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Koch_Mathematik fur das Ingenieurstudium.pdf
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512

12 Gewöhnliche Di erenzialgleichungen

Beispiel 12.46 (Lineare Di erenzialgleichung als System)

Die lineare Di erenzialgleichung mit konstanten Koe zienten

y′′′ − 4 y′′ + 7 y+ 11 y = sin t

besitzt die charakteristische Gleichung

λ3 − 4 λ2 + 7 λ + 11 = 0.

Mit den Zustandsvariablen z1 = y, z2 = yund z3 = y′′ erhalten wir

 

 

0

1

0

z.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

z˙

 

0

0

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

= –

11

7

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Systemhat

die charakteristische Gleichung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

0

λ

 

1

 

R

 

λ

 

λ

1

 

0

1

λ

λ λ2

4 λ 7 11 0.

R

λ

1

 

0

 

R

 

 

 

7

4 λ

 

 

11

4

 

 

 

R

 

 

7

4

 

λ

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

11

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

R

= − W

 

 

 

W − W

 

 

 

 

W = − (

− + ) − =

 

R

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

AbgesehenR

 

vom VorzeichenRsind also beide charakteristischen Gleichungen gleich. Somit haben

die Di erenzialgleichung und das äquivalente System dieselben Eigenwerte.

 

Ì

12.5.5 Stabilität

Bei technischen und naturwissenschaftlichen Anwendungen stehen Di erenzialgleichungen und Di erenzialgleichungssysteme in Bezug zu realen Problemstellungen. Beispielsweise werden sie verwendet, um Wettervorhersagen oder die Eigenschaften von neuen Flugzeugkonzepten zu berechnen. Alle diese Prognosen sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet. In der Praxis stellt sich die Frage, wie sich gewisse Störungen auf das Verhalten des Systems auswirken. Dabei spielen Stabilitätsfragen eine wichtige Rolle.

Eine Kugel, die in einer Schüssel liegt, wird nach einer Erschütterung wieder in den tiefsten Punkt zurückkehren. Der tiefste Punkt stellt einen stabilen Gleichgewichtspunkt dar. Liegt die Kugel aber auf einer umgedrehten Schüssel, so wird die Kugel selbst nach einer leichten Erschütterung wegrollen und nicht mehr in den Gleichgewichtspunkt zurückkehren. Das Gleichgewicht im höchsten Punkt ist nicht stabil.

Wir betrachten eine gewöhnliche Di erenzialgleichung erster Ordnung x˙ = f(x). Eine Stelle x(t0) = x0 bezeichnen wir als Gleichgewichtspunkt, falls f(x0) = 0 gilt. Nun betrachten wir eine Störung δ(t) = x(t) − x0. Für die Ableitung dieser Störung gilt

δ˙(t) = x˙(t) = f(x(t)) ≈ f(x0) + f(x0)(x(t) − x0) = f(x0) δ(t).

12.5 Di erenzialgleichungssysteme

513

Dabei haben wir die Funktion f an der Stelle x0 linearisiert. Die Störung erfüllt also eine homogene lineare Di erenzialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koe zienten:

δ˙(t) = f(x0) δ(t) Ô δ(t) = C ef(x0)t.

Falls f(x0) negativ ist, dann nimmt die Störung mit wachsender Zeit t ab. Dieses Verhalten bezeichnet man als stabil. Falls f(x0) positiv ist, dann wird die Störung mit wachsender Zeit t immer größer. Selbst kleinste Störungen können fatale Auswirkungen haben. Dieses Verhalten bezeichnet man als instabil. Man spricht hier vom Schmetterlingse ekt. Edward Norton Lorenz hat es etwa so formuliert: Letztendlich kann die Entstehung eines Wirbelsturms allein durch den Flügelschlag eines Schmetterlings beeinflusst werden. Das Verhalten des Systems hängt sensitiv von den Anfangswerten ab.

Die Stabilitätseigenschaften lassen sich auf Di erenzialgleichungssysteme übertragen. Dazu müssen homogene lineare Systeme erster Ordnung mit konstanten Koe zienten betrachtet werden. An die Stelle von f(x0) tritt nun eine Matrix A. Die wesentlichen Ideen gehen auf den russischen Mathematiker Alexander Michailowitsch Ljapunow zurück.

Definition 12.31 (Stabilität)

Ein homogenes lineares Di erenzialgleichungssystem erster Ordnung mit konstanten Koe zienten x˙ = Ax bezeichnet man als

L asymptotisch stabil, wenn alle Lösungsfunktionen für t → ∞ abklingen, also

lim Sx(t)S = 0.

t→∞

Lstabil, wenn alle Lösungsfunktionen für t → ∞ beschränkt sind,

Linstabil, wenn es für t → ∞ eine unbeschränkte Lösungsfunktion gibt.

Jedes asymptotisch stabile System ist natürlich stabil. Die Lösungen eines homogenen linearen Di erenzialgleichungssystems erster Ordnung mit konstanten Koe zienten werden wesentlich durch die Eigenwerte bestimmt. Alle Fundamentallösungsvektoren haben die Form

eλ t v = e(a+i b)t v = ea t‰ cos (b t) + i sin (b tv, λ = a + i b.

Kosinus und Sinus sind beschränkte Funktionen. Somit entscheidet der Realteil a des Eigenwerts λ über die Stabilität.

Satz 12.16 (Stabilitätskriterium)

Ein homogenes lineares Di erenzialgleichungssystem erster Ordnung mit konstanten Koe zienten x˙ = Ax, bei dem

Ldie Realteile aller Eigenwerte der Matrix A negativ sind, ist asymptotisch stabil.

Lmindestens ein Eigenwert der Matrix A einen positiven Realteil hat, ist instabil.

514

12 Gewöhnliche Di erenzialgleichungen

Beispiel 12.47 (Stabilität)

Gesucht sind die Werte des reellen Parameters a, sodass das homogene lineare Di erenzialgleichungssystem erster Ordung mit konstanten Koe zienten

x˙ = Œ

a

 

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

 

a x

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

asymptotisch stabilist. Die Eigenwerte ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung

 

W

a

λ

 

 

 

1

a2

− 1 = 0 .

 

 

1

a

λ W = λ2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

= ±

a

2

+

1. Unabhängig von der Wahl des Parameters a ist ein

Die beiden Eigenwerte sind λ1,2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ì

Eigenwert immer positiv. Für alle

Parameterwerte a ist das System instabil.

 

 

 

 

 

 

 

Bei Eigenwerten mit Realteil null lassen sich nicht sofort Aussagen über die Stabilität tre en. Solche Systeme bezeichnet man als grenzstabile Systeme.

Definition 12.32 (Grenzstabilität)

Ein homogenes lineares Di erenzialgleichungssystem erster Ordnung mit konstanten Koe zienten x˙ = Ax bezeichnet man als grenzstabil, wenn mindestens ein Eigenwert der Matrix A den Realteil null hat.

Beispiel 12.48 (Grenzstabilität)

a) Das homogene lineare System erster Ordung mit konstanten Koe zienten

x˙

= Œ

0

1

x

Ô W

λ

1

W =

λ2

+

1

=

0

1

0

1

λ

 

 

 

 

 

 

 

hat die beiden Eigenwerte λ1,2 = ±i. Die allgemeine Lösung lässt sich darstellen durch

x(t) = C1 cos (t) v1 + C2 sin (t) v2.

Beide Eigenwerte liegen auf der imaginären Achse. Das System ist somit grenzstabil. Da alle Lösungen aus Sinusund Kosinisfunktionen bestehen, ist das System stabil.

b)Die lineare Di erenzialgleichung mit konstanten Koe zienten x¨ = 0 hat aufgrund der charakteristischen Gleichung λ2 = 0 die Eigenwerte λ1,2 = 0 und die allgemeine Lösung

x(t) = C1 + C2t.

Mithilfe der beiden Zustandsvariablen z1 = x und z2 = x˙ können wir die Di erenzialgleichung als lineares Di erenzialgleichungssystem erster Ordung mit konstanten Koe zienten

z˙ = Œ

0

1

z

0

0

formulieren. Beide Eigenwerte liegen auf der imaginären Achse. Das System ist grenzstabil. Die Lösungen sind für t → ∞ nicht beschränkt. Somit ist das System instabil. Ì

12.5 Di erenzialgleichungssysteme

515

Grenzstabilität und Stabilität

Grenzstabile Systeme liegen zwischen stabilen und instabilen Systemen. Es gibt grenzstabile Systeme, die stabil sind. Es gibt auch grenzstabile Systeme, die instabil sind.

Beispiel 12.49 (Stabiltätsuntersuchung am Pendel)

Ein Pendel wird durch das nichtlineare Di erenzialgleichungssystem erster Ordnung

z˙1

=

z2,

 

mk` z2

z˙2

 

`g sin z1

 

 

=

 

 

 

 

 

beschrieben, siehe Beispiel 12.39. Die Gleichgewichtspunkte erhalten wir aus den Bedingungen

z˙1

=

0

Ô

z2

=

0

 

Z

z˙2

0

z1

k π, k

 

=

 

Ô

 

=

 

 

Zur Linearisierung an der Stelle z1 = 0 ersetzen wir sin z1 durch z1. Dadurch erhalten wir ein lineares homogenes Di erenzialgleichungssystem mit konstanten Koe zienten:

z˙

= Œ

0

 

 

1

 

z .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

g

 

 

 

 

k

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

`

 

 

m `

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Eigenwertedieses

Systems sind

 

 

 

 

 

 

 

 

 

»

 

 

 

 

 

 

 

g

 

k1

 

 

λ

 

λ2

m ` λ

`

 

0

 

λ1,2

 

k

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

m `

.

 

λ

 

m `

 

 

 

 

 

 

k

 

g

 

 

 

 

±

 

k2

4 m2

` g

W

`

 

 

 

 

 

W = +

 

 

+

 

=

 

Ô

 

=

2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sofern m, ` und g positiv sind, haben wir für k > 0 zwei Eigenwerte mit negativem Realteil. Das System ist im Gleichgewichtspunkt z1 = 0 und z2 = 0 asymptotisch stabil. Für k = 0 ist der Realteil der Eigenwerte null. Dann ist das System nur noch grenzstabil. An der Stelle z1 = π ersetzen wir sin (z1 π) durch −z1. Die Eigenwerte dieses Systems sind

»

 

 

λ

 

 

1

 

 

 

2

 

k

 

 

g

 

 

 

 

k

k2

 

4 m2

` g

 

 

W

`

m `

 

W =

λ

 

+

 

λ

 

=

0

Ô

λ1,2

=

− ±

2

+

 

 

.

 

 

 

 

g

 

k

 

 

λ

 

 

m `

`

 

 

 

 

m `

 

 

 

Ein Eigenwert+

hat

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

positiven

Realteil. Das System ist im Gleichgewichtspunkt z1

=

π und z2

=

0

instabil.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ì

Die Menge der Eigenwerte einer Matrix bezeichnet man als Spektrum. Um schnell einen Überblick über das qualitative Verhalten eines Di erenzialgleichungssystems zu erhalten, verwendet man die grafische Darstellung des Spektrums in der komplexen Zahlenebene.

Weitere Aspekte der Stabilitätsanalyse von dynamischen Systemen findet man etwa bei [Seydel]. Im Zusammenhang mit der Stabilität treten häufig auch Fragen auf, wie die Lösungen von Di erenzialgleichungen ihr prinzipielles Verhalten ändern, wenn man einen oder mehrere Systemparameter verändert.

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