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Spieltheorie_WS1213

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6.5. ANWENDUNGEN

169

d.h. B kann den gesamten an diesem Tag erzielbaren Erl¨os f¨ur sich beanspruchen, M verliert nichts dabei, auf den Vorschlag einzutreten. B kann durch dieses Angebot E 1000 f¨ur sich sicherstellen.

Periode 100: Nun kann M ein Angebot machen. M weiß dabei, dass B f¨ur sich E 1000 sicherstellen kann. Daher wird B kein Angebot akzeptieren, bei dem sie schlechter wegkommt. Umgekehrt kann B aber auch nichts durchsetzen, was einen h¨oheren Betrag abwirft. Daher wird M folgendes Angebot machen:

s100 = 0, 5

(6.17)

Dieses Angebot stellt sicher, dass sowohl M als auch B an den letzten beiden Tagen jeweils insgesamt E 1000 erhalten.

Periode 99: In dieser Periode realisiert B, dass M f¨ur sich E 1000 durchsetzen kann. Daher kann von den ab Periode 99 m¨oglichen Gesamteinnahmen in H¨ohe von E 3000 die Belegschaft E 2000 f¨ur sich beanspruchen, was erreicht wird durch ein Angebot

s99 =

2

.

(6.18)

3

 

 

 

Dieser Vorschlag bel¨asst M die ab Periode 100 durchsetzbare Auszahlung von E 1000, bringt aber B eine Auszahlung von E 2000.

Periode 98: M ist sich nun bewusst, dass B E 2000 durchsetzen kann und

bietet daher wieder

 

s98 = 0, 5

(6.19)

an, was eine Gesamtauszahlung in H¨ohe von E 2000 jeweils f¨ur B und f¨ur M impliziert.

Periode 97: B weiß, dass M E 2000 f¨ur sich sicherstellen kann, daher wird es genau E 3000 der nun zu verteilenden E 5000 f¨ur sich beanspruchen, was einem Vorschlag f¨ur eine Aufteilung von

s97 =

3

(6.20)

5

 

 

entspricht. Das Prinzip sollte jetzt klar geworden sein: In jeder geradzahligen Periode wird M eine jeweils h¨alftige Aufteilung vorschlagen, in jeder ungeradzahligen Periode wird B einen Anteil vorschlagen, der sich von oben asymptotisch einer h¨alftigen Aufteilung ann¨ahert. Die Asymmetrie beruht auf der Tatsache, dass B annahmegem¨aß das Vorschlagsrecht in der letzten Periode hat. Je mehr Perioden das Spiel hat, desto geringer wird dieser Vorteil, d.h. f¨ur ein zwar endliches, aber sehr lang dauerndes Spiel wird man sich im Limit auf eine h¨alftige Aufteilung des Kooperationsgewinns einigen. Nat¨urlich kann man die Rollen von B und M auch vertauschen, wenn man M das Vorschlagsrecht in der letzten Periode gibt, da weitere Asymmetrien in der Situation nicht angelegt sind.

Ein Zur¨uckrechnen (f¨ur die Situation, dass B das Vorschlagsrecht in der letzten Periode 101 und in allen ungeradzahligen Perioden zuvor hat) bis zur

170

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

Periode 1 f¨uhrt zu der teilspielperfekten Forderung der Belegschaft in H¨ohe von

s1 =

51

≈ 0, 505.

(6.21)

101

 

 

 

Auf diese Forderung wird das Management eintreten, womit die Saison gerettet ist und die zu verteilenden Einnahmen zu 50,5% an die Belegschaft und zu 49,5% an das Management gehen.

Abbildung 6.13 zeigt das zeitliche Profil der teilspielperfekten Forderungen in allen Perioden t [1, 101].

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0,9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0,8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0,7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0,6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

0,5

1

11

21

31

41

51

61

71

81

91

101

Abbildung 6.13: Abwechselnde teilspielperfekte Forderungen in den Lohnverhandlungen zwischen Management und Belegschaft.

Man sieht hier sehr gut, dass eine deutliche Abweichung von der h¨alftigen Aufteilung des Kooperationsgewinns erst weit am Ende des Spiels zu einer teilspielperfekten L¨osung wird. Erst dann f¨uhrt die Macht, die aus dem letzten Vorschlagsrecht erw¨achst, zu einer deutlichen Asymmetrie.

6.5.2Lohnverhandlungen II: Die Nash-L¨osung

Eine g¨anzlich andere Art der Verhandlung uber¨ L¨ohne bietet das sog. Zeuthen- Nash-Jackman-Modell aus der Arbeitsmarkttheorie1 Hier verhandeln zun¨achst

1Friedrich Zeuthen ist ein Arbeitsmarkttheoretiker, der bereits in den 1930er uber¨ Lohnverhandlungen nachdachte, dem aber nat¨urlich das analytische Instrumentarium fehlte, Nash lieferte das L¨osungskonzept und Richard Jackman f¨uhrte das folgende Modell (bzw. eine allgemeinere Version davon) als Hauptvehikel zur Beschreibung und Analyse der europ¨aischen Arbeitsmarktsituation in die Literatur ein. Eine ausf¨uhrliche Darstellung findet sich bei Landmann/Jerger (1999, Kap. 5).

6.5. ANWENDUNGEN

171

Gewerkschaften G mit Unternehmen U uber¨ den zu bezahlenden Reallohn.2 Alle Beteiligten wissen dabei, dass die Unternehmung nach erfolgreichen Lohnverhandlungen nur so viele Besch¨aftigte einstellt, wie sie f¨ur richtig (also gewinnmaximal) h¨alt.3

Der Ablauf dieses Spiels ist in Abbildung 6.14 zusammengefasst.

Zeit

G und U verhandeln

U entscheidet uni-

über (Real-) Lohn W

lateral über Beschäftigung,

 

gegeben den Lohn W

Abbildung 6.14: Timing im Zeuthen-Nash-Jackman-Modell zwischen Gewerkschaft (G) und Unternehmen (U).

Zun¨achst muss untersucht werden, wie sich die Unternehmung auf der zweiten Stufe verh¨alt. Da sie ihren Output Y mit Hilfe des Faktors Arbeit N produziert, den sie f¨ur einen Reallohn von W pro Einheit4 besch¨aftigen kann, lautet das Gewinnmaximierungsproblem wie folgt:

max Π = Y − W N s.t. Y = F (N) ,

(6.22)

N

 

wobei Y = F (N) die Produktionsfunktion ist. F¨ur die folgende Analyse wird dabei der Einfachheit halber von einer einfachen Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit fixem (und auf 1 normierten) Kapitalstock ausgegangen:

Y = F (N) = Nη mit 0 < η < 1

(6.23)

Die Bedingung erster Ordnung f¨ur den optimalen Arbeitseinsatz liefert

∂Π

=

∂Y

− W = 0

 

 

 

∂N

∂N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

W =

∂Y

 

,

(6.24)

 

 

 

∂N

 

 

 

 

 

 

2Nat¨urlich werden in Lohnverhandlungen streng genommen nur Nominall¨ohne gesetzt. Die hier getro ene Vereinfachung unterstellt zweierlei: Zum einen hat die Unternehmung keine Preissetzungsmacht auf ihrem Absatzmarkt und zum anderen wirken die L¨ohne in dem betrachteten (kleinen) Unternehmen nicht auf das aggregierte Preisniveau. Durch diesen ”Trick” sind sowohl Produzentenals auch Konsumentenpreise fix und die Verhandlungen uber¨ Nominall¨ohne sind gleichzeitig auch Verhandlungen uber¨ Reall¨ohne. Eine Analyse der makro¨okonomischen Konsequenzen von Lohnsetzungen m¨usste hier sorgf¨altiger modellieren.

3Aufgrund dieser Eigenschaft spricht man in der Literatur von sog. ”right-to-manage”- Modellen.

4Das Outputgut Y ist das num´eraire, d.h. W gibt an, wie viele Einheiten Y man f¨ur eine Einheit N bekommt.

172

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

was die denkbar einfachste Form einer Arbeitsnachfragekurve ist. Es wird gerade soviel Arbeit eingestellt, dass die Grenzproduktivit¨at dem Reallohn entspricht. F¨ur sp¨ateren Gebrauch wird schon hier festgehalten, dass die Arbeitsnachfrage (6.24) bei G¨ultigkeit der Produktionsfunktion (6.23) charakterisiert ist durch W = ηNη−1 bzw. aufgel¨ost nach N:

N =

η

1

 

(6.25)

.

 

 

W

 

 

 

 

 

 

 

η−1

 

Damit ist die Elastizit¨at der Besch¨aftigung bei Variation des Reallohns gegeben durch

εN|W = (η − 1)−1 .

(6.26)

Die Unternehmer gehen in die Lohnverhandlungen mit dem Ziel, einen m¨oglichst hohen Gewinn zu erzielen, wobei das Verhalten (6.24), d.h. die Arbeitsnachfrage als Funktion des auszuhandelnden Lohnes antizipiert wird. Eine Außenoption existiert nicht, d.h. wenn keine Einigung zustande kommt, so findet keine Produktion statt. Die Gewinne der Unternehmung sind dann gleich Null.1 Damit ist der ”Unternehmenspart” des Nash-Maximanden gegeben durch

Π = Y − W N −

0

= Y − W N

(6.27)

|

 

{z

 

}

Außenoption

 

 

Zielfunktion

 

 

| {z }

 

 

F¨ur die Gewerkschaft sei unterstellt, dass sie die Einkommenssumme ihrer Klientel (Gewerkschaftsmitglieder) maximieren m¨ochte. Dabei erhalten die besch¨aftigten Gewerkschaftsmitglieder den Reallohn W , die Arbeitslosen erhalten eine staatliche Transferleistung in H¨ohe von A (f¨ur Außenoption). Wenn weiterhin die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder auf 1 normiert wird, so lautet der ”Gewerkschaftspart” des Nash-Maximanden wie folgt:

uG = NW + (1 − N) A − 1 · A = N (W − A)

 

Zielfunktion

 

Außenoption

 

|

}

| {z }

 

{z

 

 

Somit ist der Nash-Maximand gegeben durch

 

˜

 

− W N] · [N (W − A)]

 

Ω = Π · uG = [Y

.

 

˜

 

 

Ω ≡ ln Ω = ln (Y − W N) + ln (N (W − A))

 

Die Optimierung uber¨ W f¨uhrt zu

(6.28)

(6.29)

1Dies ist eine ”unschuldige” Normierung, da man auch einen negativen Gewinn beispielsweise aufgrund von bereits vor den Lohnverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen zur Anmietung von Produktionsanlagen mit einbeziehen k¨onnte.

6.5. ANWENDUNGEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

173

 

 

∂W

= Y − W N

∂N ∂W − W

∂W − N +N (W − A) N + ∂W (W − A)

= 0.

 

∂Ω

1

 

 

 

∂Y ∂N

 

 

 

∂N

 

 

 

 

 

 

1

 

 

 

 

∂N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(6.30)

 

 

Dieser Ausdruck sieht zun¨achst etwas ”h¨asslich” aus, ist aber relativ leicht

 

(aber nicht ohne Bleistift und Papier) in eine ”h¨ubsche” Form zu bringen.

 

Zun¨achst heben sich aufgrund von (6.24) die beiden ersten Terme in der Klam-

 

mer des ersten Summanden gegenseitig auf. Dies f¨uhrt zu

 

 

 

 

 

 

 

 

Y − W N + N (W1

− A) N + ∂W (W − A)

= 0.

(6.31)

 

 

 

 

 

−N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

∂N

 

 

 

 

 

 

 

 

Betrachten wir den ersten Term etwas genauer. Dieser kann (durch Erwei-

 

tern mit N−1) auch geschrieben werden als

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

−1

=

 

 

 

 

 

 

 

 

−1

 

=

 

 

 

−1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

N − W

N ∂Y

 

 

 

 

 

 

 

W εY |N − 1

 

 

 

 

 

 

 

∂N −W

 

 

 

 

 

 

Y

 

 

 

Y ∂N

 

 

∂Y

 

 

 

 

 

 

 

−1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

| {z }

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

εY|N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

−η

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

|−1{z }

 

 

 

εY |N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

 

 

 

 

 

 

 

W

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

=

 

 

 

 

(6.32)

 

 

 

 

W

εY |N

 

 

 

W 1

− εY |N

 

W (1 −

η)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1−εY |N

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

wobei 0 < εY |N = η < 1 die Elastizit¨at des Outputs bei Variation der Einsatzmenge des Faktors Arbeit angibt. Dass diese Elastizit¨at dem Parameter η entspricht, ergibt sich direkt aus (6.23).

Der zweite Summand in (6.31) kann ebenfalls leicht etwas vereinfacht werden:

 

N (W − A) N + ∂W (W − A) =

 

(W − A) +

 

N

=

 

 

 

 

1

 

 

 

 

 

 

 

∂N

 

 

 

 

 

1

 

 

∂N/∂W

 

 

 

1

 

 

∂N W 1

 

1

 

1

 

 

1

 

 

 

1

 

 

1

 

 

 

+

 

 

 

 

 

=

 

+ εN|W

 

=

 

 

+

 

 

 

 

,(6.33)

(W − A)

∂W N W

(W − A)

W

(W − A)

η − 1 W

wobei im letzten Schritt (6.26) Verwendung findet.

Zusammenfassen, d.h. Einsetzen von (6.32) und (6.33) in (6.31) liefert

η

+

1

+

1 1

= 0.

(6.34)

 

 

 

 

 

W (1 − η)

(W − A)

η − 1 W

 

 

 

 

 

Dies l¨asst sich leicht nach W aufl¨osen, wenn man die drei Summanden in 6.34 mit W (1 − η) (W − A) durchmultipliziert und die Terme in W und A

zusammenfasst. Dies f¨uhrt zu der Schlussgleichung

 

W = A ·

1 + η

.

(6.35)

 

 

 

174

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

Damit erhalten wir das Ergebnis, dass die Lohnverhandlungen zu einem Aufschlag auf die Außenoption der Gewerkschaftsmitglieder f¨uhren, wobei der Aufschlagsfaktor produktionstechnisch bedingt ist.1 Die H¨ohe des Aufschlagsfaktors l¨asst sich dabei leicht verstehen. Die Quotientenregel liefert ∂W∂η = −2Aη2 < 0, d.h. der Lohn ist umso kleiner, je gr¨oßer die Produktionselastizit¨at des Faktors Arbeit ist. Dies ist deswegen der Fall, weil ein h¨oherer Wert von η einen (betragsm¨aßig) h¨oheren Wert der Elastizit¨at der Arbeitsnachfrage εN|W = (η − 1)−1 mit sich bringt, d.h. zu einer flacheren Arbeitsnachfragefunktion im W − N-Quadranten f¨uhrt. Dies wiederum impliziert einen hohen marginalen Besch¨aftigungsverlust f¨ur eine gegebene Lohnerh¨ohung. Die Gewerkschaft wird sich daher c.p. mit einem niedrigeren Lohn begn¨ugen.

6.5.3Wie funktionieren Ehen und WG’s? Die Perspektive der kooperativen Haushaltstheorie

Die Haushaltstheorie oder Konsumtheorie zeigt, wie eine homogene organisatorische Einheit, die f¨ur gew¨ohnlich als Haushalt bezeichnet wird, optimale Entscheidungen tri t. Dabei wird so getan, als ob Unterschiede zwischen den Mitgliedern eines Haushalts keine Rolle spielen. Typischerweise zeigt die Lebenserfahrung, dass diese Beschreibung jedenfalls nicht vollkommen zutre end ist; vielmehr spielen Interessenkongruenzen aber auch Interessenkonflikte innerhalb eines Haushalts eine bedeutsame Rolle. Daher kann die Verhandlungstheorie auch dazu benutzt werden, einen genaueren Blick auf das Innenleben

¨

von Haushalten zu werfen – oder wie in der Uberschrift zu diesem Abschnitt anklingt: einen Blick hinter die Kulissen von Ehen und Wohngemeinschaften zu riskieren. Dabei sind immer zwei Schritte bedeutsam:

Wie kommt die Entscheidung f¨ur oder gegen eine gemeinsame Haushaltsf¨uhrung zustande?

Wenn ein gemeinsamer Haushalt gegr¨undet ist: Wie wird in diesem Haushalt uber¨ Einkommensentstehung und Einkommensverwendung entschieden?

Beide Schritte h¨angen nat¨urlich eng miteinander zusammen, wie sich aus dem folgenden Modell erhellen wird. In diesem Modell gehen wir aus von zwei Individuen (mit den phantasielosen Namen A und B), die jeweils Arbeitseinkommen erzielen k¨onnen und dieses f¨ur ein gemeinschaftlich nutzbares Gut x sowie ein nur individuell nutzbares Gut y ausgeben k¨onnen. Unter x kann man sich dabei Dinge wie Wohnung, Strom, Waschmaschine etc. vorstellen, unter y Kleidung, Essen, Eintrittskarten f¨ur Fußballspiele etc.. Das Gut y wird hier

1Wenn Preissetzungsmacht des Unternehmens auf dem Absatzmarkt mit in die Betrachtung einbezogen wird, l¨asst sich zeigen, dass diese ebenfalls auf den Lohn mit einwirkt.

6.5. ANWENDUNGEN

175

als num´eraire benutzt, d.h. der Preis dieses Gutes ist auf den Wert 1 normiert. Gut x habe einen Preis von p. Die beiden Individuen k¨onnen ihre Arbeitskraft zu den Lohns¨atzen wi, i = A, Banbieten. Nat¨urlich kann die Lohnh¨ohe individuell verschieden sein.

Die Nutzenfunktionen von A und B sind wie folgt gegeben

ui = ui (xi, yi, Li) ,

(6.36)

wobei diese Nutzenfunktionen keineswegs identisch sein m¨ussen – und es im Normalfall auch nicht sind.

¨

Uberlegen wir zun¨achst, wie sich die beiden Individuen ohne einen gemeinsamen Haushalt verhalten w¨urden. Das Problem besteht darin, (6.36) unter der Nebenbedingung, dass die Einnahmen (in dem Modell annahmegem¨aß nur aus Arbeitseinkommen) die Ausgaben (f¨ur x und y) nicht unterschreiten, zu maximieren. Die Nebenbedingungen (das sind einfach die individuellen Budgetrestriktionen) sind dabei wie folgt gegeben:

p · xi + yi ≤ wi · Li, i = A, B.

(6.37)

Die Lagrangefunktion dieses Problems ist

Λi = ui (xi, yi, Li) + λi (p · xi + yi − wi · Li) .

(6.38)

Diese ist uber¨ die Handlungsvariablen xi, yi und Li zu optimieren. Die aus dieser Optimierung resultierenden Bedingungen erster Ordnung sind wie folgt gegeben:

 

 

∂Λi

=

 

∂ui

+ λ · p = 0

(6.39)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

∂xi

 

 

∂xi

 

 

 

 

 

∂Λi

 

=

∂ui

+ λ = 0

(6.40)

 

 

 

∂yi

 

 

 

 

 

 

 

 

∂yi

 

 

 

∂Λi

=

 

∂ui

− λ · wi

= 0

(6.41)

 

 

 

 

 

∂Li

 

∂Li

 

 

Die vierte Bedingung erster Ordnung, d.h.

Λi

= 0 stellt die Einhaltung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

∂λi

 

der Budgetrestriktion (6.37) sicher. Diese Gleichung sowie die drei Gleichungen (6.39) bis (6.41) determinieren die Optimalwerte von xi, yi und Li sowie die Schattenvariable (Lagrangemultiplikator) λi.

Diese Optimalwerte bei jeweils individueller Maximierung seien bezeichnet

s

s

¯s

. Nat¨urlich h¨angen diese Optimalwerte vom jeweils relevanten

mit x¯i

,¯yi

und Li

Lohnsatz sowie dem Relativpreis der beiden G¨uter ab, d.h. es gilt z.B. x¯si = x¯si (wi, p). Damit werden die Nutzenniveaus u¯si erreicht. Das Superscript s steht f¨ur ”separat”.

Wie entscheidet sich nun, ob die beiden einen gemeinsamen Haushalt gr¨unden? Ganz einfach: Da (bzw. genauer: falls) die Entscheidung f¨ur beide freiwillig

176

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

ist, m¨ussen beide einen positiven Anreiz daf¨ur haben. Das jeweils im Haushalt erzielbare Nutzenniveau muss also h¨oher sein als ohne einen gemeinsamen Haushalt. Bezeichnen wir die – nat¨urlich erst noch zu berechnenden – Optimalwerte der individuellen Nutzenniveaus bei gemeinsamer Haushaltsf¨uhrung mit u¯gi , so m¨ussen also die beiden Gleichungen

ig ≥ u¯is, i = A, B

(6.42)

erf¨ullt sein. Man kann (6.42) als Partizipationsbedingungen am gemeinsamen Haushalt interpretieren.

Damit w¨are die erste der beiden eingangs genannten Fragen beantwortet

– wenn denn klar w¨are, wie hoch der in einem gemeinsamen Haushalt realisierbare Nutzen f¨ur die beiden ist. Die zweite der beiden Fragen ist daher f¨ur die Beantwortung der ersten Frage essentiell. Anders gesagt: Ob es zu dem gemeinsamen Haushalt kommt, h¨angt davon ab, welche Entscheidungen im gemeinsamen Haushalt getro en werden. Und dieses kann als Verhandlungsproblem formalisiert werden.

Bevor dieses Verhandlungsproblem aufgeschrieben und gel¨ost wird, noch zwei Bemerkungen zur Nutzenfunktion 6.36 bzw. den Modifikationen, die f¨ur die Abbildung eines gemeinsamen Haushalts vorzunehmen sind.

Da das Gut x annahmegem¨aß gemeinsam genutzt wird, ist eine Indexierung in einem gemeinsamen Haushalt hinf¨allig.

Bei separater Optimierung ist es v¨ollig ausreichend, die eigenen Wahlhandlungsvariablen in die Nutzenfunktion aufzunehmen. Allerdings kann es sein, dass in einem gemeinsamen Haushalt auch ein direkter Einfluss der ”individuellen Variablen” des einen auf die Nutzenposition des andern existiert, d.h. die Nutzenfunktionen wie folgt zu spezifizieren sind:1

ui = ui (x, yi, Li, yi, Li) , i = A, B

(6.43)

Die gemeinsame Budgetrestriktion des Haushalts ist nun gegeben durch

p · x + yA + yB ≤ wA · LA + wB · LB

(6.44)

Um die Nash-Verhandlungsl¨osung zu ermitteln, braucht es nun noch eine sinnvolle Spezifikation der individuellen Drohpunkte. Hier liegt es auf der Hand, diejenigen Nutzenniveaus heranzuziehen, die bei einer separaten Optimierung erzielbar sind, d.h. die bereits charakterisierten Niveaus u¯si . Damit lautet das Nash-Programm f¨ur den gemeinsamen Haushalt

1Es ist n¨utzlich, sich ubungshalber¨ einige konkrete Beispiele f¨ur die beiden letzten Argumente vorzustellen.

6.5. ANWENDUNGEN

177

max N = (uA − u¯As ) (uB − u¯Bs )+λ·(p · x + yA + yB − wA · LA − wB · LB)

x,yA,yB ,LA,LB

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(6.45)

Die Bedingungen erster Ordnung dieses Problems sind gegeben durch

 

∂N

=

∂uA

(uB − u¯Bs ) +

∂uB

(uA − u¯As ) + λ · p = 0

(6.46)

 

 

 

 

 

 

 

 

∂x

∂x

∂x

 

 

 

∂N

=

∂uA

 

(uB − u¯Bs ) +

∂uB

 

(uA − u¯As ) + λ = 0

(6.47)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

∂yA

 

 

∂yA

 

 

∂yA

 

 

 

∂N

=

 

∂uA

(uB − u¯Bs ) +

 

∂uB

(uA − u¯As ) + λ = 0

(6.48)

 

 

 

 

 

 

 

∂yB

 

 

∂yB

 

 

∂yB

 

∂N

=

∂uA

(uB − u¯Bs ) +

∂uB

 

(uA − u¯As ) − λ · wA = 0

(6.49)

∂LA

∂LA

 

 

 

∂LA

 

∂N

=

∂uA

(uB − u¯Bs ) +

∂uB

(uA − u¯As ) − λ · wB = 0

(6.50)

∂LB

∂LB

 

 

 

∂LB

 

Diese f¨unf Gleichungen determinieren zusammen mit der Budgetbedingung (6.44) in Gleichungsform die f¨unf Entscheidungsvariablen des Haushalts, die

g

g g

¯g

¯g

mit x¯

, y¯A, y¯B

, LA und LB bezeichnet werden sollen – und außerdem wie ublich¨

die Schattenvariable λ. Einsetzen dieser Optimalwerte in die beiden Nutzenfunktionen (6.43) liefern die optimierten individuellen Nutzenniveaus u¯gi in dem gemeinsamen Haushalt als Funktion der beiden Lohns¨atze und des Preises p. Damit lassen sich auch die Partizipationsbedingungen (6.42) evaluieren.

Aufgrund der durchaus nicht geringen Komplexit¨at soll hier ein konkretes, d.h. mit bestimmten Nutzenfunktionen ausspezifiziertes Beispiel nicht gerechnet werden. Allerdings lassen sich auch auf der hier benutzten Abstraktionsebene einige allgemeine Lehren aus der Analyse dieses Abschnitts ziehen:

Was in einem gemeinsamen Haushalt passiert, h¨angt (unter anderem) davon ab, was zu erwarten ist, wenn der Haushalt nicht existiert.

Je besser der Drohpunkt eines Haushaltsmitglieds, desto eher kann dieses seine Vorstellungen durchsetzen. Dies ist an den Bedingungen (6.46) bis (6.50) unmittelbar ablesbar: Der (marginale) Nutzene ekt einer Entscheidung f¨ur i wird immer gewichtet mit dem Abstand zwischen Nut-

zenniveau und Drohpunkt des anderen, d.h. mit der Di erenz ui − u¯si. Je h¨oher der Drohpunkt von −i, desto geringer also das Gewicht, mit dem die Konsequenzen einer Entscheidung f¨ur i in das Kalk¨ul einfließen.

Eine entscheidende Komponente der individuellen Drohpunkte ist der jeweils erzielbare Lohnsatz. Je h¨oher dieser im Vergleich zum Lohnsatz des anderen ist, desto besser der Drohpunkt und damit das Ergebnis

178

KAPITEL 6. VERHANDLUNGEN

in einem gemeinsamen Haushalt. Diese Erkenntnis aus der kooperativen Spieltheorie mag mit erkl¨aren, warum sich zumeist WG’s und Ehepaare bilden, in denen die Partner ein ahnliches¨ Einkommenspotential haben.

Nat¨urlich spielen genuine Unterschiede in den Pr¨aferenzen der beiden Hautshaltmitglieder eine wichtige Rolle f¨ur die Entscheidungen in diesem Haushalt. Wenn beispielsweise A eine sehr hohe Abneigung gegen (bezahltes) Arbeitsangebot hat und diese Eigenschaft nicht mit B teilt,

d.h. f¨ur ∂uA < ∂uB < 0, wird der Haushalt auch c.p. das Arbeitsangebot

∂LA ∂LB

eher durch B entfalten lassen.

Das hier vorgestellte Grundmodell kann vielfach erweitert werden. So w¨are es beispielsweise m¨oglich, Nicht-Arbeitseinkommen zu ber¨ucksichtigen. Ebenso kann man das gemeinsam konsumierbare Gut x so modellieren, dass dies nicht auf dem Markt (zu einem Preis von p) gekauft werden kann, sondern im Haushalt erstellt werden muss, aber Arbeitszeit kostet. Damit w¨aren (nicht externalisierbare) Haushaltsarbeiten mit in die Betrachtung aufgenommen – und selbstverst¨andlich lassen sich auch unterschiedliche absolute und/oder komparative Vorteile bei der Erzielung von Einkommen auf dem Arbeitsmarkt und der Produktivit¨at im Haushalt abbilden.

Am Ende dieses Abschnitts soll noch kurz darauf eingegangen werden, wie die Kalai-Smorodinsky-L¨osung des Haushaltsproblems zu ermitteln w¨are. Dazu rufen wir uns aus Abschnitt 6.4.3 in Erinnerung, dass f¨ur diese L¨osung der Vektor der bei v¨olliger Ausbeutung des anderen erzielbaren Nutzenniveaus ben¨otigt wird. Dieser Vektor ist gegeben durch die L¨osung der beiden Probleme

max ui + λ · (p · x + yA + yB − wA · LA − wB · LB) , i = A, B, (6.51)

x,yA,yB ,LA,LB

in denen jeweils einer der beiden Partner die eigene Position optimiert, wobei er uber¨ den anderen nach Belieben verf¨ugt. Die Budgetrestriktion des Haushalts ist nach wie vor durch 6.44 gegeben. Die Drohpunkte ergeben sich wie bei der Nash-L¨osung durch die Nutzenniveaus bei individueller Optimierung. Damit k¨onnen die Kriterien 6.14 und 6.15 angewandt werden. Aufgrund der algebraischen Komplexit¨at sei auch hier auf ein ausspezifiziertes Beispiel verzichtet.

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