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Быховец, Луценко.doc
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29.08.2019
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Jenseits der Vorurteile Neue Kultur im Miteinander von Ost- und Westdeutschen

An der renommierten Humboldt- Universität im Ostteil Berlins studieren 25 000 Studenten, zwei Drittel aus den neuen Bundesländern, ein Drittel aus den alten. Noch immer müssen sich Ossis und Wessis aneinander gewöhnen, denn ihre Erziehung und Erfahrungen im ehemals geteilten Deutschland haben sie unterschiedlich geprägt. Doch gerade die Uni bietet einen Raum, die Andersartigkeit der Kommilitonen kennen zu lernen und Vorurteile abzubauen.

FÜR FLORIAN aus Steglitz besaß die Humboldt-Universität von jeher eine besondere Aura: Das schöne alte Gebäude, die Lage mitten im Zentrum gegenüber der Lindenoper, ihr einst hoher wissenschaftlicher Rang und die internationale Ausstrahlung. Außerdem hatte er gehört, dass die Studenten dort gut betreut werden – wie viele andere, die hierher gekommen sind.

Die gut 25 000 Studenten, zwei Drittel aus dem Osten, ein Drittel aus dem Westen, lernen miteinander und voneinander – und erfahren dabei auch noch viel über sich selbst: Über Wohlstandsmarotten und Konkurrenzverhalten auf der einen und über Unterlegenheitsgefühle und Westphobien auf der andern Seite. Warum neigt der Wessi dazu, sich verbal in Szene zu setzen? Was hält den studentischen Ossi davon ab, sich einmal neugierig und lustvoll im Westteil der Stadt umzutun?

Axel, ein Chemiestudent aus Königs Wusterhausen(Brandenburg) schätzt das Engagement seiner jungen süddeutschen Professoren und das Reisen in die unendlichen Weiten Skandinaviens. Er ist in der Studentenvertretung aktiv und geht an jedem 7.Oktober in den Studentenklub, wo mit vertrauten Pop-Songs an den Geburtstag der untergegangenen DDR erinnert wird. Das würde jenseits der Hochschulorte ausreichen, ihn als DDR-Nostalgiker abzustempeln, innerhalb der ost-westlichen Alma mater findet man seinen Wunsch, frühere Gemeinschaftserlebnisse aufleben zu lassen, keinesfalls politisch anstöβig, eher emotional verständlich. Der 24jährige meint, dass “man langsam alt wird und gerne mal wieder an seine Jugend zurückdenken möchte” – na und?

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Herzlichkeit und Wärme

FLORIAN wiederum wird es ganz warm ums Herz, wenn er in seinem neuen Kiez in Prenzlauer Berg an die bunten Läden von Kreuzberg denkt. Was den Studenten der Musikwissenschaften am Osten reizt, wiegt in seinen Augen aber die kleinen Entbehrungen leicht auf: “Man ist so richtig drin”, fasst er das Besondere zusammen, das ihm nur hier geboten wird: “Zum Beispiel war ich mit ein paar Ossis auf dem Land und habe gesehen, was sie so gemacht, wie sie so gelebt haben, ich habe auch mal den Reiz nachempfinden können. Man ist einfach so zusammen und bekommt intuitiv die Andersheit mit, und was früher so abgegangen ist. Vor allem von der Herzlichkeit der Ost-Kommilitonen fühlt er sich angesprochen: “ Im Westen ist man eher Egozentriker, mehr Individualist, bei ihnen herrscht weniger Konkurrenz; von der herzlichen, netten Art, wie sie im Freundeskreis miteinander umgehen, kann man sich einfach eine Scheibe abschneiden.” Dass seine Empfindungen von vielen West-Kommilitonen geteilt werden, zeigt eine Studie, die das Psychologische Institut der Humboldt-Universität vor kurzem veröffentlichte. Aus dem Westen stammende Humboldt-Studenten wurden nach den Gründen für ihre Hochschulwahl gefragt; neben fachlichen wurden häufig auch persönliche Erwägungen genannt. Viele wiesen auf die Atmosphäre hin, auf den persönlicheren und freundlicheren Umgang zwischen den Studenten und das “nettere und sensiblere Sozialverhalten der Ossis”. 

Viele ostdeutsche Studenten entscheiden sich für die Hochschule Unter den Linden, weil ihnen die ehemalige DDR-Uni vertrauter erscheint. Wie die Betriebswirtschaftsstudentin Patrizia, die bekennt, dass sie “ganz einfach Angst vor den westdeutschen Studenten hatte”:Aus Minderwertigkeitskomplexen, weil sie unter anderem glaubte, dass die im Gegensatz zu ihr “unheimlich viel von Computern verstanden – einer solchen Gesellschaft wollte ich mich nicht aussetzen.

Erst durch Kontakte während ihrer Werkstudentenzeit und nachdem sie in den Lehrveranstaltungen festgestellt hatte, dass das selbstbewusstere Auftreten westlicher Kommilitonen keinesfalls mit besseren Leistungen oder Noten einhergeht, bauten sich ihre Hemmungen ab.

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