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16. Von der Poesie der Glühbirne:

Was halten Sie von der Poesie der Glühbirne?

17. Funktionale Ästhetik

Einer der Großen in der deutschen Nachkriegsarchitektur war Egon Eiermann. Demonstrative «Haut-und Knochen-Architektur» war sein Markenzeichen und funktionale Ästhetik war sein Credo. Er schuf den Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel (1957/58) und schrieb mit Bauten wie der Kaiser-Wilhelm-Ge-dächtniskirche in Berlin (1957-63), dem «Langen Eugen» in Bonn (1965-69) oder den Olivetti-Türmen in Frankfurt am Main (1972) deutsche Architekturgeschichte.

Dass Eiermann auch ein ganz wichtiges Stück der deutschen Designgeschichte nach 1945 mitgeschrieben hat, zeigte kürzlich das Badische Landesmuseum Karlsruhe in einer reizvollen Möbelschau: Etwa 70 Entwürfe dokumentierten im Museum beim Markt seine unermüdliche Auseinandersetzung mit dem Thema «Wohnen». Die Möblierung gehörte für Eiermann zum Gesamtkonzept eines Hauses. Der Zusammenklang von außen und innen war deshalb Aufgabe des Architekten und keine «Angelegenheit für Dekorateure». Eiermann entwarf einfach alles: Aschenbecher, Lichtschalter, Kleidungsstücke und Teppichmuster — oft rasch auf Speisekarte und Tischdecken skizziert. Aber sein Lieblingsthema waren Sitzmöbel: sauber und ökonomisch konstruiert, ergonomisch und ganz unprätentiös in der Optik.

Die ablesbare Konstruktion lag Eiermann am Herzen: Sessel mit sichtbaren Rahmenhölzern und Gurten, auf denen lose Sitzkissen lagen. Und er liebte die «Strippe», überkreuzte Seilverspannungen, Flechtwerke und dicht verknotete Schnüre. Leicht wirkte das alles, unkompliziert und auf verblüffende Art selbstverständlich. Doch im muffigen Nachkriegsdeutschland, das gerade die martialische (kriegerische) «Reichsheimstättenkultur» der NS-Zeit hin- ter sich gebracht hatte und schon wieder heimlich nach schwellenden Polstergarnituren lechzte, war das absolute Avantgarde.

17. Funktionale Ästhetik:

Wie schätzen Sie die «Haut-und Knochen-Architektur» der Nachkriegszeit ein ? Ist funktionale Ästhetik auch heute aktuell? Hat sie ihre Nachfolger?

18. Gelsenkirchener Barock

Gelsenkirchener Barock, wie er sich in erstaunlich vielen Ruhrgebietsküchen bis heute erhalten hat, ist seit den fünfziger Jahren zu einer spöttischen Metapher für möblierte Geschmacklosigkeit, mitunter auch für unansehnliche Reisewaggons genauso wie für billig aufgemotzte Geldspielautomaten oder stupide (dumme) Vorgartenzwerge. Als «abfällige Bezeichnung für monumentalen Kitsch» wird der Begriff in einem Lexikon der Ruhrgebietsspra-che abgewertet.

Wenn gleich dieses Wortpaar auch zu einem Synonym für alles Schlechte in der Welt des Designs missraten ist, so verbindet sich mit dem Gelsenkirchener Barock doch ein historisch gewachsenes Spiegelbild seiner Umgebung, das alles andere als lächerlich ist. Gelsenkirchener Barock, Produkt einer aufkeimenden Massenfertigung, das in den sechziger Jahren weitgehend ausstarb, wirft vielmehr ein Licht auf die Geschichte der Ruhrregion, die Geschichte der Möbelproduktion, der Arbeiter- und Wohnkultur.

Das Museum in Gelsenkirchen-Buer widmet eine groß angelegte Ausstellung diesem eigentümlichen Mischstil, der deutsche Haushalte weit über das Revier hinaus jahrzentelang prägte. Ein Museum bahnt den Weg: Gelsenkirchen beginnt mit der eigenen Vergangenheitsbewältigung .

Entstanden ist der Begriff «Gelsenkirchener Barock» Mitte der zwanziger Jahre. Gemeint war ursprünglich die prachtvolle Optik der wilhelmischen Hausfassaden in der früheren Gelsenkirchener Bahnhofstraße, der ersten Flanier-und Einkaufsstraße des Ruhrgebiets. Der Begriff hatte wohl schon damals einen liebevoll-spöt-tischen Beigeschmack.

Gehalten und verbreitet hat sich indes die Bezeichnung für das historische Design, wie es sich seit den zwanziger Jahren in allen deutschen Möbelfabriken durchsetzte. Während man die Möbelindustrie Gelsenkirchener Barock bis heute — völlig wertneutral und international- als Terminus technicus behandelt, wurde das Möbelstück schon sehr früh zum Feinbild und Spottobjekt intellektueller Bauhaus-Künstler der Weimarer Zeit.

Dieser Stil, gespickt mit vielen Details aus Gotik, Barock, Rokoko und Renaissance, wirkte auf die modernen der Funktion verpflichteten Designer wie eine reaktionäre Offensive gegen ihre progressive Lebens- und Wohnkultur, in der die Form der Funktion zu folgen hatte.

Der Siegeszug des Gelsenkirchener Barock begann mit den neuen industriellen Möglichkeiten nach der Jahrhundertwende: Der Elektromotor wurde zum wichtigsten Gerät im Tischlergewerbe, Maschinen setzten sich durch. Außerdem wurde das Sperrholz, das England bereits im 19. Jahrhundert für die Möbelherstellung entdeckte, nun auch in deutschen Fabriken als praktische Alternative benutzt: Es ist fest und stabil, vergleichsweise leicht und preiswert, somit für die maschinelle Bearbeitung bestens tauglich.

Das Besondere am Gelsenkirchener Barock steckt im Detail. Zweckmäßigkeit wurde groß geschrieben. Doch dies ist nur die halbe Philosophie: Gelsenkirchener Barock avancierte für lange Jahre zu einem Statussymbol erster Güte.