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Deutsche schriftsteller Ohne Goethe geht hier gar nichts

Auf der Klassikerstraße durch Thüringen

Wer den Spuren Johann Wolfgang von Goethes folgen möchte, sollte die thüringische Stadt Weimar und ihre Umgebung bereisen, wo der bekannteste deutsche Dich­ter die längste Zeit seines Lebens verbrachte. Die zu­künftige Kulturhauptstadt Europas (1999) war aber nicht nur Sitz des großen Klassikers, sondern auch Wirkungs­stätte vieler namhafter Dichter, Gelehrter, Komponisten und Maler.

Von Klaus Thiele

„HIER hat Goethe nicht ge­wohnt“, soll ein Scherzbold an ein Haus in Jena geschrieben ha­ben. Er war es wohl leid, ständig zu lesen, wo Goehte und andere Größen „weilten“. In Thüringen findet man nämlich besonders viele solcher Stätten. Darum gibt es dort auch die 300 Kilo­meter lange „Klassikerstraβe“ – inzwischen sogar richtig ausge­schildert. Diese Route wäre kaum kürzer, hieße sie einfach „Goethestraβe“. Deutschlands Klassiker schlechthin thronte ja keineswegs nur als Dichterfürst in Weimar, er tauchte fast über­all in Thüringen auf, mal in Ge­schäften als Minister oder Geheimer Rat, mal als Leiter der Weimarer Schauspieltruppe, häufig natürlich auch mit Amors Pfeil im Rücken. Wer heute Goethes Spuren folgt, bleibt derart in Trab, dass er bisweilen meint, der Mann müsse ein Double gehabt haben.

Weimar ist natürlich der ideale Einstieg.­ Klassischer geht es nun wirklich nicht. Die Stadt war mehr als ein Jahrhundert Mittelpunkt des deutschen Geisteslebens, obwohl sie zu Goethes Zeiten nur 6 000 Einwohner zählte. Der „Musenhof“ der Herzoginmutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach wirkte wie ein Magnet. Gemein­sam stehen Schiller und Goethe auf hohem Sockel vor dem Nationaltheater, in dem Goethe unter anderem Schillers  „Wilhelm Tell“ inszenierte. Das Goethehaus am Frauenplan führt faszinierend vor Augen, wie der groβe Dichter lebte, sich mit Kunst umgab, wo er seine Gäste empfing, wo er seinem Eckermann diktierte. Und Goethes Gartenhaus im Ilm-Park ist geradezu eine Pilgerstätte im Grünen. Natürlich gibt es in Weimar auch ein Schillerhaus.

Auch Wieland hat sein Denkmal, Herder steht vor der Kirche, die nach ihm genannt wird. Die beiden zählten neben Schiller und Goethe zur „Quadriga der Titanen“. Auf einem alten Gemälde sieht man sie mit Herzoginmutter Anna Amalia, dem Herzogspaar Karl August und Luise, den Brüdern Humboldt und natürlich Goethe vor dem Musentempel im Park von Schloss Tiefurt Schiller bei einer seiner Dichterlesungen lauschen.

Legt man den Begriff Klassik nicht gar so eng aus, sondern fasst ihn wie die „Erfinder“  der Ferienstraβe groβzügig im Sinne von groβen kulturhistorischen Leistungen auf, dann nimmt die Liste der wichtigen „Weimar-Weiler“  kaum ein Ende. Bachs Söhne Friedemann und Philipp Emanuel kamen gleich neben dem Traditionshotel „Elephant“ zur Welt. Eine Franz-Liszt-Bar erinnert daran, dass dieser bei Hofe musikalische Glanzlichter setzte. Wer sonst noch war in Weimar ? Ach ja, Iffland und Hölderlin, Kleist und Jean Paul, Wagner natürlich, Cranach nicht zu vergessen, dessen wundervolle Bilder im letzten Jahr gestohlen wurden, zum Glück aber bald zurückkehrten. Auch Thomas Mann fehlt nicht, er trug sich nach dem Zweiten Weltkrieg als erster wieder ins Gästebuch des „Elephant“ ein.

40 JAHRE Sozialismus haben auch in Weimar für Verfall und tristes Grau gesorgt. Aber das ist inzwischen schon fast Geschichte, auch wenn noch einiges zu restaurieren ist. Auf Weimar trifft wieder zu, was Goethe einst zu Eckermann sagte: „Wo finden Sie auf einem so engen Fleck noch so viel Gutes?“

Goethe kam von der „Stadt der Klassik“ häufiger hoch zu Ross, manchmal angeblich sogar zu Fuß, bis zum Schloss Kochberg nahe Rudolstadt. Er war freilich besonders motiviert. Kochberg war der Landsitz der Familie von Stein, und Charlotte von Stein lag dem Dichter bekanntlich sehr am Herzen. Im nahen Rudolstadt trafen sich Goethe und Schiller am 7. September 1788 zum erstenmal.

Die östliche Schleife der Klassikerroute führt bis Jena mit einem Abstecher zu den drei Dornburger Schlössern über dem Saaleufer. Goethe schrieb dort an der „Iphigenie“ und am „Egmont ” . Und er sorgte dafür, dass Schiller eine Professur an der Jenaer Universität bekam, die heute seinen Namen trägt.

Folgt man von Weimar der Bundesstraβe 7 in westlicher Richtung, ist man bald in Erfurt. Thüringens Hauptsstadt hat gewaltig Anstrengungen unternommen, seine historische Substanz zu restaurieren. Eine Stadt zum Bummeln, vom prächtigen Domplatz zum geschichtsträchtigen Anger oder zur Krämerbrücke. Goethe, der hier mit Napoleon zusammentraf, und Schiller waren auch in Erfurt häufig zu Gast. Im Haus Dacheröden führte man kunstsinnige Gesprächsrunden. Wilhelm von Humboldt gefiel es so gut, dass er gleich eine Dacheröden–Tochter heiratete.

Von der Stadt Ilmenau kann man die südwestliche Kurve der Klassikerstraβe nach Meiningen wählen. „Klassisch“ ist hier besonders das verblüffend groβe Theater, das optisch eher in eine Millionenstadt passen würde. Georg der II. von Sachsen-Meiningen ging als „Theaterherzog“ in die Geschichte ein. Seine Schauspieltruppe, die „Meininger“, brachte es auf Tourneen durch ganz Europa zu groβem Ruhm. Im Schloss Elisabethenburg werden Original-Bühnenbilder zum Beispiel für Schillers „Wallenstein“ aufbewahrt.

Wer sich für die westliche Route über Meiningen entscheidet, hat sich zum Abschluss der Klassiker-Tour einen absoluten Höhepunkt aufgehoben. Eisenach und die Wartburg. Luther versteckte sich hier als „Junker Jörg“ und übersetzte die Bibel. Minnesang und Sängerkrieg, das Wartburgfest der deutschen Burschenschaften und Wagners Oper „Tannhäuser“ machen sie geradezu zum nationalen Heiligtum. Goethe war, wer hätte es bezweifelt, natürlich auch da. Er zeichnete die Wartburg nicht nur, sondern setzte sich auf für ihren Erhalt ein, als Verfall drohte.

Hannoversche Allgemeine Zeitung

22.7.1994

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