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Spieltheorie_WS1213

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6.2. METHODISCHE VORBEMERKUNG

149

• der Auszahlungen bei einem Scheitern der Verhandlung.

Eine Verhandlungssituation ist immer dadurch gekennzeichnet, dass ein Verhandlungsergebnis eine Pareto-Verbesserung relativ zu den Auszahlungen bei Scheitern der Verhandlungen erlaubt. W¨are dies nicht der Fall, h¨atte zumindest eine der beiden Parteien keinerlei Anreiz, sich uber¨- haupt auf eine Verhandlung einzulassen und das Problem w¨are trivial.1 In einem guten Teil dieses Kapitels wird der gemeinsame Gewinn bei erfolgreichen Verhandlungen exogen vorgegeben. Damit liegt eine Verhandlung vor, die als ”Splitting the Pie” bzw. Verteilungsspiel bezeichnet werden kann. In den Anwendungen am Ende des Kapitels wird jedoch auch ein sich endogen ergebender Gewinn aus den Verhandlungen modelliert.

Das Verhandlungsproblem kann in seiner einfachsten Form (mit exogener Gesamtauszahlung, die hier den Wert 1 annehmen m¨oge, und mit auf Null normierten Auszahlungen f¨ur beide Verhandlungspartner bei Scheitern der Verhandlungen) in Abbildung 6.1 dargestellt werden. Alle Allokationen (bzw. Verhandlungsergebnisse) auf der e zienten Grenze sind m¨oglich, die Verhandlungsl¨osung muss nun noch spezifizieren, ob die e ziente Grenze erreicht wird und falls ja, welcher Punkt darauf.

u2

1

effiziente Grenze

0

1

u1

Abbildung 6.1: Das Verteilungsspiel: splitting the pie

Wenn das Verhandlungsproblem dann formuliert ist, gibt es zwei prinzipiell verschiedene Vorgehensweisen f¨ur die Bestimmung des Verhandlungsergebnisses:

Beginnend mit dem zweiten wesentlichen Beitrag zur Spieltheorie von John Nash aus dem Jahr 1950, der Nash-Verhandlungsl¨osung2, hat

1Man kann sich darunter die ”Verhandlung” vorstellen, ob ein (zahlungsf¨ahiger) und dem Wirt namentlich bekannter Gast in der Kneipe seine Zeche bezahlt. Da er dazu juristisch verpflichtet ist und der Wirt diesen Anspruch auch durchsetzen kann, wird er sich auf diese Frage typischerweise nicht ernsthaft einlassen.

2Vgl. Nash (1950b).

150

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

sich die kooperative Spieltheorie der L¨osung des Verhandlungsproblems wie folgt gen¨ahert: Es werden plausible, einleuchtende Kriterien formuliert, die eine Verhandlungsl¨osung aufweisen sollte. Danach wird eruiert, welche L¨osungsmethode diese Eigenschaften generiert.1 Diese Vorgehensweise ist die historisch altere¨ Methode, wird hier jedoch aufgrund der notwendigen ad hoc Annahmen als zweite behandelt. Der entsprechende Abschnitt betritt damit gegen¨uber den vorhergehenden Kapiteln konzeptionelles Neuland.

Alternativ dazu hat sich seit dem bahnbrechenden Beitrag von Rubinstein (1982) auch eine non-kooperative Theorie der Verhandlungen entwickelt, die eine g¨anzlich andere Modellierungsstrategie verfolgt: Es wird unterstellt, dass die beteiligten Akteure abwechselnd Angebote unterbreiten, die von dem (den) Verhandlungspartner(n) akzeptiert oder zur¨uckgewiesen werden k¨onnen. Sobald ein Angebot akzeptiert wird, ist das Spiel zu Ende. Damit bewegen wir uns in konzeptionell bekanntem Fahrwasser, da hier einfach eine dynamische (und ggf. endlich oder unendlich oft wiederholte) Spielsituation vorliegt, die bereits analysiert wurde.

6.3Nicht-kooperative Verhandlungen

Dieser Abschnitt unterscheidet sich von den vorhergehenden Kapiteln 3-5 nicht fundamental in dem Sinn, dass eine prinzipiell ”andere” Situation untersucht werden w¨urde, f¨ur die erst wieder ein passendes L¨osungskonzept entwickelt werden m¨usste. Vielmehr handelt es sich bei der spieltheoretischen Analyse von Verhandlungen letztlich ”nur” um die Anwendung bereits bekannter Konzepte. Diese Bemerkung impliziert (nat¨urlich) keineswegs, dass es in diesem Abschnitt nichts zu lernen gibt, sondern dient dazu, dass man sich die Verbindung zwischen den bisher eingef¨uhrten Konzepten und deren Anwendungen im Kontext der Modellierung von Verhandlungen immer vor Augen h¨alt.

Wie bereits erl¨autert, bildet die non-kooperative Spieltheorie einen Verhandlungsprozess durch die Abfolge alternierender Angebote ab. Daher spricht man auch von sequentiellen Verhandlungen (sequential bargaining). Zun¨achst wird im Folgenden ein endlicher Zeithorizont unterstellt, d.h. die Akteure haben nur eine begrenzte Zahl von M¨oglichkeiten, ein Angebot zu machen. Danach wird diese Situation verallgemeinert zu einem Spiel, in dem bis zur Einigung potentiell unendlich viele alternierende Angebote gemacht werden k¨onnen.

1Die Einordnung in die ”kooperative” Spieltheorie verdankt sich der Tatsache, dass man zur L¨osung des Verhandlungsproblems letztlich eine Konstruktion ben¨otigt, die die Nutzenfunktionen beider Akteure ber¨ucksichtigt. Dies ist zwar nicht dasselbe wie die Maximierung der gemeinsamen Nutzensumme (was eine nahe liegende Konkretisierung von Kooperation w¨are), geht aber ein gutes St¨uck in diese Richtung.

6.3. NICHT-KOOPERATIVE VERHANDLUNGEN

151

6.3.1Verteilungsspiel I: Endlicher Zeithorizont

Angenommen, Spieler 1 und Spieler 2 spielen das in Abbildung 6.1 auf Seite 149 dargestellte Verteilungsspiel, dem nun aber noch die folgende zeitliche Struktur1 gegeben wird, die in Abbildung 6.2 zu sehen ist.2 In Periode 1 macht Spieler 1 ein Angebot f¨ur die Teilung des E, dieser Vorschlag besteht in den Anteilen s1 f¨ur Spieler 1 und damit (1 − s1) f¨ur Spieler 2. Dieser kann den Vorschlag akzeptieren oder ablehnen. Bei Akzeptanz endet das Spiel mit den entsprechenden Auszahlungen. Wenn Spieler 2 jedoch ablehnt, muss er seinerseits einen Vorschlag machen, der wiederum einen Anteil f¨ur Spieler 1, n¨amlich s2 (der Index bezieht sich auf die Periode, nicht auf den Spieler!) und dementsprechend (1 − s2) f¨ur Spieler 2 spezifiziert. Nun ist es Spieler 1, der den Vorschlag ablehnen oder akzeptieren kann. Akzeptiert er, endet das Spiel mit der Realisierung des Vorschlags von 2, wenn nicht endet das Spiel mit Auszahlungen von Null f¨ur jeden. Abbildung 6.2 zeigt also letztlich einfach ein dynamisches Spiel bei vollkommener Information in seiner extensiven Form, d.h. als Spielbaum. In Kapitel 4 wurden daher im Prinzip alle konzeptionellen Voraussetzungen f¨ur die Analyse dieser Situation gescha en – wie im Lauf der Entwicklung der L¨osung dieser Verhandlungssituation deutlich werden sollte.

Abbildung 6.2: Endliche sequentielle Verhandlung

Die L¨osung des Problems besteht nun in der Suche nach dem teilspielperfekten Gleichgewicht, das (wie in Kapitel 4) per R¨uckw¨artsinduktion gefunden werden kann. In Periode 2 hat Spieler 2 das Vorschlagsrecht. Da Spieler 1 nur eine ”take or leave it”-Wahl hat, kann Spieler 2 den Vorschlag

1 − s2

= 1, d.h. s2 = 0 machen. Spieler 1 ist indi erent und akzeptiert den

 

 

 

 

1

 

¨

 

 

Es ist eine instruktive Ubung, sich zu uberlegen,¨ welche Strategiekombinationen ein

Nash-Gleichgewicht in einem statischen Spiel (in dem beide Spieler simultan ihre O erten machen) darstellen. Antwort: Es sind alle Vorschl¨age, deren Summe gleich dem exogen festgelegten Preis entspricht.

2Verhandlungskosten werden hier nicht explizit gemacht, k¨onnten aber leicht aufgenommen werden, indem die Auszahlungen an den Endknoten des Spiels um die w¨ahrend der Verhandlung anfallenden Kosten korrigiert werden.

152 KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

Vorschlag.1 Das Vorschlagsrecht in der letzten Periode zusammen mit der Auszahlung von Null bei Scheitern der Verhandlung f¨ur den Gegenspieler verscha t hier Spieler 2 also eine sehr weitreichende Machtposition.

F¨ur die Entscheidung in der ersten Periode durchschauen beide Spieler annahmegem¨aß die gerade geschilderte Logik in Periode 2. Insbesondere weiß Spieler 1, dass jeder Vorschlag von ihm durch Spieler 2 abgelehnt werden wird, wenn dieser dem Spieler 2 nicht mindestens die gerade geschilderte Auszahlung gew¨ahrt. Wenn zwischen den Perioden nicht abgezinst wird, ist Spieler 1 v¨ollig indi erent zwischen jedem Vorschlag s1 [0, 1]. s1 = 0 w¨urde von 2 sofort akzeptiert, alles andere abgelehnt. Von daher ist in diesem Fall s1 = 0 und dementsprechend 1 − s1 = 1 – also die denkbar krasseste Ungleichverteilung – das teilspielperfekte Gleichgewicht dieser Verhandlungssituation.

Wird zwischen den Perioden abdiskontiert2, so ist der in der zweiten Periode erreichbare E f¨ur Spieler 2 aus Sicht der Periode 1 nur noch β · 1 E wert, wobei 0 < β ≤ 1 wieder den Diskontfaktor bezeichnet. Dementsprechend wird Spieler 2 auf ein Angebot des Spielers 1 in der ersten Periode eintreten, das

ihm dann bereits einen Anteil β sichert, d.h.

 

(1 − s1) = β s1 = 1 − β

(6.1)

ist das Angebot, das Spieler 1 in Periode 1 machen wird und auf das Spieler 2 eintreten wird, da er sich auch durch seine Machstellung in Periode 2 nicht besser stellen kann. 6.1 ist also die teilspielperfekte L¨osung dieser Verhandlungssituation. F¨ur β = 1 impliziert diese L¨osung nat¨urlich die zuvor abgeleitete v¨ollige Ungleichverteilung im Fall ohne zeitliche Diskontierung.

Drei Merkmale dieser L¨osung verdienen besondere Erw¨ahnung:

Wird die sequentielle Verhandlung nach einer ex ante festgelegten und bekannten Zahl von Runden (im Beispiel: 2) abgebrochen, so hat derjenige

Spieler einen Vorteil, der das Recht hat, den letzten Vorschlag zu machen.

Dieser Vorteil ist umso gr¨oßer, je niedriger die unterstellte Zeitpr¨aferenzrate (d.h. je n¨aher der Diskontfaktor β bei dem Wert 1 liegt) ist. Ohne Abdiskontierung geht der gesamte Kooperationsgewinn an den Spieler, der den letzten Vorschlag macht.

1Man k¨onnte hier die Indi erenz aufheben, in dem Spieler 2 seinem Kontrahenten eine minimale positive Summe uberl¨asst. Diese unn¨otige Komplikation wird hier vermieden. Man beachte dabei, dass die Rationalit¨atspr¨amisse auch mit der Akzeptanz sehr ungleicher Verhandlungsergebnisse konsistent ist, wenn der ”benachteiligte” Spieler keine bessere

¨

Alternative durchsetzen kann. Fairness-Uberlegungen spielen hier keine Rolle.

2Die Frage, ob dies von Bedeutung ist oder nicht, kommt auf den konkreten Kontext an. Wenn die Angebote und Gegenangebote sofort hintereinander gemacht werden k¨onnen, kann man die Abdiskontierung getrost vernachl¨assigen, wenn hingegen l¨angere Intervalle dazwischen liegen, so muss das ber¨ucksichtigt werden.

6.3. NICHT-KOOPERATIVE VERHANDLUNGEN

153

Im Fall mit Diskontierung (d.h. β < 1) wird das Spiel in jedem Fall gleich in der ersten Periode beendet.1 Der Spieler mit dem Nachteil, in der letzten Periode keinen Vorschlag machen zu k¨onnen, kann durch die Diskontierung einen Teil des Verhandlungsgewinns an sich ziehen. Dieses Ergebnis ist intuitiv verst¨andlich, da das einzige Drohpotential des Spielers 1 darin besteht, die Entscheidung uberhaupt¨ erst in die zweite Periode zu verlagern. Sein durch diese Macht erreichbarer Anteil an dem Verhandlungsgewinn wird umso h¨oher sein, je h¨oher die Zeitpr¨aferenzrate ist, d.h. je niedriger der Diskontfaktor ist.

Nat¨urlich kann man das Spiel in Abbildung 6.2 auf Seite 151 noch um die M¨oglichkeit weiterer alternierender Angebote erweitern mit dem klaren Ergebnis, dass diese Ausdehnung das Drohpotential durch die m¨ogliche Verschiebung der Auszahlungen am Ende des Spiels ebenfalls vergr¨oßert.

6.3.2Verteilungsspiel II: Unendlicher Zeithorizont, RubinsteinSpiel

Es ist nicht ganz einfach, sich ein Umfeld vorzustellen, in dem tats¨achlich einer der verhandelnden Parteien ein ”letztes Wort” zugestanden wird. Typischerweise laufen Verhandlungen ohne einen klar definierten Endpunkt ab. Und selbst wenn dieser zeitlich definiert w¨are (z.B. durch das Ende der Friedenspflicht bei Tarifverhandlungen oder durch das Auslaufen jedes anderen Vertrags uber¨ dessen Verl¨angerung man verhandeln kann), besteht kein Anlass zur Vermutung, dass diese Limitation auch festlegt, welche der Verhandlungsparteien ein letztes Angebot machen kann. Daher ist Abschnitt 6.3.1 auf Seite 151 im Grunde nur eine erste Ann¨aherung an die Modellierung einer Verhandlung mit alternierenden Angeboten.

Viel plausibler ist es, von einem unbegrenzten Zeithorizont auszugehen, d.h. eine Struktur wie in Abbildung 6.3 auf der n¨achsten Seite zu unterstellen. Diese Struktur konstituiert das Rubinstein-Spiel, das nach dem bahnbrechenden Aufsatz von Ariel Rubinstein (1982) benannt ist.

Die Methode der R¨uckw¨artsinduktion steht nun bei unendlicher Wiederholung des Spiels nicht mehr ohne weiteres zur Verf¨ugung. Dennoch kann das Spiel relativ einfach gel¨ost werden, wenn man sich vor Augen f¨uhrt, dass das in Periode 3 beginnende Teilspiel exakt die gleiche Struktur aufweist wie das gesamte, d.h. in Periode 1 beginnende Spiel2: In beiden F¨allen kann Spieler 1 einen Vorschlag machen, den Spieler 2 annehmen oder ablehnen kann um f¨ur den Fall der Ablehnung einen eigenen Vorschlag zu machen usw.. Sowohl in

1Ohne Diskontierung sind die Verhandlungspartner letztlich indi erent, zu welchem Zeitpunkt das Spiel den beschriebenen Ausgang findet, d.h. gleich in Periode 1 oder erst in Periode 2.

2Dieser L¨osungsweg geht zur¨uck auf den Beitrag von Shaked/Sutton (1984).

154

 

 

 

 

 

 

 

 

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 6.3: Unendliche sequentielle Verhandlung: Das Rubinstein-Spiel

Periode 1 als auch in Periode 2 sind prinzipiell unendlich viele Wiederholungen dieser Sequenz m¨oglich.1

Diese Struktur erlaubt es, die Methode der R¨uckw¨artsinduktion auch auf das unendlich wiederholte Spiel anzuwenden. Unter Ber¨ucksichtigung von zeitlicher Diskontierung, die in diesem Fall sogar zwischen den beiden Verhandlungspartnern unterschiedlich sein kann2, ist die Logik der R¨uckw¨artsinduktion dabei wie folgt:

Angenommen, Spieler 1 kann in Periode 3 (von der wir noch gar nicht wissen, ob sie erreicht werden wird) einen nat¨urlich erst noch zu bestimmenden maximalen Anteil s¯ durchsetzen, d.h. er schl¨agt die Aufteilung (¯s, 1 − s¯) vor und Spieler 2 stimmt dem zu.

Dann weiß Spieler 2 in Periode 2, dass er einen Vorschlag machen kann, der dem Spieler 1 einen Anteil in H¨ohe von β1s¯ bel¨asst, wobei β1 der Diskontierungsfaktor des Spielers 1 ist. Aus Sicht der Periode 2 ist β1s¯ f¨ur Spieler 1 nat¨urlich genau so viel wert wie s¯ in Periode 3, daher wird er dem Vorschlag zustimmen. Spieler 2 erh¨alt dann nat¨urlich den Anteil 1 − β1s¯.

In Periode 1 weiß nun Spieler 1, dass er ein Angebot machen kann. Damit Spieler 2 dieses Angebot gerade noch akzeptiert, muss es f¨ur diesen einen Anteil β2 (1 − β1s¯) vorsehen, wobei β2 der Diskontfaktor f¨ur Spieler 2 ist. Die in Periode 1 maximal durchsetzbare Forderung f¨ur Spieler 1 ist dementsprechend gegeben durch den Anteil 1 − β2 (1 − β1s¯).

Da aber nun die Struktur der Spiele, die in Periode 1 und 3 beginnen, v¨ollig identisch ist, m¨ussen die jeweils durchsetzbaren Anteile ebenfalls identisch sein.

Es muss also gelten, dass

 

s¯ = 1 − β2 (1 − β1s¯) ,

(6.2)

1Genauso sind nat¨urlich die in Periode 2 und 4 startenden Teilspiele v¨ollig isomorph.

2Auch dem gesunden Menschenverstand ist problemlos zug¨anglich, dass in Verhandlungssituationen eine im Vergleich zum Verhandlungsgegner st¨arker ausgepr¨agte Ungeduld sich sch¨adlich auf das Verhandlungsergebnis auswirkt. Dies wird eines der Ergebnisse der folgenden Analyse sein.

6.3. NICHT-KOOPERATIVE VERHANDLUNGEN

155

was sich leicht nach s¯ aufl¨osen l¨asst:

s¯ =

1 − β2

.

(6.3)

 

 

1 − β1β2

 

Das Angebot durch Spieler 1 in Periode 1 einer Aufteilung des zu erzielenden Verhandlungsgewinns gem¨aß (6.3) stellt ein teilspielperfektes NashGleichgewicht des Rubinstein-Spiels dar.

Zu pr¨ufen ist nun noch, ob dieses Gleichgewicht eindeutig ist, oder ob es weitere teilspielperfekte L¨osungen gibt. Um diese Frage nach der m¨oglichen Existenz multipler Gleichgewichte zu beantworten, wird nun untersucht, wie hoch die von Spieler 1 minimal durchsetzbare Forderung ist, die mit s bezeichnet sei. Wenn Spieler 1 in Periode 3 wenigstens s erwarten kann, so kann Spieler 2 in Periode 2 dem Spieler 1 nicht weniger als β1s anbieten, d.h. f¨ur sich selbst den Anteil 1 − β1s sichern. Damit muss Spieler 1 in Periode 1 an Spieler 2 einen Vorschlag machen, der diesem wenigstens den Gegenwartswert des letztgenannten Anteils sichert, d.h. β2 (1 − β1s). Dies impliziert nat¨urlich einen Anteil f¨ur Spieler 1 in H¨ohe von

s = 1 − β2 (1 − β1s)

(6.4)

Man sieht durch einen Vergleich von (6.4) mit (6.2) sofort, dass der minimale Anteil, den Spieler 1 erwarten kann genau so groß ist wie der maximale Anteil, den er durchsetzen kann. Damit ist das eindeutige teilspielperfekte Nash-Gleichgewicht des Rubinstein-Spiels gegeben durch

s¯ = s ≡ s =

1 − β2

(6.5)

1 − β1β2

 

 

Die Eigenschaften dieser L¨osung sollen nun noch etwas genauer unter die Lupe genommen werden:

Spieler 1 erh¨alt umso mehr (Spieler 2 damit umso weniger) je geduldiger er ist, d.h. je gr¨oßer β1 ist. Algebraisch l¨asst sich dies sehr einfach aus

(6.5) ermitteln: ∂s = β2(1−β2)2 > 0.

∂β1 (1−β1β2)

• Umgekehrt profitiert Spieler 1 von der Ungeduld des 2, d.h. es ist ∂s =

∂β2

−(1−β1)2 < 0. Die Intuition f¨ur diese Ergebnisse ist klar: Je geduldiger ein

(1−β1β2)

Spieler ist, desto st¨arker wird sein Drohpotential f¨ur das Ablehnen eines Angebots und desto h¨oher muss also das Angebot an ihn im Gleichgewicht sein.

Bei identischen Diskontierungsfaktoren der beiden Spieler, d.h. f¨ur β1 = β2 ≡ β ist das Ergebnis des Rubinstein-Spiels gegeben durch s = 11ββ2 =

1+1β .1

1F¨ur die zweite Schreibweise ist zu ber¨ucksichtigen, dass der Nenner in der ersten Schreibweise wie folgt aufgel¨ost werden kann. 1 − β2 = (1 − β) (1 + β).

156

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

Das letzte Ergebnis gibt auch Auskunft uber¨ den Spezialfall, dass bei de

Spieler keinerlei Diskontierung vornehmen, d.h. β1 = β2 = 1. In diesem Fall ist s = 12 , d.h. der E wird gleichm¨aßig aufgeteilt – was eine intuitiv sehr plausible L¨osung ist.

F¨ur alle β < 1 hat der erste Spieler jedoch wie im endlich wiederholten Spiel einen echten First-Mover-Vorteil, d.h. er kann (etwas) mehr als die H¨alfte des E beanspruchen und kann dies auch durchsetzen, da Spieler 2 in der ersten Runde lieber etwas weniger als die H¨alfte akzeptiert als seinerseits erst in der n¨achsten Runde ein Angebot zu unterbreiten.

Abbildung 6.4 zeigt die L¨osungen gem¨aß (6.5) f¨ur Werte von β1 [0, 1] und drei alternative Werte f¨ur β2. Die wichtigsten der gerade diskutierten Eigenschaften der L¨osung des Rubinstein-Spiels werden hier gut sichtbar.

Abbildung 6.4: L¨osungen des Rubinstein-Spiels

6.3.3Die Einbeziehung von Außenoptionen im RubinsteinSpiel

Das Rubinstein-Spiel fand in der verhandlungstheoretischen Literatur eine sehr weite Beachtung. Allerdings ist es unstrittig, dass die gerade pr¨asentierte Form sehr wenig interessante und f¨ur reale Verhandlungssituationen bedeutsame Merkmale enth¨alt. Diese k¨onnen jedoch teilweise sehr einfach in die gezeigte Struktur eingebaut werden. Zu diesen Merkmalen z¨ahlen insbesondere die Ber¨ucksichtigung von

Verhandlungskosten, die in jeder Runde als fixer Betrag anfallen k¨onnen, wobei die im letzten Unterabschnitt gezeigte Analyse jedoch bereits proportionale Verhandlungskosten durch die Diskontierung mit abbildet –

6.3. NICHT-KOOPERATIVE VERHANDLUNGEN

157

und sogar den Fall, dass diese Kosten zwischen den Verhandlungspartnern di erieren mit beinhaltet;

Unsicherheiten diverser Arten, bspw. uber¨ die genau H¨ohe der Auszahlungen, uber¨ Pr¨aferenzen der Verhandlungspartner etc.;

Risikoaversion der Akteure, was einen Einfluss auf die Nutzenkonsequenzen des Scheiterns von Verhandlungen und damit auf das Verhandlungsergebnis hat;

Außenoptionen (outside options) d.h. M¨oglichkeit beim Scheitern der Verhandlungen eine bestimmte Option zu haben (z.B. mit einem andern Partner zu verhandeln). Außenoptionen werden auch als Drohpunkte (threat points) bezeichnet.

Die Einbeziehung von Außenoptionen soll nun noch kurz gezeigt werden. Dazu wird angenommen, dass beide Spieler nach einem Angebot nunmehr drei M¨oglichkeiten haben: Sie k¨onnen es akzeptieren, ablehnen und ein Gegenangebot machen (wie bisher) oder aber die Verhandlung abbrechen und eine Außenoption wahrnehmen – z.B. mit einem anderen Partner Verhandlungen aufnehmen. In diesem Fall erhalten beide Spieler die Auszahlungen (α1, α2). Nat¨urlich darf die Summe der Außenoptionen den Verhandlungsgewinn nicht ubersteigen,¨ da ansonsten wenigstens ein Verhandlungspartner kein Interesse an der Verhandlung haben kann. Beim Spiel um einen Verhandlungsgewinn von 1 muss also gelten, dass α1 2 < 1. Um die Situation nicht zu kompliziert werden zu lassen, wird davon ausgegangen, dass der Wert der Außenoptionen f¨ur beide Spieler uber¨ die gesamte m¨ogliche Dauer des Spiels hinweg konstant ist.

Abbildung 6.5 zeigt die geschilderte Situation.

Abbildung 6.5: Das Rubinstein-Spiel mit Außenoptionen.

158

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

Wieder kann man von einer maximal durchsetzbaren Auszahlung s¯ f¨ur Spie-

¨

ler 1 in Periode 3 ausgehen. Die Uberlegung von Spieler 2 f¨ur sein Angebot in Periode 2 modifiziert sich nun aber etwas: Damit Spieler 1 akzeptiert, muss er ihm mindestens seine Außenoption garantieren, d.h. Spieler 2 muss in Periode 2 folgendes Angebot machen: max (β1s,¯ α1). Dazu wird er aber nur bereit sein, wenn der f¨ur ihn verbleibende Teil mindestens seiner eigenen Außenoption entspricht, d.h. f¨ur 1 − β1s¯ ≥ α2. In Periode 1 kann Spieler 1 also einen Vorschlag machen, der Spieler 2 wenigstens max (β2 (1 − β1s¯) , α2) bel¨asst. Das ist aber f¨ur Spieler 1 nur dann attraktiv, wenn sein Anteil mindestens seiner Außenoption entspricht, d.h. f¨ur 1 − β2 (1 − β1s¯) ≥ α1. Es leuchtet unmittelbar ein, dass f¨ur den Fall, dass die Außenoptionen keine bindenden Restriktionen darstellen, das Verhandlungsergebnis mit dem Spiel ohne Außenoptionen ubereinstimmen,¨ diese jedoch den zul¨assigen M¨oglichkeitenraum f¨ur das Verhandlungsergebnis unabh¨angig von Unterschieden der Diskontierungsfaktoren und der Reihenfolge der Vorschlagsm¨oglichkeiten begrenzen.

Abbildung 6.6 illustriert dieses Ergebnis. Nur der fett ausgezogene Bereich der Verteilungsm¨oglichkeiten ist relevant, da die Außenoptionen der Verhandlungspartner die Macht der oder des jeweils Anderen unabh¨angig von den weiteren Merkmalen der Verhandlungssituation begrenzen. Die Abbildung macht auch klar, dass ein Scheitern der Verhandlungen und damit die Realisierung der Außenoption f¨ur beide Verhandlungspartner nicht w¨unschenswert ist, d.h. dass die Verhandlung eindeutige Paretoverbesserungen zul¨asst.

Abbildung 6.6: Ergebnisraum f¨ur das Rubinstein-Spiel mit Außenoptionen.

Anhand von Abbildung 6.6 kann man sich auch noch einmal gut die Logik Forderung vor Augen f¨uhren, dass die Summe der Außenoptionen nicht der Verhandlungsgewinn (hier: 1) uberschreiten¨ darf ohne dass es zum Abbruch der Verhandlungen kommt. Es w¨urde einfach kein relevanter Bereich auf der e zienten Grenze, der in Abbildung 6.6 fett ausgezeichnet ist, ubrig¨ bleiben. Daher w¨urden hier die Verhandlungen von demjenigen mit der besseren Au-

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