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Text 4. Trends von Medien in Deutschland.

Von Jo Croebel

Jeder Zuschauer weiß am 9. Novem­ber 1989, dass sich gerade die Welt verändert, als das deutsche Fernsehen den Mauerfall zeigt. Es sind einige wenige Fernsehbilder, die große geschichtliche Wendepunkte markieren und erfahrbar machen, sie für immer ins kollektive Gedächtnis holen. Das gilt für die Ermordung John F. Kennedys, das gilt für den 11. September 2001, und es gilt eben auch für den live zu verfolgenden Kollaps der DDR und des ganzen Ostblocks. Die Bilder des Fernseh- und Internetzeitalters schaffen dabei nicht nur einen unmittelbaren persönlichen Bezug zu den Ereignissen, sie definieren auch das gemeinsame Forum der Verständigung über die Welt und sind Teil der Entwicklung kultureller Identität. Wie in jedem modernen Staat sind also auch in Deutschland die Massenmedien der Kitt, der in mancher Hinsicht die Gesellschaft zusammenhält. Presse, Radio, Fernsehen und zunehmend das Internet verdichten und definieren die wichtigen tagesaktuellen Themen, sie reflektieren die öffentliche Meinung, sie sind Indikatoren für den kulturellen Zustand des Landes. Natürlich gibt es auch in Deutsch­land einige Besonderheiten, die sich aus der Geschichte ergeben, beziehungsweise mit der aktuellen spezifischen Sozialstruktur zusammenhängen.

Durchaus gerne hören die Deutschen die Bezeichnung ,,Land der Dichter und Denker", immerhin halten sie sich zugute, mit Gutenbergs Entwicklung des Buchdrucks eine Basis für die populären Massenmedien, aber auch für die Verbreitung von Literatur und Philosophie geschaffen, letztlich also zur Aufklärung beigetragen zu haben. Vermutlich ist zugleich das Bewusstsein dafür besonders ausgeprägt, dass diesen positiven Seiten der Medien auch negative gegenüberstehen. Mit der Propagandamaschinerie Jo­seph Goebbels während des ,,Dritten Reichs" wurde deutlich, wie man Texte und Bilder auch zur Diskriminierung, Ma­nipulation und Mordvorbereitung einsetzen kann. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung und der Annahme, das ,,Dritte Reich" sei schon durch eine monopolisierte Meinungspresse mit vorbereitet worden, entschied man sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland für eine stark dezentralisierte Medienlandschaft und für einen rechtlich garantierten Meinungspluralismus.

Vorbilder und Vorgaben kamen dabei nach Ende des Krieges von den alliierten Siegermächten. Die USA, Großbritannien und Frankreich waren in ihren Besatzungszonen zuständig, der Rundfunk wurde vor allem nach der Struktur der BBC modelliert, im Osten des Landes prägte die sowjetische Auffassung die Medienlandschaft. So kristallisierte sich sehr schnell auch für die Medien der Antagonismus zwischen den politischen Blöcken heraus. Für den Westen war dies das Ideal einer vom Staat unabhängigen Presse- und Rundfunkorganisation, der so genannten ,,vierten Gewalt", für den Osten die Verfügung, dass die Medien im Leninschen Sinne der gesellschaftlichen Erziehung zu dienen hatten. Geprägt durch die regionale Verteilung der Alli­ierten, vor allem aber zur Verhinderung einer übergreifenden Medienkontrolle, entwickelte sich für den westlichen Rundfunk die dezentrale, mediale und kulturelle „Länderhoheit".

Auch die Tageszeitungen sind überwiegend regional organisiert, aber nicht reguliert, selbst die überregionale Qualitätspresse hat oft einen lokalen Ausgangspunkt, die Titel machen es deutlich: „Frankfurter Allgemeine Zeitung", ,,Süddeutsche Zeitung".

Nach der Vereinigung 1990 ist heute in ganz Deutschland die weitgehende Unabhängigkeit der Medien, Presse, Radio und Fernsehen, Film und Internet, sowieso politisch gesichert. Sowohl durch die Struktur als auch durch die handelnden Institutionen, Unternehmen und Journalisten selbst gehören die deutschen Medien zu den vielfältigsten und freiesten in der Welt.

Die Medienphilosophie

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt im Westen Deutschlands die Objektivitätsnorm, zugleich ließ sich die Tagespresse meist auf dem politischen Meinungsspektrum recht eindeutig positionieren, überregional standen „Die Welt" und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" für ei­ne eher konservative, die „Süddeutsche Zeitung" und die „Frankfurter Rundschau" für eine eher linksliberale Auffassung. Vielleicht auch zusammen mit der Veränderung der politischen Kultur allgemein ist es schwieriger geworden, die Presse immer noch parteipolitisch eindeutig zu verorten. Der Wettbewerb stellt heute meist andere Kriterien in den Vordergrund als die Nahe zu bestimmten politischen Gruppierungen: Welche Meinung herrscht allgemein in der Bevölkerung vor, wie sehr lässt sich ein Thema personalisieren, häufig auch: wie hoch ist der emotionale Gehalt eines Ereignisses? Vor allem für die Informationsmedien gilt, dass sie die Balance herstellen müssen zwischen den ,,Drei M": der Faktenrecherche und -berichterstattung (mere facts), der gesellschaftspolitischen Bewertung und Botschaft (mission), und den wirtschaftlichen Erfordernissen (market), die häufig einhergehen mit einer stärkeren Emotionalisierung und Personalisierung von Ereignissen. Naturgemäß gilt diese Akzentsetzung für die Boulevardpresse noch sehr viel stärker als für die Qualitätszeitungen. Allerdings wird auch hier heute deutlich weniger polarisiert als früher. Die ,,Bild" als mit Abstand auflagenstärkstes nationales Boulevardorgan wird nun auch von der Meinungselite ernst genommen, sei es als Barometer für „Volkes Stimme", umgekehrt finden sich in den Qualitätspresse auch Boulevardthemen.

Dabei gilt, auch wenn die Grenzen immer wieder einmal neu ausgelotet werden, dass zum Beispiel bei Politikern zwischen privatem und öffentlichem Leben unterschieden wird, solange es nicht eine explizite Verbindung zwischen beiden gibt. Dies mag sich allmählich ändern: Der Wettbewerb wird rauer, damit nimmt die Notwendigkeit zu ,,heiße", auch bislang tabuisierte Themen zu bringen. Zugleich wird die Medienlandschaft auch durch immer größere Geschwindigkeit und Vernetzung internationaler, vermischen sich Unterhaltung und Information; immer mehr Politiker haben ,,Spin doctors", für die alle Bereiche, also auch der private, Teil des strategischen Erfolgskalküls sind. Schließlich ist das Publikum selbst gelassener geworden, wenn es um die Unterscheidung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit geht.

Vor allem die jüngere Generation empfindet Diskretion nicht mehr unbedingt als einen Wert an sich. Öffentliche Beachtung auch im Skandal hat sogar einen hohen Belohnungswert bekommen.

Presse und Presseentwicklung

Nach wie vor steht vor allem die Presse schon durch ihre große Titelvielfalt für den deutschen Medienpluralismus. Neben den rund 350 Tageszeitungen (2005) sind es Hunderte Publikums- und „Special Interest-Zeitschriften“, die alle Facetten des gesellschaftlichen Lebens widerspiegeln. Diese reichen von den meinungsführenden (gesellschafts-)politischen Magazinen und Wochenzeitungen wie ,,Der Spiegel“, „Focus“, ,,Stern“, ,,Die Zeit“ über die ebenfalls einflussreichen Society-Organe „Bunte“ und ,,Gala“ bis hin zu kleinauflagigen, aber kunstvoll gemachten Publikationen wie „Quest“ oder ,,Spe“. Trotz größerer Konkurrenz durch Fernsehen und Internet, ja vielleicht sogar stimuliert dadurch, sind Titelanzahl und Auflagen von Publikumszeitschriften weiter gestiegen.

Trotzdem muss man pressebreit von einer Krisi- oder besser von einer zunehmenden Kluft zwischen erfolgreichen und existenzgefährdeten Titeln sprechen. Besonders lokale Tageszeitungen stehen unter immensem Druck. Generell gibt es die wirtschaftliche Sorge der Menschen, die bei ihren Einsparungen nicht vor der Zeitung halt machen. Zudem wächst die jüngere Generation nicht mehr per se der Presse zu, sondern nutzt mit gleicher Funktion das Internet, Ra­dio, Fernsehen oder sogar das Mobiltelefon. Kleinanzeigen und Stellenmarkt sind bereits in Gratisblättern oder zu Online-Börsen bis hin zu ,,ebay.com" abgewandert. Schließ1ich sind besonders die mittelständischen Zeitungsverleger häufig nicht mehr in der Lage, die notwendigen Erneuerungen, Relaunches oder Effektivitäts-Steigerungen vorzunehmen. Auch insofern wird wohl die in Deutschland sehr strenge Konzentrationsrechtslage und Fusionskontrolle 2004 etwas liberalisiert und zumindest zu mehr Kooperationen und Allianzen führen. Insgesamt lag die Cesamtauflage aller rund 350 deut­schen Tageszeitungen 2004 bei fast 23 Millionen. Mit dabei abnehmender Tendenz hat unter der deutschen Gesamtbevölkerung von rund 83 Millionen Einwohnern immer noch nahezu jeder Erwachsene in irgendeiner Weise Zugang zu einer Tageszeitung, nicht zu vergessen die nicht-deutschstämmigen Bürger, vor allem türkischer Herkunft, die in eigener Sprache gedruckte Zeitungen wie ,,Hiirriyet" nutzen.

Interessanterweise schöpfen als Werbeträger Tageszeitungen immer noch mit fast einem Viertel den größten Marktanteil unter den Medien ab. Zugleich verzeichnen sie aber bei den absoluten Zahlen den größten Umsatzeinbruch zwischen 2001 und 2002 einem Mi­nus von fast 13 Prozent.

In absoluten Zahlen stehen zwar sehr viele Verleger für Pressevielfalt, viele davon aber mit wenigen oder nur einem Titel, beziehungsweise einem sehr geringen Umsatz. In Marktanteilen dominieren einige wenige Verlage die Presse, etliche davon sind zugleich in intermedialen Aktivitäten engagiert, beziehungsweise haben entsprechende Allianzen. Die Mehrzahl dieser großen Verlage allerdings gewährt, ja garantiert internen Meinungspluralismus, sodass zwar einerseits wirtschaftlich Koordination und Austausch nahe liegen, ,andererseits aber die Philosophie überwiegt, dass mit einem möglichst großen Meinungsspektrum einen viel größeren Markt erreichen kann.

Radio und Fernsehen

Bis zu den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts waren Radio und Fernsehen in Deutschland fast ausschlieβlich öffentlich-rechtlich organisiert. Nach Gründung Ende er 40er Jahre gab es zunächst einen Fernsehanbieter, konstituiert aus den regionalen Anstalten, die dezentral operierten, aber in der heute „ARD“ genannten (Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands) Form gemeinsam („Das Erste“) ausstrahlen. Die „ARD“ war und ist als Dach auch für die regional sendenden öffentlich-rechtlichen Radiostationen zuständig und ebenso für die seit den 60-ern ausgestrahlten regionalen Fernsehprogramme. In den 60-ern kam als ebenfalls öffentlich-rechtlicher Sender, aber national organisiert das ,,ZDF“ (Zweites Deutsches Fernsehen) hinzu. Das „Erste“ und das ,,ZDF“ haben beschränkte Möglichkeiten zum Verkauf von Werbezeit, refinanzieren aber zusätzlich neben den Einnahmen aus den gesetzlich vorgeschriebenen Rundfunkgebühren das Programm durch Rechteverkauf und Programm-Exporte, Merchandising und Sponsoring.

Sicher ist, dass Deutschland heute das breiteste Angebot öffentlich-rechtlicher Fernsehsender überhaupt hat. Dies umfasst nicht nur das „Erste“ und „ZDF“, sondern auch fast alle national per Kabel oder Satellit empfangbaren regionalen Dritten Programme. „3Sat“, „Phoenix“ und „arte“, die sich auf Kultur und Dokumentation spezialisieren, sondern auch die Dutzenden öffentlich-rechtlichen Radiosender inklusive der national ausstrahlenden Kultur- und Informationssender „Deutschlandradio“ und „Deutschlandfunk“ sowie den Auslandsrundfunk „Deutsche Welle“ mit Radio, Fernsehen und Online-Auftritt.

Ihren seriösen Ruf haben die Öffentlich-Rechtlichen trotz mancher Kritik, immer wieder auch durch bahn brechende Programme gefestigt und dafür in allen Sparten nationale und internationale Preise erreicht. Verantwortet werden Programm und Struktur der Öffentlich-Rechtlichen gegenüber den jeweiligen Rundfunk- und Verwaltungsräten, die die wichtigen gesellschaftlichen Gruppen Deutschlands widerspiegeln sollen. Zur Aufgabe gehört dabei der „Funktionsauftrag“, also die fünf Bereiche Informationsgarantie, Pluralismus (Äußerung und Zugang für alle Gruppen, auch Minderheiten), Forumscharakter (Unterhaltung zur gemeinsamen Identität), Partizipation (Kultur und Bildung), audiovisuelle Innovation.

Bei aller Seriosität der Öffentlich-Rechtlichen: Mit der Zulassung des privaten Rundfunksystems Mitte der 80er Jahre gab es eine weitere Zeitenwende der Medien. Radio und TV wurden „jünger“, ,,respektloser“, eben kommerzieller, aber auch ,,oberflächlicher“.

Blick in die Zukunft

In der zweiten Hälfte der 90er vollzog sich beim Privatfernsehen auf der Basis des zwischenzeitlich gewonnenen großen finanziellen Erfolges die so genannte „Nobilitierung" der Privatsender. Sie konnten sich jetzt auch ungeachtet des Quotenerfolges seriöse Formate zur Imagefestigung leisten. Anfang des 21. Jahrhunderts kann man in mancher Hinsicht die Privaten neben den Öffentlich-Rechtlichen sogar als Meinungsführer und gesellschaftliche Themensetzer bezeichnen auch, dass sich heute Politik mitunter unterhaltsam gibt, mag ein Verdienst des Privat-TV sein.

Nicht nur technisch mögen sich in den nächsten Jahren Medienstruktur und Mediennutzung noch fundamentaler verändern als in den vergangenen 20 Jahren. Eine international vergleichende Studie des Europäischen Medieninstituts zeigt, dass inzwischen mehr als die Hälfte der Bundesbürger das Internet nutzt. Zugleich entsteht neben der bislang eher für Individualkommunikation genutzten digitalen Struktur ein auf Breitband basierendes massenmedienähnliches Angebotsmuster. Der Marktführer T-On1ine bietet neben vielfältigen Portalen eigene Nachrichten und seit neuestem vor allem Hollywood-Filme an.

Zugleich geraten die traditionellen Medien auch durch Technologien wie Festplattenrecorder, Musikdownloads und nicht zuletzt auch die 2004 eingeführte UMTS-Technologie für Mobilkommunikation unter Druck. Sie alle bieten Plattformen für Werbung, beziehungsweise ermöglichen umgekehrt der Unterdrückung, sie betreten traditionelle redaktionelle Bereiche und teilen zumindest die bestehenden Zeitbudgets der Nutzer weiter auf. Die Medien in Deutschland sind heute bei aller Besonderheit europäisch, ja kosmopolitisch und stehen für eine zukunftsgewandte und offene Gesellschaft, trotz aller wirtschaftlichen Krisen.

Deutschland 2006.

Textaufgaben:

  1. Erläutern Sie fettgedruckte Begriffe aus den Abschnitten des Textes.

  2. Schlagen Sie im Wörterbuch nach und bestimmen, was folgende Wörter und Wortverbindungen bedeuten. Finden Sie sie im Kontext und bilden Sie dann ihre eigenen Beispiele:

Alliierte, Ausgangspunkt, Auffassung, verorten, in den Vordergrund stellen, zuständig sein für Akk., Akzentsetzung, bahn brechende Programme.

  1. Was meint der Autor über die Rolle der Medien? Sind Sie damit einverstanden?

  2. Was ist drei „M“?

  3. Nennen Sie die wichtigsten Merkmale von Medien in Deutschland.

  4. Wie sind moderne Trends der Entwicklung von Medien in Deutschland. Im Vergleich zu Russland?