- •Gegenstand und Aufgaben der Stilistik
- •Das Problem der Stildefinition
- •Sprache, Rede, Stil
- •Stilistische Synonymie
- •Stilelemente und Stilzüge
- •Stiltypen
- •Stilnormen
- •Verhältnis von Analyse und Synthese
- •Methodik der Stiluntersuchung
- •Was versteht man unter dem Erfassen der Stilelemente?
- •Was versteht man unter dem Erfassen der Stilzüge?
- •Thematische Gruppen, synonymische Reihen
- •Langsam gehen
- •Schnell gehen
- •Unbemerkt gehen
- •Kontextuale Synonyme
- •Der Wortbestand nach seiner funktionalen Verwendung
- •Der funktional-stilistisch differenzierte Wortbestand
- •Archaismen und Historismen
- •Neologismen
- •Dialektismen, Vulgarismen, Jargonismen
- •Soziale Gliederung: Argotismen
- •Berufliche Gliederung: Fachausdrücke
- •Fremdsprachige Wörter
- •Der Wortbestand nach seiner semantisch-expressiven Stilfärbung
- •Phraseologische Fügungen
- •Ausdruckswerte der expressiven Phraseologie
- •Mittel des bildliche Ausdrucks
- •Ausdruckswerte der Vergleiche und Tropen in verschiedenen Stilen
- •Mittel der Umschreibung und Merkmalshervorhebung Periphrasen
- •Periphrasen auf Grund
- •Verschiedener Arten von „Anderssagen“
- •Die Litotes
- •Die Hyperbel
- •Epitheta
- •Mittel zum Ausdruck von Humor und Satire. Wortwitze (Doppelsinn und Wortspiel)
- •Unlogische Verbindungen
- •Stilistische Paradoxe
- •Stilfragen im Zusammenhang mit dem grammatischen Bau der Sprache
- •Stilistische Leistungen der Satztypen
- •Die Wortfolge als syntaktisch-stilistisches Mittel
- •Der prädikative Rahmen
- •Sprengung des geschlossenen Satzbaus
- •Plötzlicher Abbruch mitten im Satz (Aposiopese)
- •Kürze des Ausdrucks
- •Verbindungsmöglichkeiten zwischen Wörtern, Wortgruppen, Sätzen und Absätzen Neben- und Unterordnung (Parataxe und Hypotaxe)
- •Asyndetische und polysyndetische Verbindung
- •Die funktionalen Stile der deutschen Sprache
- •Der Stil des öffentlichen Verkehrs
- •Der Stil der Wissenschaft
- •Der Stil der Publizistik und Presse
- •Der Stil des Alltagsverkehrs
Die funktionalen Stile der deutschen Sprache
Es handelt sich:
-
um die Stilzüge, die der funktionalen Spezifik jedes einzelnen Stils entsprechen;
-
um die sprachlichen Mittel, die diese Stilzüge realisieren.
Der Stil des öffentlichen Verkehrs
Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und anderseits zwischen öffentlichen Organisationen und Publikum. Es handelt sich um die sprachliche Fassung sämtlicher Amtsdokumente, Gesetze, um die Gestaltung der Diplomaten-, Gerichts- und Handelskorrespondenz.
Der Stil des öffentlichen Verkehrs ist durch folgende Stilzüge gekennzeichnet: Unpersönlichkeit und Sachlichkeit, gedrängte Kürze, streng literarische Form.
In diesem Stil wird bestimmte funktional gefärbte Lexik gebraucht. Zum Abschluß eines Dokuments wird die Zahl der Anlagen genannt (z.B., Geburtszeugnis, Reifezeugnis u.a.)
Jedes Protokoll muss bei bestimmter Architektonik einen spezifischen Wortschatz bringen:
Protokoll über …- am … - um … - anwesend …
Leitung – Tagesordnung – Beginn – Vorhandlungsablauf – Beschluß – Unterschrift des Schriftführers.
Zu den funktionalen Besonderheiten des Stils des öffentlichen Verkehrs gehört auch der intensive Gebrauch von analytischen Verbalverbindungen:
Ich werde die Feststellung des Resultates vornehmen lassen (anstatt: Ich werde das Ergebnis feststellen lassen).
Sie tragen dazu bei, ideographische und stilistische Schattierungen auszudrücken. Sie klingen ghoben:
Bedeutung haben – bedeuten; Verwendung haben – verwenden.
Die Präpositionen helfen zum sprachökonomischen Ausdruck komplizierter logischer Beziehungen:
z.B., „mangels“ konzentriert in einem Wort die Fügung „aus Mangel an“;
Mangels überzeugender Beweise wurde der Angeklagte freigesprochen.
Eine besonders wichtige Rolle spielen sog. Klischees. Sie stehen im Zuge der Entpersönlichung, insbesondere im Bereich der Amts- und Handelskorrespondenz:
werter Herr; mit besten Grüßen Ihr…
Die Stielnormen des gegenwärtigen deutschen Amtsstils verlangen Ausschaltung jeglicher Emotionalität – daher völliger Ausschluß expressiver Lexik und Phraseologie. Auch die syntaktischen Konstruktionen muss man so wählen, damit sie unpersönlich und offiziell klingeln. Daher intensive Verwendung von unpersönlichen Verben, von Passivkonstruktionen, von Infinitiven, Ellipsen:
Rauchen verboten. Zum Ausgang. Für Raucher.
Der Stil der Wissenschaft
Dieser Stil ist durch folgende Stilzüge gekennzeichnet: Sachlichkeit, Logik, Klarheit und Faßbarkeit. Diese Stilzüge treten sowohl in akademischen als auch in populärwissenschaftlichen und in polemischen Schriften auf. Gewiß eignet den populärwissenschaftlichen Arbeiten ein Grad von Emotionalität, der einem akademisch-wissenschaftlichen Werk fremd ist. Gewiß unterscheiden sich auch die einzelnen Zweige der Wissenschaft durch manche Verschiedenheit in der sprachlichen Realisierung der Stilzüge (z.B., linguistische und mathematische Abhandlungen).
Für alle Typen wissenschaftlicher Prosa ist die Verwendung außersprachlicher Hilfsmittel typisch: statistische Tabellen, Strichbilder, Diagramme, Skizzen u.s.w.
Charakterisieren wir den Wortschatz im Dienst der Sachlichkeit und Klarheit. Die lexische Grundlage bildet die neutrale literarische Lexik in Verbindung mit funktional-stilistischer Lexik, d.h. mit Terminologie, mit Realienbeziehungen und mit nichtterminalogischen Klischees. Sie helfen den Sachverhalt eindeutig und sprachökonomisch auszudrücken.
Zur funktional-stilistischer Lexik gehört auch eine bestimmte Zahl verbaler analytischen Fügungen, die als ideographische Synonyme zu den entsprechenden einfachen Verben neue inhaltliche Schattierungen bringen. Im wissenschaftlichen Stil sind auch abstrakte Substantive stark vertreten.
Emotional gefärbte Wörter, satirische Neubildungen sind sehr selten. Dialektismen, Vulgarismen widersprechen den Normen des wissenschaftlichen Stils. Zum größten Teil werden gemeinsprachliche Tropen und Vergleiche verwendet. Aber sie sind kein Schmuck, sie sind ein Mittel der Erkenntnis:
Die sibirische Taiga, eine gewaltige Vorratskammer der Natur.
Der Gebrauch der Mittel der Bildlichkeit hängt einerseits vom Individualstil des Verfassers ab, anderseits von der funktionalen Spezifik des konkreten Fachgebiets.
Betrachten wir weiter die Syntax. Selbstverständlich herrscht der Aussagesatz vor – und damit die ruhige Aussageintonation. Ein und derselbe Wissenschaftler kann zu ganz verschiedener Schreibweise neigen. Er kann streng akademische Haltung wählen und er kann die gesamte Darstellung auflockern. Alles hängt von der Zweckbestimmung seiner Arbeit ab.
Die Besonderheiten auf der syntaktischen Ebene: - sparsame Verwendung von Ausrufesätzen;
-
Fragesätze sind ein charakterisches Merkmal der Syntax in wissenschaftlichen Stil;
-
Rhetorische Fragen, Frage und Antwort (Was ist hier das Wort? Ein Substantiv? Gewiß nicht.) dienen zur expressiven Dynamisierung und als Mittel der Polemik.
-
die wissenschaftliche Prosa gebraucht Parallelismus und Antithese, Aufzählung und Wiederholung, also die gleichen Mittel, die in anderen Stilen als lexikalische und grammatische Mittel der Emotionalität gelten, im Dienst der Sachlichkeit und Logik.
Im wissenschaftlichen Stil hat sich auch die Tradition herausgebildet, zur Wahrung der Objektivität die Ich-Form zu meiden:
Der Verfasser dieses Artikels ist der Meinung…
Wie es scheint…
Man gebraucht auch wir anstatt ich. Die architektonische Funktion von Frage und Antwort zieht spezielle „Gliederungswörter“ nach sich: erstens, zweitens, einmal, zum anderen. Architektonische Funktion üben auch die sog. „Vorreiter“ aus:
Was diese Frage betrifft…
Es muss besonders betont werden…
Sie zeigen die Übergänge zu neuen Gedanken. Jeder wissenschaftlichen Arbeit eignet streng geschlossene Architektonik. Dazu helfen sprachliche Klischees, die sog. „Mittel der Verzahnung“:
Wie schon gesagt wurde…
Fassen wir nun zusammen…