Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:

Spieltheorie_WS1213

.pdf
Скачиваний:
13
Добавлен:
21.03.2016
Размер:
2.44 Mб
Скачать

4.4. WIEDERHOLTE SPIELE

 

99

 

 

 

Petra

 

 

 

 

 

Boxkampf

Ballett

 

 

 

 

 

 

Boxkampf

(2, 1)

(0, 0)

 

Peter

 

 

 

 

Ballett

(0, 0)

(1, 2)

 

 

 

 

 

Abbildung 4.11: Ergebnismatrix in Battle of the sexes

 

 

Peter

1

 

2

= 3p1p2 − p1 − p2 + 1

 

(4.5)

E

u

 

= p

[p

 

· 2 + (1 − p2)

· 0] + (1 − p1) [p2

· 0 + (1 − p2) · 1]

 

 

 

Petra

2

 

1

= 3p1p2 12

(p1 + p2) + 2

 

(4.6)

E

u

 

= p

[p

 

· 1 + (1 − p ) · 0] + (1 − p2) [p1

· 0 + (1 − p1) · 2]

 

Peters Reaktionsfunktion p1 (p2) l¨asst sich ableiten, wenn man sich vor Augen h¨alt, wie eine marginale Variation von p1 auf seinen Erwartungsnutzen wirkt:

∂E

uPeter

 

= 3p2 − 1

= 0

f¨ur p2

= 1/3

p1 (0, 1)

(4.7)

 

 

 

 

 

> 0

f¨ur p2

> 1/3

setze p1

= 1

 

 

∂p1

 

< 0

f¨ur p2 < 1/3

setze p1

= 0

 

Analog ergibt sich f¨ur Petra

 

 

 

 

 

 

∂E

uPetra

 

= 3p1 − 2

= 0

f¨ur p1

= 2/3

p2 (0, 1)

(4.8)

 

 

 

 

 

> 0 f¨ur p1

> 2/3

setze p2

= 1

 

 

∂p2

 

< 0

f¨ur p1 < 2/3

setze p2

= 0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 4.12 auf der n¨achsten Seite zeigt die Reaktionsfunktionen 4.7 und 4.8 in einem Quadranten.

Wird dieses Spiel zwei Mal gespielt, sind mehrere teilspielperfekte Strategiekombinationen denkbar. Zun¨achst wird die Kombination der folgenden

Rotationsstrategien

betrachtet. Peter und Petra: ”Gehe zum Boxkampf in Spiel 1 und ins Ballett in Spiel 2, egal was in Spiel 1 herauskam.” Wenn beide dieser Strategie folgen, ist die erwartete durchschnittliche Auszahlung f¨ur beide

100

KAPITEL 4. NICHTKOOPERATIVE SPIELE II

Abbildung 4.12: Battle of the sexes: Nash-Gleichgewichte in reinen und gemischen Strategien

(2 + 1)/2 = 3/2.1 Die beiden Strategienkombinationen sind ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht, weil in beiden Teilspielen ein Nash-Gleichgewicht erzielt wurde. Selbstverst¨andlich tri t dies auch zu f¨ur die umgekehrte Rotationsstrategie, dass beide zun¨achst in das Ballett gehen und in Spiel 2 zum Boxkampf.

Ebenfalls eine Abfolge von Nash-Gleichgewichten sind die

Unkonditionalen Strategien

Peter und Petra: ”Gehe sowohl in Spiel 1 als auch in Spiel 2 zum Boxkampf” sowie Peter und Petra: ”Gehe sowohl in Spiel 1 als auch in Spiel 2 zum Ballett.” Die erwarteten Auszahlungen sind hier (2, 1) bzw. (1, 2). Ferner k¨onnen Peter und Petra in beiden Spielen die

Gemischten Strategien

spielen, n¨amlich Peter: ”Gehe in beiden Spielen mit der Wahrscheinlichkeit 2/3 zum Boxkampf und mit der Wahrscheinlichkeit 1/3 zum Ballett.” Petra: ”Gehe in beiden Spielen mit der Wahrscheinlichkeit 1/3 zum Boxkampf und mit der Wahrscheinlichkeit 2/3 zum Ballett.” Die erwarteten Auszahlungen sind hier f¨ur beide 2/3.

Die Beispiele machen das Prinzip deutlich: In einem endlich wiederholten Spiel mit multiplen one-shot Nash-Gleichgewichten sind alle denkbaren Abfolgen dieser Gleichgewichte ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht.

Die drei one-shot Gleichgewichte seien wie folgt bezeichnet: {Boxkampf, Boxkampf} = α, {Ballett, Ballett} = β und {Mix, Mix} = γ. Dann gibt es in zwei Run-

den 32 = 9 teilspielperfekte Nash-Gleichgewichte, die in Abbildung 4.1 auf

1Die Verwendung durchschnittlicher Auszahlungen (anstelle von Auszahlungssummen) ist f¨ur das Argument in keiner Weise zwingend, erleichtert aber den unmittelbaren Vergleich der Strategien in der Darstellung des one-shot game.

4.4. WIEDERHOLTE SPIELE

101

der n¨achsten Seite aufgelistet sind. In der untersten Zeile sind die erwarteten durchschnittlichen Auszahlungen dieser Kombinationen f¨ur Petra und Peter enthalten. Allgemein gibt es in einem W mal wiederholten Spiel mit G oneshot Gleichgewichten GW teilspielperfekte Gleichgewichtspfade dieser Art.

 

 

1

2

3

4

5

6

7

8

9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Spiel 1

 

α

β

γ

α

α

β

β

γ

γ

Spiel 2

 

α

β

γ

β

γ

α

γ

α

β

Ergebnis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Peter

 

2

1

2/3

3/2

4/3

3/2

5/6

4/3

5/6

Petra

 

1

2

2/3

3/2

5/6

3/2

4/3

5/6

4/3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tabelle 4.1: Battle of the sexes: Teilspielperfekte Nash-Gleichgewichte uber¨ zwei Runden

Die Vektoren der durchschnittlichen Auszahlungen sind in Abbildung 4.13 dargestellt. Die Fl¨ache der m¨oglichen Punkte, die sich durch verschiedene Linearkombinationen der Ergebnisvektoren f¨ur zwei Spielrunden ergeben, ist blau eingef¨arbt und zeigt die m¨ogliche L¨osungsmenge f¨ur eine beliebig hohe Zahl von Wiederholungen.

Abbildung 4.13: Ergebnisvektoren f¨ur teilspielperfekte Nash-Gleichgewichte in Battle of the Sexes.

Damit k¨onnen wir das folgende Ergebnis festhalten:

Folk Theorem f¨ur endlich wiederholte 2-Personen Spiele: Angenommen, ein one-shot game habe einen gleichgewichtigen Auszahlungsvektor,

102

KAPITEL 4. NICHTKOOPERATIVE SPIELE II

der einen Vektor mit minimalen Auszahlungen m f¨ur alle Spieler dominiert. Dann sind im Limit f¨ur sehr h¨aufige Wiederholungen alle individuell rationalen und m¨oglichen Auszahlungen als durchschnittliche Auszahlungen eines teilspielperfekten Gleichgewichts m¨oglich.

Dieses Ergebnis heißt Folk-Theorem, weil es (zusammen mit einem analogen Ergebnis f¨ur unendlich oft wiederholte Spiele) unter Spieltheoretikern (also den ”game theory folks”) lange bekannt war, bevor es bewiesen wurde. Ein rigoroser Beweis und auch eine Erweiterung auf Spiele mit mehr als zwei Personen finden sich in Benoit/Krishna (1985).

Gerade war die Rede von teilspielperfekten Gleichgewichtspfaden ”dieser Art” von Gleichgewichten. Dies impliziert nat¨urlich, dass es noch eine andere Art von Gleichgewichten geben kann. In der Tat kann man zeigen, dass in einem wiederholten Spiel mit multiplen one-shot Gleichgewichten eine in einem one-shot game nicht gleichgewichtige Strategienkombination Teil einer teilspielperfekten Abfolge von Strategiekombinationen werden kann – wobei die Betonung hier auf ”kann” liegt. Zur Illustration sei das 2-Personen-Spiel mit drei reinen Strategien in Abbildung 4.14 betrachtet.1

Abbildung 4.14: Normalform eines Gefangenendilemmas mit zus¨atzlichem Nash-Gleichgewicht.

Eine kurze Pr¨ufung des Optimalverhaltens beider Spieler macht klar, dass es in diesem Spiel zwei Nash-Gleichgewichte in reinen Strategien gibt, n¨amlich {A1, A2} und {C1, C2}. Man beachte, dass das Spiel ohne die Strategien C ein Gefangenendilemma abbildet, dessen e ziente L¨osung (4, 4) in einem endlich oft wiederholten Spiel kein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht sein kann. Wenn das Spiel jedoch zwei Mal gespielt wird, so ist die folgende

Trigger-Strategie

ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht: Spieler 1 und Spieler 2: Spiele Strategie Ci, i = 1, 2 in Runde 2, wenn in Runde 1 {B1, B2} gespielt wurde und Ai in allen anderen F¨allen.

Wenn beide Spieler von dieser Strategie ausgehen, ist (4, 4) in Runde 1 rationalisierbar und damit teilspielperfekt, auch wenn es kein Nash-Gleichgewicht

1Dieses Beispiel ist entnommen aus Gibbons (1992), S. 85.

4.4. WIEDERHOLTE SPIELE

103

des zugrunde liegenden one-shot game ist. Der Unterschied zum einfachen Gefangenendilemma besteht darin, dass ein weiteres Nash-Gleichgewicht zur Verf¨ugung steht, und es daher eine glaubw¨urdige Alternative zum ineffizienten Nash-Gleichgewicht {A1, A2} gibt. Deshalb ist auch die genannte Trigger-Strategie als ganzes glaubw¨urdig, w¨ahrend in einem reinen Gefangenendilemma die (bedingte) Ank¨undigung einer Abweichung vom einzigen Nash-Gleichgewicht nicht glaubw¨urdig ist.

Nat¨urlich lassen sich auch andere teilspielperfekte Gleichgewichte finden, so dass die Theorie nur auf eine M¨oglichkeit, nicht aber auf eine eindeutige L¨osung des Spiels hinweist.

Zusammenfassend l¨asst sich festhalten, dass bei endlich wiederholten Spielen mit mehr als einem Nash-Gleichgewicht des one-shot game das L¨osungskonzept des teilspielperfekten Nash-Gleichgewichts nicht sehr trennscharf ist, sondern schon in relativ einfachen Situationen eine Vielzahl von Gleichgewichten zul¨asst. Da es kein enger gefasstes und dennoch plausibles L¨osungskonzept gibt, kann die Spieltheorie in aller Regel also den M¨oglichkeitenraum f¨ur gleichgewichtige L¨osungen nur einschr¨anken, reicht aber nicht aus, um eine konkrete Antwort geben zu k¨onnen. Immerhin ist es ja auch ein keineswegs triviales Ergebnis, dass es unterschiedliche rationalisierbare und teilspielperfekte Strategiekombinationen geben kann.

4.4.4Unendlich oft wiederholte Spiele

Intuitiv leuchtet es wenig ein, dass es einen Unterschied machen soll, ob eine Situation endlich, aber beliebig oft wiederholt wird, oder ob man von einer unendlichen Zahl von Wiederholungen ausgeht. Auf der theoretischen Ebene ist dieser Unterschied jedoch von großer Bedeutung. Die Intuition f¨ur die Relevanz dieses Unterschieds besteht darin, dass bei unendlicher Wiederholung die

Logik der R¨uckw¨artsinduktion, wie sie f¨ur die Ermittlung des teilspielperfekten Nash-Gleichgewichts benutzt wurde, nicht mehr angewendet werden kann. Es gibt einfach keine letzte Runde, f¨ur die sich ein Reputationsaufbau nicht mehr lohnt und daher unglaubw¨urdig ist.

F¨ur die Darstellung der Theorie unendlich wiederholter Spiele wird zun¨achst das Konzept der Diskontierung zuk¨unftiger Ertr¨age und einer durchschnittlichen Auszahlung in einem unendlich wiederholten Spiel eingef¨uhrt. Danach wird das Folk-Theorem f¨ur unendlich wiederholte Spiele genannt und schließlich mit Hilfe des unendlich wiederholten Gefangenendilemmas illustriert.

Diskontierung, ungewisses Spielende und durchschnittliche Auszahlungen

Der f¨ur unendlich wiederholte Spiele entscheidende Zusammenbruch der R¨uckw¨artsinduktion macht bereits deutlich, dass diese Situation durchaus realistisch

104

KAPITEL 4. NICHTKOOPERATIVE SPIELE II

sein kann. Denn vielfach kann man zwar nicht davon ausgehen, dass sich eine Situation buchst¨ablich unendlich oft wiederholt. Es gen¨ugt f¨ur den Zusammenbruch der Logik der R¨uckw¨artsinduktion jedoch, wenn unbekannt ist, welches die letzte Runde sein wird, das Spiel also zu jedem Entscheidungszeitpunkt noch weiter gehen k¨onnte. Insofern d¨urfte diese Situation oft eine sehr viel n¨utzlichere Approximation an die Realit¨at sein als ein sehr h¨aufig, aber endlich wiederholtes Spiel.1

Dieser Punkt kann etwas pr¨aziser gefasst werden: Ein m¨oglicherweise unendlich wiederholtes, dennoch faktisch endliches Spiel, kann so verstanden werden, dass jede gegebene Wiederholung mit einer exogenen Wahrscheinlichkeit p die letzte war – ein entsprechender Zufallsgenerator verk¨undet nach jeder Runde die Entscheidung. In der n¨achsten Periode t + 1 wird daher die dann zu erwartende Auszahlung ut+1 nur mit der Wahrscheinlichkeit 1 − p realisiert. Abgezinst auf die aktuelle Periode t mit der Zeitpr¨aferenzrate ρ, ist der erwartete Gegenwartswert dieser Auszahlung daher (1 − p) β · ut+1 mit β ≡ 1/(1 + ρ) < 1. F¨ur ein potentiell unendlich oft wiederholtes Spiel kann der Gegenwartswert der Auszahlungen ab Periode t daher geschrieben werden als

 

 

ut + (1 − p) βut+1 + (1 − p)2

X

 

β2ut+2 + ... = (1 − p)i βiut+i

(4.9)

 

i=0

 

bzw. f¨ur δ ≡ (1 − p) β = 1−p

 

 

1+ρ

 

 

 

 

ut + (1 − p) βut+1 + (1 − p)2 β2ut+2 + ... = δiut+i

(4.10)

X

i=0

Damit ist gezeigt, dass ein unsicherer Endzeitpunkt einfach durch eine ”st¨arkere Diskontierung” der zuk¨unftigen Auszahlungen abgebildet werden kann. Diese Situation ist also konzeptionell n¨aher an einem unendlich wiederholten Spiel als an einem endlich oft wiederholten Spiel.

Die Berechnung der unendlichen Summe in 4.9 kann in konkreten Anwendungen durchaus aufw¨andig sein. Ein einfacher Spezialfall liegt aber vor, wenn die zuk¨unftigen Auszahlungen gleich bleiben, d.h. f¨ur ut = u¯ t. In diesem Fall ist der Gegenwartswert des unendlichen Auszahlungsstroms gegeben durch

 

 

 

 

X

δi = u¯ 1 + δ + δ2

 

 

(4.11)

+ ... =

 

 

 

− δ

i=0

 

1

 

 

 

 

 

 

1Ariel Rubinstein weist darauf hin, dass die Modellierungsentscheidung zwischen endlich und unendlich oft wiederholtem Spiel nicht so sehr die tats¨achliche Situation reflektieren sollte als vielmehr die Wahrnehmung der Spieler. Selbst bei einer ex ante auf nur 20 Wiederholungen begrenzten Spielsituation ist es in Experimenten oft beobachtbar, dass Probanden zu Beginn die letzten Perioden kaum wirklich ber¨ucksichtigen – sich also so verhalten, als ob eine unendlich oft wiederholte Spielsituation vorl¨age. Vgl. hierzu (und zur Interpretation die abgedruckte Diskussion zwischen den beiden Autoren) in Osborne/Rubinstein (1994), p. 134-136.

4.4. WIEDERHOLTE SPIELE

105

Die letzte Schreibweise in 4.11 verwendet die Summenformel f¨ur eine unendliche geometrische Reihe.

Um eine Vergleichbarkeit des Auszahlungsstroms eines unendlich wiederholten Spiels mit den zugrunde liegenden one-shot games herzustellen, ist es sinnvoll, eine durchschnittliche Auszahlung zu definieren. Mit Hilfe der

beiden letzten Gleichungen ist dies sehr einfach m¨oglich. Da der Gegenwarts-

wert einer zeitvariablen Auszahlungsreihe gegeben ist durch P δiut+i und der-

i=0

jenige einer konstanten Auszahlung in H¨ohe von u¯ durch u¯/(1 − δ), muss gelten, dass

X

u¯ = (1 − δ)

δiut+i.

(4.12)

 

i=0

 

Das Folk-Theorem f¨ur unendlich wiederholte Spiele

Nach diesen Vorbemerkungen kann nun die f¨ur unendlich wiederholte Spiele geltende Version des Folk-Theorems aufgeschrieben werden.

Wenn der Diskontfaktor β inl¨anglich nahe bei Eins und die Wahrscheinlichkeit p, dass das Spiel in der n¨achsten Periode endet, hinl¨anglich nahe bei Null liegen, dann gilt:

a)Jede Kombination Nash-gleichgewichtiger Auszahlungsvektoren des zugrunde liegenden one-shot games kann in einem unendlich wiederholten Spiel als durchschnittliche Auszahlung eines teilspielperfekten NashGleichgewichts resultieren.

b)Dar¨uber hinaus k¨onnen durch das Spielen von Triggerstrategien alle m¨oglichen Auszahlungsvektoren als durchschnittliche Auszahlungen eines teilspielperfekten Gleichgewichts resultieren, die den minimalen Auszahlungsvektor m ubersteigen¨. Insbesondere k¨onnen e ziente Auszahlungsvektoren teilspielperfekte Nash-Gleichgewichte sein.

Anstelle eines allgemeinen Beweises wird gleich ein Beispiel die Logik des Folk-Theorems verdeutlichen. Gegen¨uber dem Folk-Theorem f¨ur endlich wiederholte Spiele ist vor allem zu beachten, dass durch die Tatsache der unendlichen Wiederholung f¨ur eine Vielzahl von m¨oglichen teilspielperfekten L¨osungen nicht mehr eine Multiplizit¨at von Gleichgewichten im zugrunde liegenden one-shot game notwendig ist. Damit wird die Vorhersagekraft des L¨osungskonzepts des teilspielperfekten Gleichgewichts noch geringer als im Fall endlich oft wiederholter Spiele. W¨ahrend dort wenigstens im Fall eindeutiger NashGleichgewichte im one-shot game noch ein eindeutiges teilspielperfektes Gleichgewicht resultierte, ist dies bei unendlich wiederholten Spielen nicht mehr der Fall.

106

KAPITEL 4. NICHTKOOPERATIVE SPIELE II

Gleichgewichte beim unendlich wiederholten Gefangenendilemma

Eine einfache und sehr n¨utzliche Illustration f¨ur das Folk-Theorem ist die Analyse des unendlich wiederholten Gefangenendilemmas. Da hier die negativen Auszahlungen des Beispiels in Abbildung 3.3 auf Seite 60 didaktisch eher hinderlich sind, wird nachfolgend die folgende (aus Abbildung 4.14 auf Seite 102 ubernommene)¨ Auszahlungsmatrix zugrunde gelegt.

Abbildung 4.15: Auszahlungsmatrix eines Gefangenendilemmas

Selbstverst¨andlich ist die unendliche Abfolge des (ine zienten) Nash-Gleichgewichts {A1, A2} ein teilspielperfektes Gleichgewicht, und somit auch im Rahmen eines unendlich wiederholten Spiels eine m¨oglich L¨osung.

Allerdings kann auch die e ziente, aber nicht Nash-gleichgewichtige Strategienkombination {B1, B2} ein teilspielperfektes Gleichgewicht sein, wie im Folgenden gezeigt wird. Angenommen, beide Spieler verhalten sich gem¨aß der

Trigger-Strategie (grim strategy): Spiele Bi in der ersten Runde. Spiele

Bi in allen sp¨ateren Runden, wenn der (die) andere(n) Spieler Bi in allen vorangegangenen Runden spielte(n). Andernfalls spiele Ai in allen folgenden Runden.

Diese Strategie nennt man grim strategy, da hier eine ”grausame” bzw. ”unbeugsame” Bestrafung des (der) anderen Spieler erfolgt, wenn diese(r) einmal nicht die e ziente kooperative Strategie spielte(n). Man kann sich nun vor Augen f¨uhren, unter welchen Umst¨anden, die grim strategy die e ziente Strategienkombination unterst¨utzt.

Wenn die Strategie funktionieren w¨urde, so w¨are die Auszahlung in jeder Periode bei 4, was dann nat¨urlich die durchschnittliche Auszahlung des unendlich wiederholten Spiels w¨are. Wenn uberhaupt¨ ein Abweichen sinnvoll ist, dann gleich zu Beginn des Spiels. Der Grund daf¨ur ist einfach: Mehr als ein Mal kann ein Spieler den h¨oheren payo (5 anstelle von 4) unter der grim strategy ohnehin nicht realisieren, und dieser hat gleich zu Beginn den h¨ochsten Gegenwartswert. Die Auszahlungsreihe betr¨agt dann zun¨achst 5, danach 1 f¨ur alle weiteren Runden. Unter Beachtung von (4.12) ist der Gegenwartswert der

4.5. ANWENDUNGEN

107

durchschnittlichen Auszahlung in diesem Fall gegeben durch

(1 − δ) [5 + δ · 1 + δ2 · 1 + δ3 · 1 + ...] = (1 − δ) [4 + 1 + δ + δ2 + δ3 + ...]

1

= (1 − δ) 4 + 1−δ = 4 − 4δ + 1 = 5 − 4δ

(4.13) Dieser Durchschnittswert der Auszahlungsreihe bei non-kooperativem

Verhalten ist weniger wert als die durchschnittliche Auszahlung bei kooperativem Verhalten, wenn

4 > 5 − 4δ δ >

1

.

(4.14)

4

 

 

 

Wenn diese Bedingung erf¨ullt ist, so ist die kooperative Strategienkombination ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht. (4.14) konkretisiert f¨ur das vorliegende Beispiel die bei der Formulierung des Folk-Theorems gestellte Anforderung bzgl. der Diskontrate, die ”hinl¨anglich nahe bei Eins” liegen muss. Nat¨urlich ist f¨ur eine gegebene Zeitpr¨aferenzrate und Wahrscheinlichkeit der Beendigung des Spiels Kooperation umso eher ein Gleichgewicht, je h¨oher der Kooperationsgewinn der konkreten Situation ist und je niedriger der einmalige Gewinn bei Abweichung vom kooperativen Gleichgewicht ist.

Die skizzierte grim strategy ist eine zwar m¨ogliche Verhaltensweise, nicht aber notwendigerweise sehr plausibel, da die ”Bestrafung auf ewig” nach einer schlechten Erfahrung keinerlei M¨oglichkeit o en l¨asst, zur kooperativen L¨osung zur¨uckzukehren – und die w¨are ja auch f¨ur den einmal Betrogenen prinzipiell w¨unschenswert.

Eine mildere Form w¨are die folgende

Trigger-Strategie (tit for tat1): Spiele Bi in der ersten Runde. Spiele Bi in allen sp¨ateren Runden, wenn der (die) andere(n) Spieler Bi in der vorangegangenen Runde spielte(n). Andernfalls spiele Ai.

Es leuchtet sofort ein, dass in diesem Fall ebenfalls Kooperation ein teilspielperfektes Gleichgewicht sein kann. Dar¨uber hinaus ist tit for tat unter der Bedingung 4.14 beobachtungs¨aquivalent mit der grim strategy.

4.5Anwendungen

4.5.1Oligopol III: Die Stackelberg-L¨osung

In diesem Abschnitt wird noch einmal das homogene Duopolmodell aus Abschnitt 3.7.1 auf Seite 71 aufgegri en. W¨ahrend dort ein statisches Spiel zwischen den beiden Duopolisten modelliert wurde, wird nun jedoch eine sequentielle Struktur angenommen und damit ein dynamisches Spiel betrachtet. Die beiden Duopolisten spielen jeweils nur eine Runde, so dass es sich um

1

¨

 

Die sinngem¨aße deutsche Ubersetzung davon ist ”Wie Du mir, so ich Dir.”

108

KAPITEL 4. NICHTKOOPERATIVE SPIELE II

ein dynamisches one-shot game handelt. Das unterstellte Timing ist in Abbildung 4.16 auf der n¨achsten Seite zu sehen.

Abbildung 4.16: Timing im Stackelberg-Duopol.

Diese zeitliche Struktur impliziert eine gegen¨uber dem statischen Spiel

¨

deutlich andere L¨osung, die in der Literatur (zu Ehren des Okonomen Heinrich von Stackelberg) als Stackelberg-L¨osung eines homogenen Duopols bezeichnet wird.

Duopolist 1 ist in Abbildung 4.16 in der Position eines Stackelberg-F¨uhrers, Duopolist in der eines Stackelberg-Folgers. Letzterer nimmt die von Duopolist 1 gesetzte Menge als exogenes Datum hin und optimiert unter dieser Restriktion. Der Stackelberg-F¨uhrer antizipiert diese Verhaltensweise des StackelbergFolgers.

Der Einfachheit halber werden wie bereits in Abschnitt 3.7.1 auf Seite 71 die lineare Nachfragefunktion 3.18 sowie identische und konstante Grenzkosten angenommen. Die L¨osung erfolgt nun entlang des Zeitstrahls in Abbildung 4.16 per R¨uckw¨artsinduktion.

Die Gewinnfunktion des Duopolisten 2 ist durch Gleichung (3.20) gege-

¨

 

ben, die hier der besseren Ubersichtlichkeit wegen noch einmal aufgeschrieben

werden soll:

 

Π2 = [a − b (x1 + x2)] · x2 − cx2

(4.15)

Diese Funktion wird uber¨ x2 optimiert, wobei die Menge des Konkurrenten als Datum betrachtet wird. Dies f¨uhrt zu der bereits als Gleichung (3.22) abgeleiteten Reaktionsfunktion

x2 =

a − c

1

x1.

(4.16)

2b

 

2

 

 

 

 

Diese Verhaltensweise des Stackelberg-Folgers wird nun durch den Stackelberg- F¨uhrer in Rechnung gestellt. Seine Gewinnfunktion ist dementsprechend gegeben durch

Π1 = [a − b (x1 + x2)] · x1 − cx1.

(4.17)

Einsetzen von (4.16) in (4.17) f¨uhrt zu

 

 

 

 

Π1 =

a − c

b 2

 

 

x1

 

x1

(4.18)

2

2

In dieser Schreibweise h¨angt der Gewinn des Stackelberg-F¨uhrers nur noch von dessen Handlungsvariable x1 sowie exogenen Parametern ab, wobei jedoch die Verhaltensweise des Konkurrenten ber¨ucksichtigt ist.

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]