank er seitdem (пропивал с тех пор: vertrinken). Er behauptete (утверждал, заявлял), das Glück feiern zu müssen (что

должен праздновать то счастье, ту удачу), lebend herausgekommen zu sein (что

вышел живым из этого). Es war ihm gleich, dass das schon eine Anzahl Jahre her war (что это уже было довольно давно: «уже некоторое число лет назад»). Er erklärte (заявлял), man könne es gar nicht genug feiern. Er war einer der Menschen, die ein unheimliches Gedächtnis (ужасно крепкую память; unheimlich – жуткий) für den

Krieg haben. Wir andern hatten vieles vergessen; er aber erinnerte sich an jeden Tag und jede Stunde.

4Ich sah, dass er schon viel getrunken hatte: Er saß ganz versunken (погружен в

себя; versinken – погружаться, тонуть) und abwesend (отсутствующий = ото всего отрешенный) in seiner Ecke. Ich hob die Hand. »Salü, Valentin!«

5Er blickte auf und nickte. »Salü, Robby!«

6Wir setzten uns in eine Ecke. Der Mixer kam. »Was möchten Sie trinken?« fragte ich das Mädchen.

7»Vielleicht einen Martini«, erwiderte sie. »Einen trockenen Martini.«

8»Darin ist Fred Spezialist.«

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9Fred erlaubte sich ein Lächeln (позволил себе улыбку). »Mir wie immer«, sagte ich. Die Bar war kühl und halbdunkel. Sie roch nach vergossenem Gin (пах пролитым

джином: riechen; vergießen; gießen – лить) und Kognak. Es war ein würziger Geruch (пряный, терпкий запах; die Würze – пряность, приправа), wie nach Wacholder

(словно можжевельником: der Wacholder) und Brot. Von der Decke (с потолка) hing das holzgeschnitzte Modell (вырезанная из дерева модель: das Holz – древесина; schnitzen – резать, вырезать по дереву) eines Segelschiffs (парусника: das Segel + das Schiff – корабль) herab (свисала: herabhängen). Die Wand hinter der Theke war mit Kupfer beschlagen (обита медью: das Kupfer). Das gedämpfte Licht eines

Leuchters (приглушенный свет светильника, лампы) warf rote Reflexe hinein, als spiegele sich dort ein unterirdisches Feuer (словно там отражался подземный огонь). Von den kleinen, schmiedeeisernen Wandarmen (из кованых бра: schmieden –

ковать + eisern – железный; das Eisen – железо) brannten nur zwei – einer bei

Valentin und einer bei uns. Sie hatten gelbe Pergamentschirme, die aus alten

Landkarten gemacht waren, und sahen aus wie schmale, erleuchtete Ausschnitte der Welt (как узкие, подсвеченные кусочки, фрагменты мира; ausschneiden – вырезать; der Ausschnitt – вырезка /газетная/; отрывок /текста/).

10Ich war etwas verlegen (несколько смущен) und wusste nicht recht, wie ich ein Gespräch anfangen sollte. Ich kannte das Mädchen ja überhaupt nicht, und je länger ich es ansah (чем дольше я на нее смотрел), um so fremder erschien es mir (тем более

чужой, чуждой, необычной она мне казалась, передо мной представала: jemandem erscheinen – представляться кому либо; erscheinen – появляться,

показываться). Es war lange her (прошло уже много времени с тех пор), dass ich mit jemand so zusammen gewesen war; ich hatte keine Übung mehr darin (не было больше навыка в этом = отвык, потерял навык; üben – упражнять). Ich hatte mehr

Übung im Umgang mit Männern (в общении с мужчинами; mit jemandem umgehen–

обращаться, обходиться с кем-либо; общаться; der Umgang – общение,

знакомство). Vorhin (до этого), im Café, war es mir zu laut gewesen – jetzt, hier, war es plötzlich zu ruhig. Jedes Wort bekam durch die Stille des Raumes so viel Gewicht (так много веса: das Gewicht; wiegen – весить), dass es schwer war, unbefangen (непринужденно) zu reden. Fast wünschte ich mich schon wieder ins Café zurück.

11Fred brachte die Gläser. Wir tranken. Der Rum war stark und frisch. Er schmeckte nach Sonne. Er war etwas, woran man sich halten konnte (за что можно было ухватиться: «держаться»). Ich trank und gab das Glas Fred gleich wieder mit.

12»Gefällt es Ihnen hier?« fragte ich.

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13Das Mädchen nickte.

14»Besser als in der Konditorei drüben?«

15»Ich hasse Konditoreien (ненавижу)«, sagte sie.

16»Weshalb haben wir uns dann gerade da getroffen?« fragte ich verblüfft.

17»Ich weiß nicht.« Sie nahm ihre Kappe ab (сняла шапочку). »Mir fiel nichts anderes ein (не пришло в голову ничего другого; einfallen – приходить в голову /об идее/)

18»Um so besser, dass es Ihnen dann hier gefällt. Wir sind oft hier. Abends ist diese Bude für uns schon fast so eine Art Zuhause (что-то вроде /родного/ дома)

19Sie lachte. »Ist das nicht eigentlich traurig?«

20»Nein«, sagte ich, »zeitgemäß (в духе времени, соответствует /нашему/ времени, современно)

21Fred brachte mir das zweite Glas. Er legte eine grüne Havanna dazu auf den Tisch.

»Von Herrn Hauser.«

22Valentin winkte aus seiner Ecke herüber und hob sein Glas.

23»31. Juli 17, Robby«, sagte er mit schwerer Stimme.

24Ich nickte ihm zu und hob ebenfalls mein Glas.

25Er musste immer jemand zutrinken (с кем-нибудь выпить, выпить, обращаясь к кому-либо); ich hatte ihn abends schon getroffen, wie er dem Mond oder einem Fliederbusch (обращаясь к кусту сирени: der Flieder – сирень + der Busch – куст) in einer Bauernkneipe (в сельском трактире; der Bauer – крестьянин) zutrank. Dann erinnerte er sich an irgendeinen Tag aus den Schützengräben (из окопной жизни: der Schutzgraben – окоп: der Schutz – защита + der Graben – ров, окоп, канава; graben

– копать), wo es besonders schwer zugegangen war (когда особенно тяжело приходилось; сравни: es ging lustig zu – было весело), und war dankbar dafür, dass er noch da war und so sitzen konnte.

26»Er ist mein Freund«, sagte ich zu dem Mädchen. »Ein Kamerad aus dem Kriege. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der aus einem großen Unglück ein kleines

Glück gemacht hat. Er weiß nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen soll (что ему начать = что ему делать с со своей жизнью) – deshalb freut er sich einfach, dass er noch lebt.«

27Sie sah mich nachdenklich an (задумчиво; nachdenken über etwas – раздумывать, думать о чем-либо). Ein Streifen Licht fiel schräg über ihre Stirn (полоска света упала наискось через ее лоб: der Streifen; streifen – проводить

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/например, рукой/, касаться, задевать) und ihren Mund. »Das kann ich gut verstehen«, sagte sie.

28Ich blickte auf. »Das sollten Sie aber nicht. Dafür sind Sie viel zu jung.«

29Sie lächelte. Es war ein leichtes, schwebendes Lächeln (легкая, «парящая» =

мимолетная улыбка: schweben – парить, плыть в воздухе), das nur in den Augen war. Das Gesicht veränderte sich kaum dabei( лицо при этом не изменилось); es wurde nur heller, von innen heraus heller (изнутри светлее). »Zu jung«, sagte sie,

»das ist so ein Wort. Ich finde, zu jung ist man nie. Nur immer zu alt.«

30Ich schwieg einen Augenblick. »Dagegen ließe sich eine Menge sagen (против

этого можно было бы много чего возразить: die Menge – количество, масса)«, erwiderte ich dann und machte Fred ein Zeichen (знак), mir noch etwas zu trinken zu bringen. Das Mädchen war so sicher und selbstverständlich (держалась столь

уверенно и естественно: selbstverständlich – само собой разумеется); ich fühlte mich wie ein Holzblock dagegen (как чурбан: das Holz – древесина + der Block –

чурбан, колода). Ich hätte gern ein leichtes, spielerisches Gespräch geführt, so ein richtiges Gespräch, wie es einem gewöhnlich hinterher einfällt, wenn man wieder allein ist. Lenz konnte das; bei mir aber wurde es immer gleich ungeschickt (сразу неловко, неуклюже) und schwer. Gottfried behauptete nicht mit Unrecht («не несправедливо» = вполне справедливо: das Unrecht – несправедливость) von mir, als Unterhalter (как собеседник, как развлекающий; unterhalten – поддерживать /например, разговор/; sich unterhalten – беседовать; развлекаться) stände ich ungefähr auf der Stufe eines Postsekretärs (примерно на ступени, на уровне почтового чиновника).

31Zum Glück war Fred vernünftig (разумен = сообразителен; die Vernunft – разум). Er brachte mir statt der kleinen Fingerhüte (вместо наперстков: der Finger – палец + der Hut – шляпа) jetzt gleich ein anständiges Weinglas (приличную рюмку; der

Anstand – приличие) voll heran. So brauchte er nicht immer hin und her zu laufen, und es fiel auch nicht so auf, wie viel ich trank. Ich musste trinken; anders konnte ich diese stockige Schwere nicht loswerden (избавиться от этой деревянной, связывающей

меня тяжести; stocken – приостанавливаться /о работе, переговорах/; запинаться /о речи/; der Stock – палка).

32»Wollen Sie nicht noch einen Martini nehmen?« fragte ich das Mädchen.

33»Was trinken Sie denn da?«

34»Das hier ist Rum.«

35Sie betrachtete mein Glas (осмотрела; betrachten – осматривать, созерцать).

»Das haben Sie neulich (недавно, давеча) auch schon getrunken.«

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36»Ja«, sagte ich, »das trinke ich meistens (в основном, обычно: «по большей части»)

37Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das schmeckt.«

38»Ob es schmeckt, weiß ich schon gar nicht mehr.«

39Sie sah mich an. »Weshalb trinken Sie es denn?«

40»Rum«, sagte ich, froh, etwas gefunden zu haben, über das ich reden konnte. »Rum hat mit Schmecken nicht viel zu tun (вкус тут, в общем-то, не при чем: mit etwas zu tun haben – быть связанным с чем-либо, иметь отношение к чему-либо). Er ist nicht so einfach ein Getränk (напиток: das Getränk) – er ist schon mehr ein

Freund. Ein Freund, der alles leichter macht. Er verändert die Welt. Und deshalb trinkt man ja« – Ich schob das Glas beiseite (отодвинул в сторону; schieben – двигать, толкать). »Aber soll ich Ihnen nicht noch einen Martini bestellen?«

41»Lieber einen Rum«, sagte sie. »Ich möchte ihn auch mal versuchen

(попробовать)

42»Gut«, erwiderte ich, »aber nicht diesen. Der ist für den Anfang zu schwer. Bring einen Baccardi-Cocktail«, rief ich zu Fred hinüber.

43Fred brachte die Gläser. Er setzte auch eine Schale mit Salzmandeln und schwarzgebrannten Kaffeebohnen dazu (блюдо с соленым миндалем и жаренными кофейными зернами; die Bohne – боб; фасоль; die Bohnen – кофейные зерна). »Lass meine Flasche nur gleich hier stehen«, sagte ich.

1Die Bar war sicherer Boden für mich. Fred, der Mixer, stand hinter der Theke und polierte gerade die großen Schwenkgläser für Kognak, als wir hereinkamen. Er begrüßte mich, als sähe er mich zum erstenmal und hätte mich nicht vor zwei Tagen noch nach Hause bringen müssen. Er hatte eine gute Schule und eine riesige Erfahrung hinter sich.

2Der Raum war leer bis auf einen Tisch. Dort saß, wie fast immer, Valentin Hauser. Ich kannte ihn vom Kriege her; wir waren in derselben Kompanie gewesen. Er hatte mir einmal durchs Sperrfeuer einen Brief nach vorne gebracht, weil er dachte, er wäre von meiner Mutter. Er wusste, dass ich darauf wartete, denn meine Mutter war operiert worden. Aber er hatte sich geirrt – es war nur eine Reklame für Kopfschützer aus Brenn-Nesselstoff gewesen. Auf dem Rückwege hatte er einen Schuss ins Bein bekommen.

3Valentin hatte einige Zeit nach dem Kriege eine Erbschaft gemacht. Die vertrank er seitdem. Er behauptete, das Glück feiern zu müssen, lebend

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