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Text V Tokio schlägt Atomalarm

Japan bekommt die Krise nicht in den Griff: Hamsterkäufe, Stromausfall und Verkehrschaos nach neuen Katastrophenmeldungen vom AKW Fukushima

Die Informationspolitik der japanischen Regierung hat sich nicht verbessert, obwohl am laufenden Band Pressekonferenzen abgehalten werden. Nur so viel ist sicher: Die Atomkatastrophe hat eine neue Dimension erreicht, radioaktives Material unbekannter Menge gelangt in die Umwelt.

Meiler 4 der vom Erdbeben und der nachfolgenden Flutwelle beschädigten Atomanlage Fukushima I stand am Dienstag zeitweise in Flammen. Dabei war er seit November außer Betrieb. Berichten zufolge weist die Reaktorhülle zwei große Löcher auf. In Meiler 2 kam es zu einer weiteren schweren Wasserstoffexplosion, die den Druckbehälter beschädigt haben soll.

Die AKW – Betreibergesellschaft Tepco sprach gestern erstmals von einer „sehr schlimmen“ Lage und evakuierte zeitweise 750 Mitarbeiter vom Atomkomplex. Eine Notmannschaft versucht, die Reaktoren behelfsmäßig mit Meerwasser zu kühlen.

Bis Freitag galten die Atomkraftwerke in Fukushima als sicher – jetzt sind sie außer Kontrolle

In der Hauptstadtregion wurden inzwischen erhöhte Strahlenwerte gemessen. Ständig werden neue Zahlen durchgegeben, die demonstrieren sollen, daß die radioaktive Belastung sinkt. Verbraucherschutzministerin Renho warnte vor Hamsterkäufen. Das mache es nur schwerer, ausreichend Nahrung und Wasser für die Überlebenden der Naturkatastrophe bereitzustellen. In der Hauptstadt Tokio decken sich die Menschen mit Wasser und Lebensmitteln ein, die Regale der großen Supermärkte und kleinen Einkaufsläden leeren sich. Die Regierung warnte gestern vor Problemen bei der Wasserversorgung der 35-Millionen-Stadt. Ab dem heutigen Mittwoch sollen die Stromabschaltungen auf den Norden Japans ausgeweitet werden. Geschäfte im Westen des Landes haben ihre Kundschaft unterdessen aufgefordert, sich beim Kauf von Mineralwasser zurückzuhalten. Auch dort zweifelt die Bevölkerung offenbar daran, dass ihr die Regierung die ganze Wahrheit sagt. Renho kündigte unterdessen an, die Preisentwicklung genau im Auge zu behalten.

Industrieminister Banri Kaieda ordnete an, Öl aus der strategischen Reserve des Landes auf den Markt zu werfen, um keine Knappheit entstehen zu lassen. Dabei geht es zunächst um eine Menge, die dem gesamten Inlandsverbrauch von drei Tagen entspricht. In Japan wird meistens mit Kerosinöfen geheizt. Die Regierung hatte zuletzt 2005 nach dem Hurrikan „Katrina“ zu dieser Notfallmaßnahme gegriffen.

Derweil wird die Schutzzone um das AKW Fukushima ausgeweitet. Im Umkreis von 20 Kilometern wurden angeblich bereits alle 200000 Menschen evakuiert. Die Bevölkerung im Umkreis von 30 Kilometern – etwa weitere 140000 Menschen – wurde aufgefordert, ihre Häuser, Arbeitsplätze oder Schulen nicht zu verlassen und Türen und Fenster dicht zu schließen. Man könne sich draußen mit nassen Hand- oder Taschentüchern gegen das Inhalieren von radioaktiven Partikeln schützen, hieß es im Fernsehen. Wasser aus dem Hahn solle nicht getrunken, selbst angebautes Gemüse oder Obst nicht verzehrt werden. Wann die geschlossenen Räume wieder verlassen werden können, wurde nicht gesagt. Der Luftraum über der Atomanlage wurde inzwischen gesperrt – das hält nicht zuletzt die Hubschrauber der Fernsehkanäle fern.

Noch herrscht Westwind, was die radioaktive Wolke aufs Meer treiben würde. Für den heutigen Mittwoch wird allerdings mit Regen gerechnet. Das bedeutet radioaktiven Fallout. Frankreich stuft die Fukushima-Katastrophe mittlerweile als Ereignis der Stufe 6 auf der sieben Stufen umfassenden Skala der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA ein. Damit wird die Havarie aus Pariser Sicht nur noch von der Kernschmelze in Tschernobyl 1986 übertroffen. Japan beharrt dagegen darauf, dass es sich lediglich um einen Vorfall der Stufe 4 handelt.

Im Nordwesten wird es derweil kälter und kälter. Die Behörden warnen, dass Nachbeben weitere Flutwellen hervorrufen könnten. Dass auch 96 Stunden nach dem Beben noch Opfer lebend geborgen worden sind, ist eine der wenigen guten Nachrichten. In den Notunterkünften fehlt es weiterhin an allem. Dort steigt der Unmut. Tokio müsse Auffanglager außerhalb der betroffenen Gebiete einrichten, fordern Lokalpolitiker.

von Josef Oberländer

aus „Junge Welt“ vom 16. März 2011, Nr. 63

Texterläuterungen:

die Krise nicht in den Griff bekommen не справляться с кризисом

Hamsterkäufe, die покупка товаров впрок

eine neue Dimension erreichen достигать нового уровня

Meiler, der реактор

außer Betrieb sein не работать, быть

неисправным

Hurrikan, der ураган

sich gegen das Inhalieren von radioaktiven

Partikeln schützen защищаться от вдыхания

радиоактивных частиц

23. Stellen Sie 10-12 Fragen zum Inhalt des V. Textes und lassen Sie Ihre Studienfreunde auf die Fragen antworten