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Spieltheorie_WS1213

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3.6. EXISTENZ VON NASH-GLEICHGEWICHTEN

69

Wahrscheinlichkeitsverteilungen ermittelt wurden, es hier aber ganz allgemein um die Auspr¨agung einer beliebigen Strategievariablen geht.

Die Gleichungen (3.9) und (3.10) stellen nun ein 2-Gleichungssystem in den beiden Unbekannten s1 und s2 dar, das sich mit den ublichen¨ Regeln der Algebra aufl¨osen l¨asst. In dieser allgemeinen Form ist es nat¨urlich durchaus denkbar, dass es mehrere L¨osungen des Gleichungssystems gibt – in diesem Fall gibt es dann eben mehrere Nash-Gleichgewichte. Man spricht dann davon, dass das Spiel durch multiple Gleichgewichte gekennzeichnet ist.

Es leuchtet unmittelbar ein, dass das gezeigte L¨osungsprinzip auch auf Viel- Personen-Spiele mit I Spielern ausgedehnt werden kann. In dem Fall gibt es eben I Reaktionsfunktionen der Gestalt

∂ui (·)

= 0 si (si, ...) i = 1, ..., I

(3.11)

 

∂si

 

und damit ein I-dimensionales Gleichungssystem zur Berechnung der I gleichgewichtigen Strategien.

3.6Existenz von Nash-Gleichgewichten

Die in Abschnitt 3.5 auf der vorherigen Seite geschilderte Methode zur Berechnung von Nash-Gleichgewichten ist deutlich allgemeiner als die zuvor ange-

¨

stellten Uberlegungen zur Identifikation eines Nash-Gleichgewichts. Allerdings stellt zun¨achst nichts sicher, dass es ein Nash-Gleichgewicht tats¨achlich gibt. Daher wird in diesem Abschnitt kurz gezeigt, unter welchen Umst¨anden die Existenz eines Nash-Gleichgewichts gesichert ist.

Zun¨achst sei das Ergebnis vorweggenommen in dem folgenden

Theorem (Existenz von Nash-Gleichgewichten): In einem Spiel mit I Personen und begrenztem Strategienraum Si f¨ur alle Spieler i = 1, ..., I sowie in der jeweils eigenen Strategie zweifach stetig di erenzierbaren und konkaven Auszahlungsfunktionen ui (si, ...) existiert immer ein Nash-Gleichgewicht, m¨oglicherweise in gemischten Strategien.

Folgende Anmerkungen zu diesem Theorem sind angebracht:

Der ”begrenzte Strategienraum” schließt nicht aus, dass die Strategievariablen stetig variiert werden kann, verlangt aber, dass es f¨ur die Auspr¨agung der Strategievariablen endliche Oberund Untergrenzen gibt.

Das Theorem macht keinerlei Aussage dazu, ob unter den genannten Bedingungen ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht existiert.

Das Theorem sagt nichts uber¨ die Existenz von Nash-Gleichgewichten, wenn die Auszahlungsfunktion nicht konkav in der Strategievariablen ist

70

KAPITEL 3. NICHTKOOPERATIVE SPIELE I

und wenn der Strategienraum unbegrenzt ist. Ein ganzer Zweig der Spieltheorie ist damit besch¨aftigt, immer feinere Existenzbeweise f¨ur NashGleichgewichte unter etwas weniger stringenten Bedingungen zu formulieren. Da diese Ergebnisse allerdings wenig anwendungsbezogen sind, werden wir uns damit nicht weiter befassen.

Das Theorem gilt auch f¨ur Gleichgewichte in gemischten Strategien, wobei hier auf die Details der Anforderungen an Strategienraum und Auszahlungsfunktion f¨ur den Existenzbeweis verzichtet werden soll.

Um das Theorem (f¨ur das Beispiel eines 2-Personen-Spiels) zu beweisen, machen wir uns zun¨achst klar, dass durch die Optimalit¨atsbedingungen ∂u1/∂s1 = 0 und ∂u2/∂s2 = 0 die beiden Reaktionsfunktionen definiert sind, die nun mit

r1 (s2) und r2 (s1) bezeichnet werden. Es ist hier explizit nur darauf abgestellt, dass die Strategie des anderen die eigene optimale Strategie beeinflusst; andere Einflussgr¨oßen auf die Reaktionsfunktionen sind m¨oglich, hier aber nicht weiter interessant.

Die beiden Reaktionsfunktionen k¨onnen nun in einer Vektorfunktion r zusammengefasst werden:

r = [r1 (s2) , r2 (s1)] = r (s) mit s = [s1, s2]

(3.12)

Das Nash-Gleichgewicht s = [s1, s2] ist nun dadurch definiert, dass s1 = r1 (s2) und s2 = r2 (s1). In Vektorschreibweise l¨asst sich dies zusammenfassen als

s = r (s ) .

(3.13)

Die Funktion r bildet also das Argument auf sich selbst ab. Einen solchen Punkt bezeichnet man als Fixpunkt einer Funktion. Nun w¨are noch zu zeigen, dass die Funktion r (s) unter den getro enen Annahmen einen Fixpunkt aufweist. Hierbei hilft uns das folgende

Fixpunkttheorem: Wenn r (s) eine kontinuierliche Funktion auf einem begrenzten Intervall ist, dann weist r (s) einen Fixpunkt auf, f¨ur den gilt, dass s = r (s) .

Geometrisch bedeutet das Fixpunkttheorem, dass sich die Funktionen r1 (s2) und r2 (s1) in mindestens einem Punkt schneiden m¨ussen. Das Fixpunkttheorem selbst soll hier nicht bewiesen werden; vielmehr soll mit Hilfe der Abbildung 3.10 auf der n¨achsten Seite anhand zweier fallender Reaktionsfunktionen die Idee eines Fixpunktes grafisch verdeutlicht werden.

3.7Weitere Anwendungen

In diesem Abschnitt werden nun einige konkrete okonomische¨ Beispiele f¨ur statische Spiele mit vollst¨andiger Information er¨ortert.

3.7. WEITERE ANWENDUNGEN

71

s1

s1

s2 (s1 )

s2 (s1 )

s1 (s2 ) S*

s1 (s2 ) R (S* )

R

 

s2

s2

Abbildung 3.10: Die Fixpunkteigenschaft der Reaktionsfunktionen in einem 2-Personen-Spiel

3.7.1Oligopol I: Das Cournot-Modell

Ein Oligopol ist ein Markt mit wenigen Anbietern; diese haben somit Marktmacht, die jedoch durch die Existenz der Konkurrenten eingeschr¨ankt wird. Es wird hier der Fall eines homogenen Duopols besprochen, d.h. es m¨oge nur zwei Anbieter geben – was f¨ur die Analyse der strategischen Interaktion zwischen diesen Anbietern v¨ollig ausreicht. Diese produzieren ein Gut, das aus der Sicht der (atomistischen) Konsumenten v¨ollig gleichwertig ist.

Die Duopolisten produzieren die Mengen x1 und x2 eines Gutes. Die produzierte Menge ist die relevante Strategievariable.1 Die gemeinsam produzierte Menge ist gegeben durch x ≡ x1 + x2. Die Nachfragekurve ist aufgrund der Homogenit¨at der Produkte ausschließlich von der Summe der beiden Produkte abh¨angig und durch

x = D (p)

(3.14)

gegeben, wobei p der Marktpreis des Gutes ist. Die inverse Nachfrage ist dann gegeben durch

p = D−1 (x) .

(3.15)

Die Kostenfunktionen der beiden Anbieter sind durch C1 (x1) und C2 (x2) gegeben, die Gewinnfunktionen sind daher

Π1

= p (x) · x1

− C1 (x1)

(3.16)

und

 

 

 

Π2

= p (x) · x2

− C2 (x2)

(3.17)

Die Reaktionsfunktionen ergeben sich nun durch Maximierung von (3.16) bzw. (3.17) uber¨ die jeweiligen Produktionsmengen x1 und x2.

1Es w¨are logisch vielleicht konsistenter, diese weiterhin mit s zu bezeichnen. Lange Gew¨ohnung spricht aber f¨ur die hier gew¨ahlte Notation.

72

KAPITEL 3. NICHTKOOPERATIVE SPIELE I

Die denkbar einfachste Spezifikation ist eine lineare (inverse) Nachfragefunktion der Gestalt

p = a − bx, a, b > 0

(3.18)

sowie die Annahme identischer und konstanter Grenzkosten in H¨ohe von c, wobei angenommen werden muss, dass c < a.

In diesem Fall konkretisiert sich (3.19) zu

Π1 = [a − b (x1 + x2)] · x1 − cx1 = (a − c) x1 − bx1x2 − bx12

(3.19)

und

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Π2 = [a − b (x1 + x2)] · x2 − cx2

 

 

 

(3.20)

Maximierung von Π1 uber¨ x1 f¨uhrt zu

 

 

 

 

 

∂Π1

= (a − c) − bx2 − 2bx1 = 0 x1 =

a − c

 

1

x2

(3.21)

 

∂x1

2b

2

 

 

 

 

 

Diese Gleichung ist die Reaktionsfunktion des Anbieters 1. V¨ollig analog ergibt sich die Reaktionsfunktion des Anbieters 2 als

x2 =

a − c

 

1

x1

x1

=

a − c

 

− 2x2

(3.22)

2b

2

b

 

 

 

 

 

 

 

Die zweite Schreibweise dient nur dazu, (3.21) und (3.22) in ein Diagramm einzuzeichnen, was in Abbildung 3.11 geschieht.

x1

RF des 2

Cournot-Nash-GG

RF des 1

x2

Abbildung 3.11: Das Cournot-Duopolmodell

Das Nash-Gleichgewicht liegt im Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunk-

tionen und ist in diesem Fall eindeutig. Die Bezeichnung

”Cournot-Nash-

¨

 

1

,

Gleichgewicht” ehrt sowohl den franz¨osischen Okonomen Auguste Cournot

 

1Vgl. Cournot (1838)

3.7. WEITERE ANWENDUNGEN

73

der bereits im 19. Jhd. die hier vorgef¨uhrte ”klassische” Oligopoll¨sung entwickelte – und damit das Nash-Gleichgewichtskonzept gut 120 Jahre vor dessen allgemeiner Charakterisierung durch John Nash benutzte.1

Die gezeigte Konstruktion des Nash-Gleichgewichts setzt voraus, dass beide Anbieter ihre gewinnmaximale Menge w¨ahlen, dabei aber nicht wissen, wie viel der andere produziert, sondern nur davon ausgehen, dass der jeweils andere ebenfalls die f¨ur ihn gewinnmaximierende Menge anbieten wird. Wir werden in dem Kapitel uber¨ dynamische Spiele sehen, wie sich die Situation andert,¨ wenn sich ein Anbieter auf irgendeine spezifische Menge ex ante festlegen kann.

Die jeweiligen optimalen Mengen erh¨alt man durch die L¨osung des Gleichungssystems (3.21) und (3.22). Es ergibt sich

x = x = 1 (a − c)

1 2 3 b

und damit die Marktmenge

x = 2 (a − c) 3 b

sowie durch Einsetzen von (3.24 in (3.18) der Marktpreis

(3.23)

(3.24)

p =

1

(a + 2c) > c

(3.25)

3

 

 

 

Die behauptete Relation in (3.25) folgt aus der Annahme c < a, die notwendig ist f¨ur eine positive Menge.

Ein kurzer Vergleich mit der L¨osung bei einer Vielzahl von Anbietern (vollst¨andige Konkurrenz) ist hilfreich. Bei vollst¨andiger Konkurrenz f¨uhrt die Gewinnmaximierung zu einem Verhalten der einzelnen Anbieter, das daf¨ur sorgt, dass der Marktpreis gleich den Grenzkosten entspricht, bei konstanten und identischen Grenzkosten gilt also im Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz p = c. Die zu diesem Preis nachgefragte Menge (und auch bereitgestellte) Menge betr¨agt x = (a − c)/b – wie ein Blick auf die Nachfragefunktion (3.18) sofort zeigt. Damit beschr¨anken die Duopolisten die Menge relativ zur Konkurrenzl¨osung – auch ohne explizite Absprache.2

3.7.2Oligopol II: Das Bertrand-Modell

Das gerade vorgestellte Cournot-Modell f¨ur das Verhalten von Oligopolisten ist nicht die einzige denkbare und plausible Beschreibung der Situation weniger Akteure auf der Angebotsseite eines Marktes. Schon sehr fr¨uh hat J.

1John Nash erhielt f¨ur seine bahnbrechenden Arbeiten zur Spieltheorie zusammen mit R. Selten und J. Harsanyi den Nobelpreis f¨ur Wirtschaftswissenschaften.

2

¨

 

Es ist eine gute und sehr einfache Ubung, zu uberlegen,¨ wie die gemeinsame Gewinn-

maximierung aussieht. In diesem Fall geht man davon aus, dass die beiden Duopolisten ubereinkommen,¨ die Gewinnsumme maximieren.

74

KAPITEL 3. NICHTKOOPERATIVE SPIELE I

Bertrand (1883) darauf aufmerksam gemacht, dass eine relativ einfache Modifikation des Cournot-Modells gravierende Konsequenzen nach sich zieht. Wenn n¨amlich unterstellt wird, dass die Unternehmer nicht die Produktionsmenge, sondern den Absatzpreis als strategische Variable heranziehen, andern¨

sich die Ergebnisse stark – was auch Konsequenzen f¨ur die wohlfahrtstheoretische Beurteilung von Oligopolen hat und damit f¨ur die angemessene Wettbewerbspolitik.

Nehmen wir der Einfachheit halber wieder ein homogenes Duopol an.1 Diese Annahme stellt sicher, dass bei irgendwelchen Preisunterschieden die Nachfrage vollst¨andig zu dem billigeren Anbieter umschwenkt. F¨ur den Duopolisten 1 ergibt sich damit bei konstanten Grenzkosten in H¨ohe von c und in Abwesenheit von Fixkosten die folgende Gewinnfunktion

Π1 (p1, p2) =

(p1 − c) x (p1)/2

p1

= p2

(3.26)

 

 

 

(p1

− c) x (p1)

p1

< p2

 

 

 

 

0

p1

> p2

 

F¨ur den zweiten Anbieter

ergibt sich eine v¨ollig analoge Funktion.

 

 

 

 

 

 

 

 

In diesem einfachen Fall kann das Spiel uber¨ die Technik der Elimination dominierter Strategien gel¨ost werden – auch wenn die Strategievariable stetig variiert werden kann.

Angenommen, Anbieter 1 verlangt einen Preis p1 f¨ur den gilt, dass p2 > p1 > c. Dann ist klar, dass er den ganzen Markt an sich reißen kann und einen positiven Profit macht. Dies kann aber o ensichtlich kein Gleichgewicht sein, da Anbieter 2 sich besser stellt durch die Anpassung von p2 auf bzw. leicht unter die H¨ohe von p1. Anbieter 2 hat f¨ur p1 > c eine strikt dominante Strategie, n¨amlich seinen Preis unter p1 zu senken. Genau das gleiche gilt f¨ur Anbieter 1 f¨ur den Fall, dass p2 > c. Dieses Argument ist also solange richtig bis gilt, dass p1 = p2 = c, d.h. bis zu dem Punkt, in dem die Preise gleich den Grenzkosten sind. Bertrand-Wettbewerb in einem homogenen Duopolmarkt sorgt also f¨ur das gleiche Ergebnis wie die Marktform der vollst¨andigen Konkurrenz.

Wie beim Cournot-Modell des Duopols k¨onnten sich auch hier die beiden Anbieter durch Kooperation besser stellen. Bei vollst¨andiger Kooperation k¨onnten sich beide Anbieter – genau wie beim Cournot-Duopol – den Monopolgewinn teilen. In diesem Fall w¨urde der Unterschied zwischen Preisund Mengenwettbewerb verschwinden.

Die Gegen¨uberstellung von Cournotund Bertrand-Modell des Duopols ist nicht nur per se f¨ur die Analyse von M¨arkten bei unvollst¨andiger Konkurrenz interessant. Eine wichtige und allgemeinere Botschaft ist hier auch, dass es bei der Formulierung einer Spielsituation sehr auf die ”Details”, in diesem Fall auf die exakte Spezifikation der gew¨ahlten Strategieparameter ankommt.

1Gibbons (1992), p. 21 f. bietet eine Darstellung von Bertrand-Wettbewerb in einem heterogenen Duopol.

3.7. WEITERE ANWENDUNGEN

75

3.7.3Das Allmende-Problem

Ein klassisches Problem der Finanzwissenschaft ist die Analyse der Bereitstellung und Nutzung sog. ”¨o entlicher G¨uter”. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass ein Einzelner nicht von deren Benutzung ausgeschlossen werden kann – sich also gerne als Trittbrettfahrer bet¨atigt. Damit w¨urde der Marktmechanismus nicht oder nur unzul¨anglich f¨ur die Bereitstellung solcher G¨uter Sorge tragen. Umgekehrt gilt, dass ein vorhandenes ¨o entliches Gut

¨

tendenziell der Ubernutzung unterliegt, da bzw. wenn der Einzelne f¨ur dessen Nutzung nicht oder nicht gen¨ugend zur Kasse gebeten wird. In diese – wenn auch etwas grobe Schablone – lassen sich fast alle umweltpolitischen Probleme legen.

In diesem Abschnitt wird eine ”klassische” Formulierung des Problems o¨ entlicher G¨uter analysiert, das auf Hardin (1968) zur¨uckgehende Beispiel der ”tragedy of the commons” (Allmende-Problem). Damit wird gleichzeitig auch ein Spiel gezeigt, in dem eine beliebig große Zahl von Spielern simultan spielt.

Die Story geht wie folgt: In einem Dorf gibt es I Bauern, die jeweils si Ziegen halten. si ist dabei die Strategievariable f¨ur die Bauern. Insgesamt gibt

I

P

es in dem Dorf also Z = si Ziegen. Da die Dorfwiese (common) nur be-

i=1

grenzt Platz und Futter bietet, ist klar, dass der Wert (Milchleistung, . . . ) einer einzelnen Ziege davon abh¨angt, wie viele Ziegen es insgesamt gibt. Dieser Wert sei mit u (Z) bezeichnet, wobei eine Indizierung dieser Auszahlungsfunktion mit dem Index i f¨ur die einzelnen Spieler unterbleibt, da die Funktion als f¨ur alle identisch unterstellt wird. Plausiblerweise weist diese Funktion die folgenden Eigenschaften auf:

u(Z) < 0; u′′ (Z) < 0,

(3.27)

da mit jeder zus¨atzlichen Ziege der Wert jeder bereits vorhandenen Ziege sinkt und dieser E ekt an Bedeutung zunimmt, wenn die Ziegenpopulation steigt.

Jede Ziege kostet in der Anscha ung außerdem einen konstanten Betrag von c. Dann ist die Zielfunktion eines repr¨asentativen Ziegenbauers gegeben durch

 

 

 

Πi = si · u (Z) − c · si,

(3.28)

Die I Bedingungen erster Ordnung sind dann gegeben durch

 

 

 

∂Πi

= u (Z) + si · u(Z) − c = 0

(3.29)

 

 

 

 

 

∂si

 

Damit diese Gleichungen ein Nash-Gleichgewicht darstellen,

m¨ussen sie

 

I

 

 

P

 

gelten f¨ur Z =

si = Z , wobei Z die Gesamtzahl der Ziegen im Nash-

i=1

Gleichgewicht bezeichnet.

76

KAPITEL 3. NICHTKOOPERATIVE SPIELE I

Damit muss (3.29) f¨ur ein Nash-Gleichgewicht wie folgt geschrieben werden:

u (Z ) + si · u(Z ) − c = 0

(3.30)

Die I Gleichungen (3.30) k¨onnen nun aufsummiert werden uber¨ alle I Bauern, was zu der Schreibweise I · u (Z ) + Z · u(Z ) − I · c = 0 f¨uhrt, die durch I dividiert werden kann und damit zu folgendem Ergebnis f¨uhrt

 

Z

 

 

u (Z ) +

 

 

· u(Z ) − c = 0.

(3.31)

I

 

 

 

 

 

¨

Der zweite Term in der Gleichung bildet den Anreiz zur Ubernutzung der Allmende ab. Bei der Entscheidung, ob eine zus¨atzliche Ziege gekauft werden soll, stellt jeder Bauer n¨amlich nur einen kleinen Teil der zus¨atzlichen Abwertung des Weidelandes in Rechnung und zwar proportional zur Anzahl seiner eigenen (und eben nicht aller) Ziegen. (Bei Symmetrie betr¨agt die Anzahl der Ziegen pro Bauer genau Z /I.)

Man sieht den Punkt noch deutlicher, wenn ein ”wohlmeinender Diktator” (oder eine funktionierende Bauerngenossenschaft) das Problem der Nutzung der Allmende l¨ost. Dessen Zielfunktion ΠD ist o ensichtlich gegeben durch

ΠD = Z · u (Z) − Z · c,

(3.32)

wobei bereits hier au allen sollte, dass die Anzahl der Bauern keine Rolle spielt – was aus Sicht des wohlmeinenden Diktators ja auch plausibel ist. Genauso sollte es n¨amlich f¨ur die e ziente L¨osung des Allmende-Problems auch sein, da eben die Zahl der Ziegen und nicht die der Bauern f¨ur die Nutzenfunktion u(·) relevant ist.

Die Bedingung erster Ordnung f¨ur die Optimierung von (3.32) lautet

∂ΠD

= u (ZD) + ZDu(ZD) − c = 0,

(3.33)

∂Z

 

 

wobei ZD den Optimalwert des wohlmeinenden Diktators bezeichnet. (3.33) wird als auch zentrale L¨osung bezeichnet, w¨ahrend (3.31) die dezentrale L¨osung charakterisiert.

Auch ohne weitere Spezifikation der Funktion u uber¨ die Eigenschaften 3.27 hinaus, sollte sofort klar sein, dass

ZD < Z I > 1

(3.34)

Formal kann man das wie folgt sehen: Angenommen, es gelte Z = ZD. Dann macht ein Blick auf (3.31) und (3.33) sofort klar, dass dies nur f¨ur I = 1 erf¨ullt ist, f¨ur alle I > 1 also nicht gelten kann. Weiterhin sei angenommen, dass Z < ZD. Dann w¨are u (Z ) > u (ZD), d.h. der erste Summand in (3.31) ist gr¨oßer als in (3.33). Weiterhin w¨are dann Z /I < ZD und u(ZD) < u(Z ) < 0, d.h.

der negative zweite Summand ist betragsm¨aßig gr¨oßer in (3.33) als in (3.31). Damit w¨are also u (Z ) + ZI u(Z ) > u (ZD) + ZDu(ZD), was nicht sein darf,

3.7. WEITERE ANWENDUNGEN

77

da die linke und rechte Seite dieser Relation o ensichtlich nicht verschieden sein d¨urfen – wie ein Blick zur¨uck auf die Gleichungen (3.31) und (3.33) sofort zeigt.

¨

Die Intuition hinter dem Ergebnis der Ubernutzung ist recht einfach: Jeder einzelne Bauer stellt bei der Entscheidung uber¨ eine zus¨atzliche Ziege – im Einklang mit individueller Rationalit¨at – nur die negativen Folgen f¨ur seine schon vorhandenen Ziegen in Rechnung und nicht die gleichen Folgen f¨ur die anderen. Er internalisiert also nicht die gesamten Grenzkosten seiner Aktivit¨at. Der wohlmeinende Diktator ber¨ucksichtigt hingegen alle Kosten und kommt somit zu einer kollektiv optimalen Nutzung.

Dies l¨asst sich auf eine etwas andere Weise sehen, wenn wir die Entschei-

¯

dung uber¨ eine zus¨atzliche (marginale) Ziege bei einem Niveau von Z = Z

¯

anschauen. Der zus¨atzliche Ertrag dieser Ziege ist dann u Z , egal ob sie von einem einzelnen Bauern oder einem Diktator angescha t wird. Die Kosten, die dabei in Rechnung gestellt werden, sind jedoch

 

¯

 

 

 

 

 

 

 

Z

 

 

 

 

 

 

c −

 

 

 

u<0 Z¯

(3.35)

 

I

 

|

 

 

 

{z

 

}

 

 

|

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

>0

}

 

im Kalk¨ul eines Bauern und

 

 

 

 

{z

 

 

c − Zu¯ Z¯

(3.36)

 

|

 

 

 

{z

 

}

 

<0

|{z }

>0

im Kalk¨ul des Diktators. O ensichtlich sind also die tats¨achlich in Rechnung gestellten Grenzkosten bei dem Bauern geringer als beim Diktator, was zur

¨

Ubernutzung f¨uhren muss. Die Parallelit¨at dieser Situation zu vielen anderen Aktivit¨aten mit negativen Externalit¨aten – insb. im Bereich der Umweltverschmutzung – sollte auf der Hand liegen.

Abbildung 3.12 auf der n¨achsten Seite fasst die alle Bestandteile der zentralen bzw. dezentralen L¨osung zusammen und sollte keines weiteren Kommentars mehr bed¨urfen.

3.7.4Geldpolitik I: Die Nash-L¨osung des Barro-Gordon- Modells

Die bisherigen spieltheoretischen Anwendungen waren ausnahmslos dem Spektrum mikro¨okonomischer Fragestellungen entnommen. Allerdings hat die Spieltheorie auch weithin Anwendungen f¨ur genuin makro¨okonomische Probleme gefunden. Eines der vielleicht wichtigsten Anwendungsgebiete war und ist dabei die Theorie der Geldpolitik. Hier wird mit spieltheoretischen Methoden untersucht, wie die strategische Interaktion zwischen der Geldpolitik auf der

78

KAPITEL 3. NICHTKOOPERATIVE SPIELE I

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 3.12: Das Allmende-Problem: Zentrale vs. dezentrale L¨osung.

einen Seite und dem privaten Sektor auf der anderen Seite von den Anreizen der Akteure und insb. der Geldpolitik abh¨angt.

Ein sehr wichtiges Ergebnis, das zur¨uckgeht auf das Papier von Barro/Gordon (1983), besagt, dass die Geldpolitik bei einer zus¨atzlichen Fixierung auf reale Ziele (also Besch¨aftigungsgrad, realer Output oder ahnlichem)¨ zu einer unerw¨unscht hohen Inflation neigt, ohne letztlich an der Besch¨aftigungssituation irgendetwas zu andern¨ . Daraus folgt auf der politischen Ebene dann die W¨unschbarkeit einer von der Regierung unabh¨angigen Geldpolitik – wie wir sie mit der Europ¨aischen Zentralbank auch tats¨achlich haben.1

In diesem Abschnitt wird nun ein sehr einfaches Grundmodell vorgestellt, das die Idee von Barro/Gordon (1983) auf die denkbar einfachste Weise zusammenfasst. In sp¨ateren Kapiteln wird dieses Grundmodell verfeinert und modifiziert werden, um zus¨atzliche Aspekte dieser Interaktion (wiederholtes

1Der wesentliche analytische Kern – dass n¨amlich ex ante optimale Politiken ex post nicht mehr optimal und damit zeitinkonsistent sein k¨onnen – wurde jedoch schon etwas zuvor in einem Aufsatz von Kydland/Prescott (1977) erarbeitet. Es war nicht nur, aber vor allem

¨

dieser Aufsatz, der diesen beiden Okonomen den Nobelpreis 2004 eintrug.

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