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  1. Anna Seghers´ Lebensgeschichte

„Anna Seghers wurde am 19. November 1900 in Mainz geboren. Ihr Geburtsname ist Netty Reiling.“1 Ein Einzelkind des Vaters Isidor Reiling, der ein bekannter Kunsthändler und Verwalter der Kunstsammlungen des Mainzer Domes war, und der Mutter Hedwig (geboren Fuld). Netty bekam eine humanistische Erziehung, schon in ihren Kinderjahren kam sie in Berührung mit Kunst und Literatur, vor allem dank ihrem Vater. Sie hatte die klassischen deutschen Dichter als Vorbild, wie zum Beispiel J.W. Goethe, F. Schiller oder H. Heine, aber sie kannte auch die Literatur anderer Nationen. Diese Kenntnisse führten sie zur Begeisterung für die deutsche Sprache.

Sie konnte sich auch frei entscheiden, wofür sie sich interessieren werde und alle diese Umstände wurden für ihr weiteres Leben bestimmend.

In ihren Studienjahren beschäftigte sie sich mit den französischen und russischen Realisten wie Gogol oder Balzac, aber vor allem die Werke von Tolstoi beeinflussten ihre dichterische Entwicklung. Letztendlich wurde Netty aber eher durch die gesellschaftliche und politische Realität als durch Literatur geprägt. Das erste Ereignis, von dem sie stark getroffen wurde, war der erste Weltkrieg, den sie durchlebte und den sie hassen lernte wegen der Gewalt und der Plünderung anderer Länder. Die Nachkriegsjahre unterstützten noch ihre Unsicherheit und trugen zu ihrem größeren Einfühlungsvermögen für soziale Probleme und Unterschiede bei. Die Jahre 1917 und 1918 brachten weitere Geschehnisse mit sich, dank denen sich Netty Reilings eigene politische Einstellung bildete. Hierbei handelte es sich um die Vorgänge mit einem revolutionären Charakter in Russland.

Aber sehr schnell habe ich darüber nachgedacht, und sehr schnell war dieses Ereignis für mich verbunden mit einem neuen ..., starken, unerhörten Begriff von Gerechtigkeit... Ich hatte zum ersten Mal voll und ganz verstanden..., daß es ein Oben und Unten, ein Hoch und Niedrig gibt. Das, was wir heute einfach Klassen nennen...2

Nach dem abgelegten Abitur auf dem Gymnasium folgte 1919 das Studium der Kunstgeschichte, der Geschichte, Sinologie und Philosophie zuerst an der Universität in Köln, später in Heidelberg. An der Universität kam sie mit vielen revolutionär gesinnten Studenten zusammen und fühlte, dass sie sich für eine Partei entscheiden musste. Sie schloss sich der Arbeiterklasse an, anschließend wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands.

Das Studium beendete sie mit der Doktorarbeit unter dem Titel Jude und Judentum im Werke Rembrandts, sie interessierte sich für diesen Stoff auch wegen ihrer eigenen jüdischen Herkunft. Sie stellte die Darstellung der Juden in Rembrandts Werk und das wirkliche Leben der damaligen Juden in Frage. Schon in ihrer Doktorarbeit kann man erkennen, dass die Wirklichkeit und Realität für Netty Reiling eine Priorität war, natürlich später auch in ihren eigenen Büchern.

Ihr erstes veröffentlichtes Buch war 1924 Eine Sage aus dem Holländischen. Nacherzählt von Antje Seghers – Die Toten von der Insel Djal. Hier erschien unter anderem zum ersten Mal der Name ‚Seghers’. Das erste Werk, das unter diesem Pseudonym herausgegeben wurde, war Aufstand der Fischer von St. Barbara (1928). Schon in diesem ersten Buch erschien die Unzufriedenheit der Menschen, beziehungsweise der Fischer, die gegen die schlechten Arbeitsbedingungen protestieren. Darüber hinaus wird hier die Natur so plastisch beschrieben, genauso wie es für Anna Seghers in allen anderen Büchern typisch ist. Dank diesem Buch wurde die Autorin noch im selben Jahr mit dem Kleistpreis ausgezeichnet.

Inzwischen im Jahre 1925 heiratete (in dieser Zeit immer noch Netty Reiling) einen ungarischen Kommunisten und Soziologen Lászlo Radvanyi, bekannt als Johann-Lorenz Schmidt.

1932 erschien ihr erster Roman Die Gefährten. Die Inspiration für dieses Buch waren die Emigranten aus Polen, Ungarn, Bulgarien, Italien oder China, die Anna Seghers an der Universität kennenlernte. Der Roman beschäftigt sich gerade mit den Schicksalen dieser Menschen, die auf der Seite des Proletariats kämpften.

Die Gefährtenstellen Revolutionäre dar, die aus ihren Heimatländern vertrieben wurden. Von deren Vorbild angetan und angesprochen entwickelte sich immer mehr die Kommunistin Anna Seghers. Ihre antifaschistischen Einstellungen wurden durch die Italiener geprägt, mit denen sie auch in der Berührung war. Durch die ganz realen Begebenheiten in Anna Seghers´ Leben hat die faschistische Bedrohung in diesem Roman eine ganz eigene Bedeutung.

Im Jahre 1933 verließ Anna Seghers Deutschland: „[...] nachdem die Polizei mich schon einmal verhaftet hatte und mich unter ständiger Bewachung hielt.“3 Ihr Weg führte zuerst nach Paris.

Das erste Werk, das im Exil veröffentlicht wurde, war Der Kopflohn. Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932. Anna Seghers bemüht sich hier, verschiedene Bevölkerungsschichten, vor allem die Bauernschaft zu untersuchen. Es handelt sich um die Eindringung des Faschismus auch ins Dorf, wobei hier gezeigt wird, wie sich die einzelnen Bauern verhalten. Dieser Roman ließe sich auch mit Das siebte Kreuz vergleichen, obwohl Der Kopflohn einstweilen nur die Anfänge des Nationalsozialismus enthält. Die Hauptfigur stellt Johannes Schulz dar, der ebenso wie Georg Heisler in Das siebte Kreuz auf der Flucht ist. Der Unterschied liegt aber darin, dass im Jahre 1932, in dem sich die Handlung abspielt, der Faschismus in den Menschen noch nicht so tief verwurzelt hatte und ihr Verhalten wird bis jetzt nur untersucht.

In Paris widmete sich Anna Seghers nicht nur der Literatur, beziehungsweise dem Schreiben der Bücher, sondern engagierte sich auch in anderen gesellschaftlichen Angelegenheiten. Zum Beispiel bildete sie noch mit anderen Schriftstellern die Redaktion der Neuen Deutschen Blätter, wo sie sich vor allem für die Entlassung der politischen Häftlinge des NS-Regimes einsetzte. Im Jahre 1935 nahm sie an dem ‚I. Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur’ teil, wo sie auch eine Rede hielt. „Der Kongreß war – wie viele spätere Treffen – für Anna Seghers ein starkes persönliches Erlebnis der internationalen Zusammengehörigkeit von Menschen aus vielen Nationen mit verschiedenen Weltanschauungen und politischen Bekenntnissen.“4

Seit 1937 arbeitete sie an dem Roman Das siebte Kreuz, der unter anderem den Gegenstand dieser Arbeit bildet. In diesem weltweit bekannten Roman, der erst 1942 erschien, zeigt der Faschismus sein unbarmherziges Gesicht.

1939 nach dem Beginn des Weltkriegs wurde Johann-Lorenz Schmidt (Lászlo Radvanyi) als antifaschistischer Emigrant in Paris interniert. Anna Seghers machte sich auf den Weg, ihn zu retten. Im Jahre 1941 gelang es ihnen, endlich das Land zu verlassen. Die Zielstation war Mexico-City. Als ein Zeugnis dieser Emigration gilt der Roman Transit, der 1944 zuerst spanisch und englisch und erst 1948 deutsch erschien. Transit beschreibt die damalige Situation in Paris, wo ein Sammelplatz der Emigranten war, die alle die rettenden Küsten erreichen wollten.

1947 kehrte Anna Seghers wieder heim. Sie wollte, wie viele andere Kommunisten, an dem Wiederaufbau Deutschlands teilhaben. „Die Städte waren zertrümmert. Und die Menschen waren im Innern genauso zertrümmert. Damals bot Deutschland eine „Einheit“ von Ruinen, Verzweiflung und Hunger.“5 In dieser Nachkriegszeit spielte die Exilliteratur eine große Rolle. Vor allem Das siebte Kreuz erstattete einen wahren Bericht über die unmittelbare Vergangenheit. Aber auch die Zeiten der Emigration in Mexiko hatten auf Anna Seghers einen großen Einfluss. Ohne den Aufenthalt in Amerika wären die zahlreiche Werke, wie zum Beispiel Die Hochzeit von Haiti (1949), Wiedereinführung der Sklaverei in Guadeloupe (1949) oder Karibische Geschichten (1962), nicht entstanden.

Im Jahre 1948 nahm Anna Seghers wieder an einem Internationalen Kongress in Moskau teil. Ihr Ziel bestand darin, die Friedensbewegung in ganzer Welt zu stärken und die deutsche Literatur aus der Isolation zu befreien.

„Ich will durch die Bücher, die hier entstehen werden, verhindern, daß die Fehler der Vergangenheit jemals wiederholt werden.“6 Mit dieser Überzeugung wurde der sehr bekannte Gesellschaftsroman Die Toten bleiben jung geschrieben. Es ist das umfangreichste Buch der Schriftstellerin, sogar kann man sagen eine deutsche Chronik, die die Zeit von dem Ende des ersten Weltkriegs bis zum Verfall des Faschismus im 1945 umfasst. Das Werk beschreibt mehrere Generationen, die diesen Zeitabschnitt erlebten, und auch das Verhalten der Deutschen allgemein, wobei der Schwerpunkt in der Nachkriegszeit liegt. Von vielen Leuten wurde dieser Roman als eine aufklärende Geschichte der deutschen Vergangenheit betrachtet.

Nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1949 wurde Anna Seghers eine führende Persönlichkeit der Friedensbewegung und wirkte als Sprecherin, die unermüdlich an verschieden Kongressen im Ausland teilnahm, unter anderem auch in Prag, Warschau oder Wien. 1952 wurde sie sogar zur Präsidentin des Deutschen Schriftstellerverbandes gewählt.

1953 erschien die Erzählung Der erste Schritt. Gerade mit diesem Buch „begannen jene schlichten Erzählungen [...] zu erscheinen, die den Kritikern im Westen, die noch die poetisch-surrealistische Prosa der frühen Seghers in Erinnerung hatten, als erstes Zeichen ihres ‚Verrats am eigenen Talent’ galten.“7 Es handelt sich um die Ansprachen der Menschen aus verschiedenen Ländern der Welt, die auch aus verschiedenen sozialen Schichten stammen. Diese Menschen nahmen an einem internationalen Friedenstreffen teil und erzählen, wie sie dazu kamen. „Die Solidarität ist hier Thema und gleichzeitig Aufbauprinzip.“8

Durch die andere Erzählung Der Mann und sein Name kann man wieder die Nachkriegsjahre betrachten, dieses Mal aus einer anderen Perspektive. Ein ehemaliges Mitglied der SS gewinnt nach dem Kriegsende die Ausweispapiere eines Antifaschisten und fängt an, sein Leben zu leben. Er hilft sogar dabei, Deutschland wieder aufzubauen. Seine eigene Vergangenheit verfolgt ihn aber unerbittlich. Endlich muss er alles bekennen, und ist bereit, die Folgen zu tragen. Diesem Buch gingen große Vorbereitungen voran, Anna Seghers las viele Bücher und Broschüren und sprach mit vielen Menschen. „Schriftstellerkollegen haben mitunter erstaunt gefragt, was sie eigentlich nicht gelesen hätte.“9

Anna Seghers fand in der Deutschen Demokratischen Republik die Freiheit, die sie für ihre nicht nur literarische Arbeit brauchte und bemühte sich, den Vorwurf, dass die Gegenwartsliteratur nicht der Wirklichkeit entspricht, zu überwinden. Ihr weiterer Roman Die Entscheidung (1959) widmet sich dem Wiederaufbau eines Stahlwerkes zwischen 1947 und 1951 in der Sowjetischen Besatzungszone, beziehungsweise in der späteren DDR. Im Grunde genommen handelt es sich um die Entscheidung zwischen Sozialismus und Kapitalismus, wobei die Hauptrolle die Arbeiterklasse spielt, die sich in dieser Zeit formiert und die später eine herrschende Klasse bildet. „Die Gründung der deutschen Demokratischen Republik wird so zum staatspolitischen Ausdruck menschlich-gesellschaftlicher Entscheidungen.“10

Die Romane von Anna Seghers aus der Zeit der DDR bieten ein Gesamtbild der damaligen sozialistischen Ideologie und Gesellschaft an, vor allem war ihr das Zusammenhalten einer Gruppe von Menschen und die Treue dem sozialistischen Staat gegenüber sehr wichtig. Künstlerisch sind diese Werke aber eher schwächer, obwohl Seghers´ frühere und auch spätere Erzählungen und Romane bemerkenswert sind.

Im Jahre 1973 erschien die Geschichtensammlung Sonderbare Begegnungen, die den zweiten Schwerpunkt dieser Arbeit bildet. Sie bietet drei Erzählungen an, die sowohl mit der Kunst und den Künstler als auch wieder mit antifaschistischer Thematik verknüpft sind.

1978 bat Anna Seghers um Entbindung von ihrer Funktion als Präsidentin des Deutschen Schriftstellerverbandes wegen ihrer Krankheit. Fünf Jahre später, am 1. Juni 1983 - im gleichen Jahr wie ihr Ehemann Johann-Lorenz Schmidt, ging sie über den Jordan.

Alle Werke, die Anna Seghers während ihres Lebens verfasst hat, umfassen mehr als eine Hälfte des 20. Jahrhunderts, also die wichtigste Ereignisse der neueren Geschichte. Alle diese Bücher gelten als wahre Berichte sowohl über die zwei Weltkriege als auch über den neuen deutschen sozialistischen Staat, wobei man auch viel über die Gesellschaft und ihr Verhalten erfahren kann.

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