Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Быховец, Луценко.doc
Скачиваний:
13
Добавлен:
29.08.2019
Размер:
2.4 Mб
Скачать

Das Buddenbrookhaus

Eine alte Idee ist Wirk­lichkeit geworden. Für die Brüder Thomas und Hein­rich Mann ist in ihrer Ge­burtsstadt Lübeck ein Mu­seum eröffnet worden. Es befindet sich in dem Haus ihrer Großeltern, dem "Bud­denbrookhaus", in der Mengstraße 4. Dort kann man nun Leben und Werk von Thomas und Heinrich Mann, ihre Kindheit und Ju­gend, die Zeit im Exil und natürlich die Geschichte des Buddenbrook-Romans studieren.

Von Ekkehard Böhm

Sein 1901 erschienener Roman „Buddenbrooks“ trug Thomas Mann Weltruhm und 1929 den Nobelpreis ein, in der Heimat­stadt Lübeck aber heftige Ableh­nung. Wie konnte er, der Sohn aus einer Senatorenfamilie, in diesem Buch über Abstieg und Fall einer Kaufmannsfamilie zur Schilderung der Charaktere sich an tatsächliche Bürger der Stadt anlehnen? (Und es begann auch gleich ein Entschlüsselungs­spiel.) Und wie konnte sein älte­rer Bruder Heinrich in „Professor Unrat“ (1905) in seinen Lübeck-Bezügen noch Despektierlicheres durchblicken lassen? Nein, das galt in hanseatischen Kreisen als wenig “fein”, deshalb haben die Lübecker es lange vorgezogen, in Emanuel Geibel (1815 bis 1884) einen größeren Sohn der Stadt zu se­hen. Zwar konnte Geibel den Brüdern Mann literarisch nicht das Wasser reichen, aber dafür hatte er solche Elogen geschrie­ben wie „Sei mir gegrüßt, gelieb­te Vaterstadt“. Erst 1955 hat sich das offizielle Lübeck durch die Verleihung der Ehrenbürgerwür­de mit Thomas Mann versöhnt, eine späte Anerkennung Hein­richs aber blieb aus: Er galt damals als Kommunist.

Der letzte Schritt zur Abbitte an die Brüder ist gestern getan wor­den: In Anwesenheit des Bun­despräsidenten ist im Budden­brookhaus ein Heinrich-und- Thomas-Mann-Zentrum eröffnet worden. Es beherbergt eine stän­dige Ausstellung zu Leben und Werk der Brüder, einen Veran­staltungsbereich für Tagungen, Lesungen, Filmvorführungen und Sonderausstellungen sowie einen Forschungsbereich mit Spezialbibliothek und EDV-An­lage. Die Nachlässe werden frei­lich in Zürich (Thomas) und Ber­lin (Heinrich) bleiben.

Das Buddenbrookhaus in der Mengstraße 4, die Heimat der halbfiktiven Romanfamilie, ge­hörte den Großeltern der Brüder. 1758 wurde es erbaut, 1841 ging es in den Besitz der Familie Mann über, nach dem Tod des Senators Thomas Johann Hein­rich Mann, Vater von Heinrich und Thomas, und der Auflösung der Firma kaufte es die Stadt Lü­beck, die es in der Folge für alle möglichen Zwecke vermietete. 1942 wurde das Haus bei einem Bombenangriff bis auf die Fassade und der Gewölbekeller, der wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert stammt, völlig zerstört. Seit den fünfziger Jahren war dort eine Bank untergebracht; 1991 hat die Stadt das Budden­brookhaus mit Hilfe des Bundes und des Landes Schleswig-Hol­stein ein zweites Mal gekauft.

Für die Öffentlichkeit wird na­türlich die Dauerausstellung das Kernstück des Hauses sein. Auf 100 000 Besucher im Jahr hofft man in Lübeck, und für diese wird der Gang durch die Schau auch lohnend sein. Sie ist sowohl von der Fragestellung als auch von der Darbietung her vortrefflich gelungen. Es versteht sich dabei von selbst, dass Leben und Schaffen der beiden Brüder im Mittelpunkt stehen, aber vertieft wird das durch einen Schwer­punkt über ihr oft schwieriges Verhältnis zueinander und einen über ihre Beziehungen zu Lü­beck.

Fotos, Lebensläufe, ein Stamm­baum der Familie, Briefe und na­türlich Bücher. Die Exponate im neuen Museum sprechen für sich und werden zum Sprechen ge­bracht: durch kommentierende Originalzitate von Heinrich und Thomas Mann. Kommentare auch zu den Ansichten des alten Lübeck, zu den Bildern der Vor­fahren, zu den rührend altmo­disch anmutenden Fotos der Kin­derjahre, zu Theater und Litera­tur in der Stadt, zur Firma. Tho­mas Mann hat 1926 Lübeck als „geistige Lebensform“ bezeich­net und gemeint, die Stadt habe von Anfang bis Ende seine „Schriftstellerei“ bestimmt. Das hätte er später wohl nicht mehr so gesagt, aber Züge hanseati­schen Bürgertums hat er doch nie verloren. Folgerichtig 1955 das Ehrenbürgerrecht, und damit schließt die Ausstellung. Dazwischen das Leben der Brüder nach ihrem Weggang aus Lübeck. Neue Stationen: Berlin, München, Italien. Nach 1900 der beginnende Ruhm.

Der Erste Weltkrieg, der zu einer lange andauernden Ent­fremdung zwischen beiden führ­te: hier der „linke“ Heinrich Mann, abzulesen an „Der Unter­tan“, dort der „rechte“ Thomas mit seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Erst 1922 wird der Zwist überwunden, der Einsatz für die Republik und der Kampf gegen den Nationalsozia­lismus führen die Brüder wieder enger zusammen.

Die zwanziger Jahre: Die Texte politischer Reden und Aufsätze sind zu sehen, aber auch die Ro­mane wie „Der Zauberberg“ oder „Der Kopf”. 1930 beschert die Verfilmung von „Professor Un­rat“ als „Der blaue Engel“ Hein­rich Mann einen großen Erfolg, dann kommt das Jahr 1933. Die Brüder müssen fliehen oder wer­den aus Deutschland hinausge­drängt. Im amerikanischen Exil finden sie sich wieder. Die Wer­ke: „Henri Quatre“, „Joseph und seine Brüder“, „Lotte in Wei­mar“. Die letzten Daten: Hein­rich Mann, gestorben am 12. März 1950 in Santa Monica (USA). Thomas Mann, gestorben am 12. August 1955 in Zürich.

Hannoversche Allgemeine Zeitung

7.5.1993

DEUTSCHE THEATER

Der einzige Tragiker

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]