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Bitterschokolade.doc
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12. Wie ich Höflichkeit übte

In den Ferien durfte ich wieder zu Oma und Opa fahren. «Ich sage dir nur eins, Alfi, du sollst sehr höflich sein. Ich weiß nicht, was mit dir in der letzten Zeit ist?» Mama sah mich streng an, und ich nickte. Papa knurrte nur. Was das bedeutete, konnte ich leider nicht entziffern. «Wann wird endlich Zeit, dass du dir die Regeln der Höflichkeit einprägst, dass du den Leuten die Tür öffnest, dass du die Hände aus den Taschen nimmst, wenn du mit jemand sprichst. Dass du wartest, bis du von Erwachsenen angesprochen wirst…» Sogar auf dem Bahnhof, als der Zug schon abfuhr, rief Mama mir noch hinterher: «Tu mir einen Gefallen, Alfons, sei höflich. Das ist wichtig!»

Gut, dachte ich, ich werde mir Mühe geben. Und ich habe mir Mühe gegeben. Aber was ist dabei herausgekommen! Ich will über meine Höflichkeit jetzt erzählen und was mir dann immer passiert ist.

Das fing gleich im Zug an. Wir waren schon eine Weile gefahren, und ich dachte, vielleicht ist jetzt die Zeit, um höflich zu sein. Ich wollte in unserem Abteil ein bisschen frische Luft machen. Ich machte das Fenster auf und sah mich freundlich um. «Zum Teufel», knurrte ein Herr. «Was soll das? Hier zieht es! Unglaublich!» So machte ich das Fenster zu und war dann während der Fahrt nicht mehr besonders höflich. Und es ging gut.

Von der Bahnstation musste ich mit dem Omnibus bis in die kleine Stadt fahren. Wieder bekam ich einen Rappel und wollte besonders höflich sein. Ich wartete, bis alle eingestiegen waren. Als Höflichster wollte ich als letzter einsteigen. Aber bevor ich einstieg, fuhr der Bus ab. Ich sah den Fahrer noch an, und er drohte mir mit dem Finger und rief aus dem Fenster: «Man darf nicht um den Bus herumspielen, geh woanders spielen!»

«Ich will doch höflich mitfahren», rief ich, aber das hörte er schon nicht mehr. Da sollte ich eine Stunde auf den nächsten Bus warten.

Oma und Opa freuten sich, als ich kam. Ich erinnerte mich sofort an Mamas Worte und dachte mir wieder, egal, was passiert, du bleibst sehr höflich. Ich bin immer gern bei Oma und Opa. Sie machen alles, was ich will. Oma weiß, ich esse Mohnkuchen gern. Sie hatte eben vor meiner Ankunft einen Kuchen gebacken. Beim Essen goss sie aus der blauen Kanne Kaffee ein. «Vorsicht, Junge, Kaffee ist heiß!» Na, endlich konnte ich wieder höflich sein! Ich sprang auf und nahm schnell von Omas und Opas Tassen einen Schluck. «Ist nicht heiß, ist in Ordnung, ihr könnt trinken», sagte ich mit Befriedigung. Ich freute mich sehr, wie schön höflich ich gewesen war.

Opa sah mich aber ganz merkwürdig an. «Was ist denn los mit dir, Alfons?»

Und Oma schüttelte den Kopf. Vielleicht war ich mit meiner Höflichkeit übereifrig.

Nach dem Kaffeetrinken räumten wir den Tisch ab.

«Ich gehe als letzter», sagte ich. Denn Mama sagt immer, ein Junge drängelt sich nicht vor.

«Wieso als letzter?» fragte Oma böse. «Bist wohl zu fein geworden, Geschirr rauszutragen? Sollen das deine alten Großeltern machen? Nimm die Kanne und marsch voran!»

Schöne Höflichkeit, dachte ich bitter, man kommt immer in schlechtes Licht.

Opa merkte wohl, dass ich schlechte Laune hatte. «Wir machen einen Spaziergang nach dem Kaffee, du guckst dich wieder in unserer alten Stadt um, und dann ist alles wie immer», sagte er.

Draußen erinnerte ich wieder an Mamas Worte: «Drängle dich nicht zwischen die Leute, sondern gehe außen. Und bei einer Dame geht man links.» Oma ist zwar für mich meine liebe Oma und keine Dame, aber links wollte ich gehen, aus lauter Höflichkeit. Doch Opa ging schon links. Ich zog ihn am Ärmel. «Geh mal bitte auf die andere Seite, hier muss ich gehen», sagte ich ihm.

Opa sah mich wieder komisch an. Er war böse. Aber er ging nach rechts, kopfschüttelnd. Ich ging dann links neben Oma, höflich und fein. Als wir aber an eine große Pfütze kamen, wusste ich nicht, was ich machen sollte. Aus Höflichkeit, um meine Dame-Oma nicht zu verlassen, ging ich mitten durch die Pfütze. «Alfons», rief Oma, «man geht doch nicht durch eine Pfütze! Du hast mich bespritzt!»

«Ich wollte doch bloß…»

«Ja, du wolltest bloß», sagte Oma böse. «Der Teufel ist in den Jungen gefahren!»

Zum Glück kam Opa Mürkelmeier, ein Freund Opas, über die Straße. Sie begrüßten sich. Wie hatte Mama gesagt: «Warte, bis ein Erwachsener dich anspricht, und rede nicht als erster.» Ich hielt also die Hände auf den Rücken und sah auf die Erde. Oma stieß mich an und sagte schnell: «Den ganzen Tag ist der Bursche unhöflich, als ob ihn der Floh gebissen hätte. Alfons, willst du nicht endlich Opa Mürkelmeier guten Tag sagen?»

Ich schwieg. Zuerst sollten doch die Erwachsenen sprechen.

«Na», fragte Opa böse, «wird´s bald?»

Dann sagte ich: «Wenn Opa Mürkelmeier nichts sagt, kann ich auch nichts sagen.»

Das gab einen ganz schönen Ärger.

Am Nachmittag waren wir alle still. Erst am Abend wurde es wieder lustig, als Opa Mürkelmeier und Opa Pollich kamen, um mit meinem Opa Karten zu spielen. Oma machte inzwischen Brote. Und die drei Opas spielten und wurden ganz froh.

Da fiel mir noch etwas ein. Noch einmal versuchst du es mit der Höflichkeit, dachte ich. Ich ging um den Tisch und sah in die Karten der anderen. Dann kam ich zu meinem Opa und flüsterte ihm ins Ohr: «Opa Mürkelmeier hat einen König, zwei Buben und zwei Asse, und Opa Pollich hat zwei Damen und alle Herzen außer neun und sieben.»

Opa Mürkelmeier hieb mit der Faust auf den Tisch. «Nun wird es aber Tag in der Pudelmütze!» rief er böse und so laut, dass die Scheibe brummte. «Erst gibt der Lauser mir nicht die Hand und ist stumm wie ein Fisch, und dann verrät er meine Karten!» Opa Pollich war ganz seiner Meinung, und mein Opa hatte große Mühe, um die anderen zu überzeugen, dass er davon nichts gewusst hat. Er war ganz bekümmert. «Mit dem Jungen ist irgend etwas los, den ganzen Tag macht er nur Unsinn, und jetzt verdirbt er noch unser schönes Kartenspiel. Alfons, geh raus!»

Ich ging in die Küche und legte Wurst auf die Brote. Dann ging ich schlafen. Ich hörte es mit der besonderen Höflichkeit auf, und nun wurde es wie früher. Wir verstanden uns, und es war schön bei Oma und Opa.

Nur als ich schon zu Hause war, zeigte mir Mama eine Postkarte. Ich erkannte darauf Omas Handschrift. «Was heißt das?» fragte Mama und las mir vor:

Alfons geht es gut. Aber irgend etwas stimmt mit ihm nicht.

Er ist so komisch und nicht nett. Aber vielleicht gibt er sich nur den Anschein…

Dann sagte sie noch: „Vielleicht warst du nicht höflich, mein Junge. Habe ich dir nicht gesagt, dass du höflich sein sollst? Wann lernst du das endlich?“

Das hat man nun davon, wenn man besonders höflich sein will.

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