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Spieltheorie_WS1213

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7.4. WINNER’S CURSE

189

¨

Preis auch bezahlen. Ahnliches gilt auch f¨ur die Holl¨andische Auktion. Sobald hier der Preis die Zahlungsbereitschaft des 2 unterschreitet, k¨onnte dieser jederzeit ”zuschlagen” und damit die Auktion beenden, ohne dass 1 noch etwas dagegen tun k¨onnte. Daher d¨urfte es hier schwieriger sein, Abweichungen von Kollusion zu verhindern, was Kollusion wiederum weniger attraktiv und wahrscheinlich macht.

Wenn ein Verk¨aufer also Kollusion f¨urchtet zwischen den Bietern, die sich f¨ur sein Produkt interessieren, so tut er gut daran, keine englische Auktion zu veranstalten. Nat¨urlich impliziert dies nicht, dass eine holl¨andische Auktion oder ein nicht o enes Format eine perfekte Versicherung gegen Bieterkollusion darstellen. Selbstverst¨andlich k¨onnen auch verdeckt abgegebene Angebote abgesprochen sein. Diverse Skandale im Bereich ¨o entlicher Ausschreibungen illustrieren dies immer wieder.1 Die hier immer wieder beobachtbare oder wenigstens vermutbare Kollusion wird verst¨andlich, wenn man sich vor Augen f¨uhrt, dass die Konkurrenz um Auftr¨age zwischen Firmen letztlich ein wiederholtes Spiel ist. Bekanntermaßen kann in einem solchen Kontext ein Verhalten Teil einer gleichgewichtigen (teilspielperfekten) Strategie sein, das in einem one-shot-Spiel nicht m¨oglich w¨are.

7.4Winner’s curse

Stellen wir uns folgende Situation vor: Eine Firma steht zum Verkauf, und Sie uberlegen,¨ ob und wenn ja bis zu welchem Preis Sie mitbieten sollen. Da die Firma durch Sie nicht vollst¨andig evaluiert werden kann, wissen Sie nur etwas uber¨ die Wahrscheinlichkeitsverteilung des tats¨achlichen Werts. Um die Dinge m¨oglichst einfach zu halten, sei angenommen dass ein Firmenanteil (z.B. eine Aktie) mit jeweils gleicher Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 100 E wert sein kann. Dementsprechend ist der Erwartungswert des Firmenanteils gege-

 

 

100

 

1

P

ben durch

101

i = 50. Das alte Management der zu verkaufenden Firma

i=0

kennt diese naturgem¨aß sehr gut und weiß daher besser, was die Firma wert ist, hat aber keine M¨oglichkeit, diesen Wert glaubhaft zu kommunizieren. Der Einfachheit halber sei angenommen, dass das alte Management den (zwischen 0 und 100 E liegenden) Wert ganz genau kennt. Das alte Management kann beim Verkauf der Firma mitbieten.

Die Frage ist nun, welchen Betrag Sie als risikoneutraler Investor f¨ur diese Firma maximal bieten sollten. Zur Illustration sei eine englische Auktion angenommen. Eine nahe liegende Antwort w¨are nat¨urlich, dass Sie bis zu 50 E, d.h. bis zu dem Erwartungswert des Firmenwerts mitbieten und danach aussteigen, sollte der Preis noch h¨oher gehen. Diese auf den ersten Blick plau-

1Eine typische Ausschreibung eines o¨ entlichen Auftrags kann als First Price Sealed Bid Auktion verstanden werden: Es erh¨alt das g¨unstigste Angebot den Zuschlag zu dem in diesem Angebot genannten Preis.

190

KAPITEL 7. AUKTIONEN

sible Strategie w¨urde aber bei Gewinn der Auktion mit Sicherheit (!) zu einem

¨

Verlust f¨uhren, was folgende Uberlegung klar macht: Wenn das Gebot (von 50 E oder weniger) gewinnt, steht fest, dass das alte Management kein h¨oheres Gebot abgegeben hat und auch nicht abgeben wollte und damit der Firmenanteil in jedem Fall nicht mehr als der zuletzt gebotene und damit auch zu bezahlenden Preis wert ist. Ist die Firma hingegen mehr wert, kommt man mit einem Maximalangebot in H¨ohe des erwarteten Firmenwerts nicht zum Zuge, da ja das besser informierte alte Management dann uberbieten¨ wird. Damit unterliegt der Auktionsgewinner in der Tat einem ”Fluch”, eben dem winner’s curse: Wenn man die Auktion gewinnt, verliert man sicher. Nur wenn man den Zuschlag nicht erh¨alt, kann man Verluste vermeiden. Das Beispiel ist extrem gew¨ahlt, macht aber klar, dass aufgrund der existierenden Informationsasymmetrie auch ein risikoneutraler rationaler Investor kein positives Gebot abgeben sollte.

Das Merkmal eines (nat¨urlich verlustbringenden) erfolgreichen Gebots oberhalb des tats¨achlichen Werts der Firma h¨angt jedoch nicht an der gerade getro enen Annahme der (extremen) Informationsasymmetrie. Betrachten wir daher die folgende, deutlich realistischere Situation: Wiederum betr¨agt der Erwartungswert der Firma 50 E, die individuellen Einsch¨atzungen der einzelnen Bieter variieren aber um diesen Wert. Beispielsweise sollen f¨unf Anbieter subjektive Einsch¨atzungen des Firmenwerts in H¨ohe von {30, 40, 50, 60, 70} haben, so dass auch die durchschnittliche Bewertung dem Erwartungswert der Firma entspricht. Wenn man nun nur die eigene Einsch¨atzung, nicht aber die objektiv vorhandene Unsicherheit, dem eigenen Bietverhalten zugrunde legt, so ist klar, dass der Bieter mit der h¨ochsten Zahlungsbereitschaft die Auktion gewinnt und einen Preis bezahlt, dessen H¨ohe von dem Auktionsdesign abh¨angt, der aber oberhalb des Firmenwerts von 50 E liegt. Dies f¨uhrt jedoch zu einem Verlust – wiederum ist der Auktionsgewinner ein Opfer des winner’s curse geworden.

Der Grund daf¨ur ist nun einfach einzusehen: Wenn individuelle Bewertungen mit Unsicherheiten behaftet sind und um den wahren Wert streuen, so

f¨uhrt eine Untersch¨atzung einfach nur dazu, dass man die Auktion verliert und eine Auszahlung von Null realisiert. Eine Ubersch¨atzung f¨uhrt jedoch zum Ge-

winn der Auktion – und damit zu einem Verlust. Anders gesagt: Wenn man eine common value Auktion ”gegen” sachkundige Mitbieter gewinnt, sollte man sich Sorgen machen. Es gewinnte n¨amlich derjenige die Auktion, der den gr¨oßten positiven Bewertungsfehler macht. Die Konsequenz daraus ist o ensichtlich:

Bei Bewertungsunsicherheit sollte rationalerweise das Maximalgebot nur einen Teil der eigenen Bewertung betragen! Eine genaue formale Analyse ist jedoch auch in diesem Fall relativ anspruchsvoll und kommt nicht ohne Annahme bzgl. der Verteilung der Bewertungen aus.

Die urspr¨ungliche Formulierung des winner’s curse basiert auf einem Bei-

¨

spiel der Olindustrie. Die Firmen, die die Bohrrechte im Golf von Mexiko ersteigert haben, konnten mit ihren Operationen allesamt keinen Profit ma-

7.4. WINNER’S CURSE

191

chen, haben also o ensichtlich bei der Auktion der Bohrrechte zu viel daf¨ur bezahlt. Die Analyse dieser Situation in Capen/Clapp/Campbell (1971) f¨uhrte den Begri in die Literatur ein.

Rasmusen (2001), S. 333 listet f¨ur vier verschiedene Sealed Bid Auktionen

¨

von Olbohrrechten in den 1960er Jahren die (von seri¨osen Anbietern) abgegebenen Gebote auf. Das Verh¨altnis von h¨ochstem und niedrigstem Gebot schwankte dabei zwischen 6,9 und 108,8.1 Schon dieses krasse Verh¨altnis legt nahe, dass die Idee des winner’s curse in diesen F¨allen eine wichtige Rolle spielte.

Wichtig ist allerdings die Erkenntnis, dass der winner’s curse im Gleichgewicht, d.h. bei rationalem Bieterverhalten, keine Rolle spielt. Denn wie so oft gilt auch hier, dass die Einsicht in das Problem bereits davor bewahrt, (im Erwartungswert) ein Opfer davon zu werden. Diese Einsicht besteht darin, dass die eigene Bewertung des Guts nicht in vollem Umfang als Maximalgebot genannt werden darf, sondern entsprechend herunterskaliert werden muss - wohlgemerkt gilt diese Anforderung an die gleichgewichtige Bietstrategie f¨ur rationale und auch risikoneutrale Bieter. Allerdings ist es sehr schwierig anzugeben, wie groß der Abstand zwischen Bewertung und Gebot liegen muss. Die Antwort darauf h¨angt ab von der empirischen Verteilung der Bewertungen durch die Bieter - und nat¨urlich die Korrekturen, die diese bei der Umwandlung von Bewertungen in Gebote vornehmen.

Die folgende Illustration zeigt den winner’s curse noch einmal sehr sch¨on: Einer Gruppe von StudentInnen wurde eine transparente Schachtel mit einigen M¨unzen gezeigt. Nat¨urlich konnte per ”Blickdiagnose” der Betrag nicht gez¨ahlt, sondern allenfalls grob gesch¨atzt werden. Dar¨uber hinaus wurde die Information gegeben, dass sich in der Schachtel ausschließlich auf Cent lautende M¨unzen (d.h. M¨unzen zu 1, 2,5, 10, 20 und 50 Cent) befinden. Diese Schachtel wurde zur Versteigerung im First Price Sealed Bid-Verfahren gebracht. Nat¨urlich hatte die Schachtel f¨ur alle Bieter den gleichen Wert, n¨amlich die sich darin tats¨achlich befindliche Summe. Das Problem bestand nat¨urlich in der Absch¨atzung, wie viel in der Schachtel wirklich ist. Es waren tats¨achlich genau 1,49 E. Die folgende Abbildung 7.2 auf der n¨achsten Seite zeigt die H¨ohe der insgesamt 21 Gebote:

Folgende Beobachtungen sind bemerkenswert:

16 von 21 Geboten waren unterhalb des wahren Wertes von 1,49 E. Sowohl Mittelwert (100 Cent) als auch Median (80 Cent) der Gebote lagen deutlich unterhalb des wahren Wertes. Dieses Bieterverhalten deutet entweder auf eine stark ausgepr¨agte Risikoaversion hin oder aber auf eine Einsicht in die Problematik des winner’s curse.

1Das sind wohlgemerkt keine Gebote im Verlauf einer aufsteigenden Auktion, sondern einzige und finale Gebote in einer Sealed Bid Auktion.

192

KAPITEL 7. AUKTIONEN

 

350

 

 

 

 

 

 

 

 

 

317

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

300

wahrer Wert: 149

 

 

 

 

 

 

 

 

Gebote-MW: 100

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cent

250

Gebote-Median: 80

 

 

 

 

 

 

200

"Winning bid": 317

 

 

 

 

 

 

195

in

 

 

 

 

 

 

 

163167

 

 

 

 

 

 

 

 

Gebote

 

 

 

 

 

 

 

 

150

 

 

 

 

 

 

 

150

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

100

 

 

72 73 75 77

80 80 81 82 85 93 105

 

 

 

 

45 52 62

 

 

 

 

 

 

 

50

 

 

 

 

 

 

 

 

 

30

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

14

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

3

5

7

9

11

13

15

17

19

21

Abbildung 7.2: The winner’s curse

Immerhin 5 von 21 Geboten (knapp 24 %) waren h¨oher als der wahre Wert, d.h. sind im Fall des Gewinns mit Verlust verbunden. F¨unf Bieter waren also potentielle Opfer des winner’ curse, auch wenn der Fluch letztlich nur einen wirklich ereilt hat.

Der ”Gewinner” der Auktion mit einem Gebot von 3,17 E ist tats¨achlich der (einzige) Verlierer. Auch wenn der Verlust mit 1,68 E in absoluten Zahlen uberschaubar¨ ist, wurde immerhin mehr als das Doppelte (!!) des wahren Wertes geboten.

7.5Erweiterungen und Anwendungen

Auktionen von einzelnen Objekten erf¨ullen typischerweise zwei zentrale Eigenschaften:1

Auktionen sorgen f¨ur allokative E zienz in dem Sinne, dass derjenige Bieter das Objekt erh¨alt, der dieses am h¨ochsten bewertet.

Auktionen sorgen daf¨ur, dass der Verk¨aufer den gr¨oßtm¨oglichen Betrag f¨ur das Objekt erl¨ost, also seine Einnahmen aus dem Verkauf maximiert. Dies resultiert insb. aus der (f¨ur den Bieter rationalen) O enbarung der Bewertungen der Bieter.

Die folgenden Abschnitte zeigen, dass dies in einem Kontext mit mehreren G¨utern nicht mehr notwendigerweise erf¨ullt ist. Dies ist bereits dann der Fall,

1

¨

 

Jehiel/Moldovanu (2003) geben einen guten Uberblick uber¨ die Schwierigkeiten, die sich

bei multi-object auctions ergeben k¨onnen und diskutieren die Erfahrungen mit den Versteigerungen der UMTS-Lizenzen in Europa. Der folgende Abschnitt macht einigen Gebrauch von dieser Darstellung.

7.5. ERWEITERUNGEN UND ANWENDUNGEN

193

wenn mehrer Einheiten eines Guts homogenen Guts versteigert werden sollen, was in Abschnitt 7.5.1 untersucht wird. Die Abschnitte 7.5.2 auf der n¨achsten Seite bis 7.5.4 auf Seite 196 befassen sich mit der simultanen Versteigerung von heterogenen G¨utern. Abschließend wird in Abschnitt 7.5.5 auf Seite 197 auf einige wichtige Aspekte der Versteigerung der UMTS-Lizenzen ein.

7.5.1Multi-Unit-Auktionen

Im multi-unit-Auktionen werden mehrere homogene Einheiten eines Produkts simultan versteigert. Oft werden Auktionen dabei so ausgestaltet, dass alle erfolgreichen Bieter den gleichen Preis bezahlen m¨ussen (uniform price auction). Schon in diesem einfachen Fall werden die beiden gerade genannten Eigenschaften der allokativen E zienz und der Einnahmenmaximierung m¨oglicherweise verletzt. Dies ist im Folgenden zu zeigen.

Angenommen, es gibt n Einheiten dieses Produkts und jeder der mehr als n Bieter m¨ochte jeweils nur eine Einheit. Dann kann ein Auktionator alle Bieter jeweils zu einem verdeckt gemachten Gebot au ordern. Der Auktionator sucht dann die n h¨ochsten Gebote heraus und benennt den Preis des n + 1-h¨ochsten Gebots f¨ur alle erfolgreichen Bieter. Damit liegt eine einfache Erweiterung der Zweitpreisauktion auf den Fall von n Einheiten vor – die n + 1-Preisauktion. Auch hier haben alle Bieter einen Anreiz, die wahren Bewertungen auch zu bieten. Ein einfaches Beispiel m¨oge den Mechanismus illustrieren. Es sei n = 3 und es m¨ogen Gebote vorliegen, die Preise von 100, 90, 80, 50 und 10 bezahlen. Dann gehen die drei Einheiten zu einem Preis von jeweils 50 an diejenigen, die 100, 90 und 80 geboten hatten. Sowohl allokative E zienz als auch Einnahmenmaximierung liegen vor.

Betrachten wir nun den folgenden nur leicht komplizierteren Fall, in dem ein Bieter Verwendung auch f¨ur mehrere Einheiten des gleichen Produkts haben kann. Wieder sollen insgesamt 3 Einheiten zur Verf¨ugung stehen. Die nicht mit Unsicherheit behafteten Bewertungen durch drei Bieter A, B und C f¨ur die erste, zweite und dritte Einheit (denken Sie an drei Flaschen Wein) sind in der folgenden Tabelle 7.1 auf der n¨achsten Seite zusammengefasst. Der Nettonutzen (Konsumentenrente) eines Bieters f¨ur die jeweilige Einheit entspricht dieser Bewertung abz¨uglich des dem Verk¨aufer zu bezahlenden Preises. Es sei weiterhin angenommen, dass diese Informationen allgemein bekannt sind.

Nat¨urlich w¨urde die Forderung nach E zienz der aus der Auktion resultierenden Allokation implizieren, dass A alle drei Einheiten des Guts erh¨alt – seine Zahlungsbereitschaft auch f¨ur die dritte Einheit ist gr¨oßer als die n¨achstgr¨oßte Zahlungsbereitschaft, die B f¨ur die erste Einheit aufbringen w¨urde. Bei diesem Ergebnis (und unter Vernachl¨assigung der Bietmarge) w¨are der Nettonutzen von A gegeben durch 100 + 90 + 80 − (3 · 50) = 270 − 150 = 120. Allerdings ist dies kein gleichgewichtiges Ergebnis. A h¨atte n¨amlich einen

194

 

 

KAPITEL 7. AUKTIONEN

 

 

 

 

 

 

 

Bieter/Gut

1. Einheit

2. Einheit

3. Einheit

 

 

 

 

 

 

 

 

A

100

90

80

 

 

 

 

 

 

 

 

B

50

0

0

 

 

 

 

 

 

 

 

C

10

0

0

 

Tabelle 7.1: Zahlungsbereitschaften dreier Bieter f¨ur jeweils drei Einheiten eines Gutes

strategischen Anreiz, seine Zahlungsbereitschaft f¨ur die dritte Einheit zu verschweigen und nur ein Gebot abzugeben in H¨ohe von 10 (+ Bietmarge) f¨ur zwei oder drei Einheiten. Da zu diesem Preis C nach wie vor aus dem Rennen ist, nunmehr aber B eine Einheit nimmt, erh¨alt A bei diesem Gebot zwei Einheiten zum Preis von 10 + Bietmarge. Wird die Bietmarge wieder vernachl¨assigt, so ergibt sich durch dieses Gebot ein Nettonutzen f¨ur A in H¨ohe von 100 + 90 − (2 · 10) = 190 − 20 = 170 > 120. Gegen¨uber der ehrlichen Angabe der Zahlungsbereitschaften kann er sich also besser stellen – und wird dies auch tun. Dennoch ergibt sich eine ine ziente Allokation (B bekommt eine Einheit, die A als dritte Einheit h¨oher sch¨atzen w¨urde) und auch das Ziel der Einkommensmaximierung durch den Verk¨aufer ist o ensichtlich verletzt, da er f¨ur die drei Einheiten des Guts bei einem Preis von 10 insgesamt nur 30 erl¨ost, w¨ahrend auch f¨ur einen Preis, der 50 uberschreitet¨ (aber nicht h¨oher als 80 ist) das Angebot vollst¨andig nachgefragt w¨urde und einen Umsatz von 150 garantieren w¨urde.

7.5.2Komplementarit¨aten bei multi-object auctions

Angenommen in der Regensburger Innenstadt werden zwei nebeneinander liegende Autostellpl¨atze frei und der Vermieter veranstaltet eine Auktion um diese Pl¨atze. Diese Auktion kann entweder um den Verkaufspreis gehen oder aber auch uber¨ den monatlichen Mietpreis. Um die Zahlen ubersichtlich¨ zu halten, nehmen wir letzteres an.

Es gibt zwei potentielle Bieter, A und B. A hat einen Wagen mit Anh¨anger und w¨urde 100 E f¨ur beide Pl¨atze zusammen bieten, jedoch 0 f¨ur einen einzelnen Stellplatz, da ein einzelner Platz sein Problem nicht l¨ost. Damit liegt eine klare und sogar denkbar extreme Komplementarit¨at vor: Ein Stellplatz allein hat f¨ur A keinerlei Wert, erst die Kombination der beiden Pl¨atze scha t f¨ur ihn einen Wert und induziert eine entsprechende Zahlungsbereitschaft. B hat hingegen nur ein ”normales” Auto, das mit einem Stellplatz auskommt. F¨ur diesen w¨urde er 75 E bieten, wobei es ihm letztlich egal w¨are, ob er daf¨ur einen oder zwei Pl¨atze erh¨alt. Weitere Gebote gibt es nicht. Nat¨urlich w¨urden sowohl allokative E zienz als auch Einnahmenmaximierung fordern, dass Bieter A beide Pl¨atze erh¨alt. Dies w¨are auch ohne weiteres der Fall, wenn die beiden

7.5. ERWEITERUNGEN UND ANWENDUNGEN

195

Pl¨atze als Paket erwerbbar sind, d.h. wenn die Auktionsprozedur die Flexibilit¨at aufweist, dass nicht nur ein Gebot auf einen Platz abgegeben werden kann, sondern auch auf beide zusammen. Werden n¨amlich die Pl¨atze einzeln versteigert, so w¨urde Bieter A bei einem Preis von 50 E pro Platz aussteigen

– und Bieter B erh¨alt zu diesem Preis den Zuschlag. B zu uberbieten¨ liegt also nicht im Interesse von A, obwohl A eine h¨ohere Bewertung und damit Zahlungsbereitschaft aufweist.

Halten wir also fest: Bei Komplementarit¨aten zwischen einzelnen Bestandteilen eines B¨undels k¨onnen separate Auktionen der Bestandteile zu Verletzungen sowohl der E zienzbedingung f¨uhren als auch einer Einnahmenmaximierung seitens des Verk¨aufers im Wege stehen. Die L¨osung des Problems best¨unde in diesem Fall in der Zul¨assigkeit der Abgabe von Geboten auf entsprechende Pakete.

7.5.3Multi-object auctions ohne Komplementarit¨aten: Die M¨oglichkeit eines Zielkonflikts zwischen E zienzund Einnahmenziel

Auch ohne das Vorliegen von Komplementarit¨aten zwischen den G¨utern kann es gravierende Probleme bei der Beurteilung von multi-object auctions geben. Wiederum soll ein einfaches Beispiel den Punkt verdeutlichen. Hier m¨ogen zwei Bieter, A und B die M¨oglichkeit haben von einem Verk¨aufer zwei G¨uter, nennen wir diese 1 und 2 zu ersteigern. Es gibt dabei auch keinerlei Bewertungsprobleme – die folgenden (Brutto-) Bewertungen in Tabelle 7.2 seien bekannt und auch nicht mit Unsicherheit behaftet. Allerdings sind die Pr¨aferenzen sehr heterogen, d.h. auch die Reihenfolge der Bewertung der beiden G¨uter di eriert hier uber¨ die beiden Bieter.

Bieter/Gut

Gut 1

Gut 2

{1 und 2}

A

100

70

170

B

80

120

200

 

 

 

 

Tabelle 7.2: Zahlungsbereitschaften von zwei Bietern (A und B) f¨ur zwei Produkte (1 und 2)

Zwei separate Zweitpreisauktionen (oder auch englische Auktionen) w¨urden unter Vernachl¨assigung der Bietermarge zu dem Ergebnis f¨uhren, dass Gut 1 f¨ur einen Preis von 80 an Bieter A geht und Gut 2 zu einem Preis von 70 an Bieter B. Allokative E zienz w¨are erreicht, da die G¨uter jeweils an die Bieter mit der h¨ochsten Zahlungsbereitschaft gehen. Der Verk¨aufer erzielt Einnahmen f¨ur beide G¨uter in H¨ohe von 80 + 70 = 150.

196

KAPITEL 7. AUKTIONEN

Die letzte Spalte von Tabelle 7.2 auf der vorherigen Seite gibt die kumulierte Bewertung f¨ur das G¨uterb¨undel {1 und 2} durch die beiden Bieter an. Da hier keinerlei Komplementarit¨aten unterstellt werden, entsprechen diese kumulierten Bewertungen einfach den Summen der Bewertungen der beiden G¨uter. Es ist sofort zu sehen, dass der Verk¨aufer bei den hier vorliegenden Bewertungen ein besseres Resultat erzielen k¨onnte, wenn er die beiden G¨uter b¨undelt. Eine Zweitpreisauktion f¨ur das gesamte B¨undel w¨urde dieses n¨amlich zu einem Preis von 170 an Bieter B gehen lassen. O ensichtlich sind hier die Einnahmen des Verk¨aufers h¨oher als bei separaten Auktionen (170 > 150), allerdings resultiert eine allokative Ine zienz: Gut 1 geht an Bieter B, obwohl Bieter A dies h¨ohere bewertet.

In diesem Fall liegt somit ein Zielkonflikt zwischen Einnahmenmaximierung seitens des Verk¨aufers und allokativer E zienz vor. Wenn nun ein ausschließlich an den Einnahmen interessierter Verk¨aufer die Auktion zu gestalten hat, liegt es auf der Hand, dass er eine B¨undelung vorzieht. Dies ist aber beispielsweise schon dann nicht mehr der Fall, wenn der Staat G¨uter zu versteigern hat und dabei die allokative E zienz durchaus ein Kriterium ist.

7.5.4Multi-object auctions und Bieterkollusion

Das Problem der Bieterkollusion kann auch bei Versteigerung einzelner Objekte auftreten. Wie bereits ausgef¨uhrt, ist dabei die englische Auktion am ehesten anf¨allig, weil ein abweichendes Verhalten des ”absichtlichen Verlierers” rechtzeitig festgestellt werden k¨onnte und dieser daher sich eher an die Abmachung halten wird als bei Auktionen mit verdeckten Geboten. Bei simultaner Versteigerung mehrerer (teilbarer) Objekte versch¨arft sich dieses Problem jedoch, weil nun die Bieter allesamt erfolgreich sein k¨onnen in dem Sinn, dass sie sich die Objekte teilen, dabei aber alle von einem niedrigen Preis profitieren. W¨ahrend eine explizite Absprache durchaus illegal sein kann, ist es dann m¨oglich, in einer englischen Auktion uber¨ den Preis Signale auszusenden.

Das prominenteste Beispiel daf¨ur ist die Versteigerung der Mobilfunklizenzen der zweiten Generation (GMS) f¨ur Deutschland im Oktober 1999.

Gegenstand dieser Versteigerungen waren 9 identische Bl¨ocke zu je 2 x 1 MHz und ein Block zu 2 x 1,4 MHz (mit entsprechend h¨oherer Kapazit¨at). Das Minimalangebot wurde auf 1 Million DM pro MHz-Paar festgelegt, die minimale Erh¨ohung zwischen zwei Runden auf 10%, wobei alle gebotenen Betr¨age durch 10000 DM ganzzahlig teilbar sein mussten. Die beiden großen Spieler waren Mannesman und T-Mobile, außerdem waren als von vorneherein kleinere Spieler Viag Interkom und E-Plus mit dabei. Diese sind dann allerdings sehr schnell im Verlauf der Auktion ausgestiegen.

In der ersten Runde gab Mannesmann das folgende Gebot ab: F¨ur die Bl¨ocke: 1-5: je 36,36 Millionen DM, f¨ur die Bl¨ocke 6-9: je 40 Millionen DM, f¨ur Block 10: 56 Millionen DM.

7.5. ERWEITERUNGEN UND ANWENDUNGEN

197

In der zweiten Runde bot dann T-Mobile f¨ur die Bl¨ocke 1-5 je 40,01 Millionen DM, uberbot¨ aber Mannesmann bei den Bl¨ocken 6-10 nicht. Damit war die Auktion bei einem Preis von ca. 20 Millionen DM pro MHz f¨ur alle Beobachter uberraschend¨ fr¨uh beendet. Insgesamt wurden 416,05 Millionen DM bei dieser Auktion erl¨ost. Zum Vergleich: Die Erl¨ose bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen waren mit insg. ca. 100 Milliarden DM um einen Faktor 240

(!) h¨oher.

Im Nachhinein wurde das Bieterverhalten wie folgt interpretiert: Durch den sehr weit uber¨ dem Minimalgebot von 1 Million DM pro MHz-Paar liegenden Einstieg signalisierte Mannesmann an T-Mobile, dass nicht lange in letztlich uninteressanten Regionen ”herumgealbert” werden solle, sondern man einem raschen Ende der Auktion – nat¨urlich zu einem attraktiven Preis – nicht im Wege stehen w¨urde. Weiterhin signalisierte Mannesmann durchaus verst¨andlich, exakt wo der Preis liegen und wie die Aufteilung erfolgen sollte. Die Bl¨ocke 1-5 stellen ja exakt das gleiche Gut dar wie die Bl¨ocke 1-9 und Block 10 ist pr¨azise 40% mehr wert. F¨ur Block 10 wurde auch pr¨azise 40% mehr geboten als f¨ur die Bl¨ocke 6-9. F¨ur die Bl¨ocke 1-5 wurde demgegen¨uber exakt der Betrag geboten, der bei Aufstockung um 10% (die minimale Erh¨ohung zwischen zwei Runden) eben den Betrag von 40 Millionen DM ergeben h¨atte. T-Mobile hat dann in der zweiten Runde den Mindestbietbetrag f¨ur die Bl¨ocke 1-5 von 40 Millionen DM um den geringstm¨oglichen Betrag von 10000 DM uberschritten¨.

¨

Diese ”unn¨otige” Uberschreitung wurde so interpretiert – und o ensichtlich auch verstanden –, dass man zwar mit dem von Mannesmann signalisierten Plan einverstanden ist, sich aber gegen die kleineren Mitbieter durchaus weiter zur Wehr setzen w¨urde, wenn diese den Preis nach oben treiben sollten. Da aber Viag Interkom und E-Plus die Botschaft verstanden hatten, zogen sich diese zur¨uck – und es kam zu dem beschriebenen Ergebnis.

Ein Vertreter von T-Mobile kommentierte dieses Ergebnis im Nachhinein wie folgt: ”No, there were no agreements with Mannesmann. But Mannesmann’s first bid was a clear o er. Given Game Theory, it was expected that they show what they want most.”

Dieses Beispiel zeigt, wie in o enen Auktionsformaten eine – selbstverst¨andlich nicht justitiable – Form der Absprachen auftreten kann. Dabei ist es durchaus glaubw¨urdig, dass es in der Tat keinerlei (verbotene) explizite Absprachen gegeben hat. Es reichte v¨ollig, dass sich der erste Bieter einen Plan ausgedacht hat, bei dem er davon ausgehen konnte, dass er a) verst¨andlich signalisierbar und b) konsensf¨ahig ist. Beides ist mit dem ersten Gebot von Mannesmann tats¨achlich gelungen.

7.5.5Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen

Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen war v.a. in den europ¨aischen L¨andern eine spektakul¨are Anwendung von Auktionen. Von den 14 Mitgliedsl¨andern der Europ¨aischen Union (vor der Osterweiterung am 1.5.2004 und ohne Lu-

198

 

KAPITEL 7. AUKTIONEN

 

 

 

 

 

Land

E je Einwohner

 

 

 

 

 

 

Finnland

0

 

 

 

 

 

 

Spanien

15

 

 

 

 

 

 

Großbritannien

648

 

 

Niederlande

171

 

 

Deutschland

613

 

 

 

 

 

 

Italien

240

 

 

 

 

 

 

¨

82

 

 

Osterreich

 

 

Frankreich

337

 

Tabelle 7.3: Auktionserl¨ose f¨ur die UMTS-Lizenzen je Einwohner

xemburg), haben sechs Staaten die Lizenzen uber¨ Verwaltungsprozeduren (sog.

”beauty contests”) verteilt (Finnland, Frankreich, Irland, Portugal, Schweden, Spanien). Bei diesen ging es um die Uberpr¨ufung technischer und finanzieller

Leistungsf¨ahigkeit der Bewerber um Lizenzen, mit denen dann in der Regel ein positiver Preis f¨ur die Lizenz ausgehandelt wurde. Nur im Fall Finnlands wurde die Lizenz den Netzbetreibern kostenlos uberlassen¨. Die anderen L¨ander w¨ahlten alle ein Auktionsformat, wobei es auch hier wieder sehr deutliche Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung zwischen den L¨andern gegeben hat.

Spektakul¨ar w¨aren bei diesen Auktionen nat¨urlich insb. die schieren Summen, um die es ging. Mehr als 37 Mrd. E wurden in Großbritannien erl¨ost, in Deutschland waren es etwas uber¨ 50 Mrd. E. Tabelle 7.3 zeigt die Erl¨ose f¨ur einige L¨ander in E je Einwohner f¨ur einige L¨ander in Europa. Es ging jeweils um die Nutzungsrechte eines Frequenzspektrums von zwischen 125 und 155 MHz f¨ur eine Dauer von 20 Jahren. In den einzelnen L¨andern wurden dabei zwischen zwei und sechs Lizenzen vergeben.1

Auf der anderen Seite waren mit diesen Auktionen aber auch interessante theoretische ”Komplikationen” verbunden, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. Dabei sind im Zusammenhang mit UMTS-Auktionen zwei Stichworte von besonderer Bedeutung: Komplementarit¨aten der zu versteigernden G¨uter und Externalit¨aten des Auktionsergebnisses auf den nachfolgenden Wettbewerb im Mobilfunkmarkt. Beide Eigenschaften werden nachfolgend kurz diskutiert.

1Obwohl die Versteigerungsbedingungen in Deutschland eine eindeutige Verpflichtung zum jeweils v¨ollig getrennten Ausbau und Betrieb des Netzes vorsahen, ist mittlerweile aufgrund massiver finanzieller Probleme einiger der Betreiber klar, dass dies nicht geschehen wird.

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