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УМК по немецкому языку 4 курс , доп.спец..doc
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  1. Deutsch in der schweiz

Värschtahtöpperkaimundaart?

4.1. Schreiben Sie bitte, um welches Sprachgebiet es sich handelt:

  • 4.2. Lesen Sie den Text. Wie werden die Schweizer im Text auch genannt? Deutsch in der Schweiz

Von Irmgard Locher

„Ich habe mir vorgenommen, jetzt endlich Schweizerdeutsch zu lernen", sagt der deut­sche Tourist, der jedes Jahr seinen Urlaub in der Schweiz verbringt. Das „Grüezi mitenand" beherrscht er schon nahezu perfekt und amüsiert sich königlich, wenn er beim Wandern in den Schweizer Bergen von seinen eigenen Landsleuten für einen Eidgenossen gehalten wird. „Die antworten dann mit „Tach“, strahlt er.

Die Sache mit seinem Lerneifer hat nur einen Haken: Es gibt gar kein Schweizer­deutsch, sondern nur eine Vielzahl teils sehr unterschiedlicher Dialekte. So kann es einem Ostschweizer durchaus passieren, dass man ihn in einem abgelegenen Tal des Berner Oberlands für einen Ausländer hält...

Der Dialekt hat in der deutschsprachigen Schweiz seit Jahren schon Konjunktur. Die Mundartwelle rollt und rollt und verdrängt die Hochsprache immer mehr. Wenn ein Hei­mattheater, ein Liedermacher oder ein Kaba­rettist dem Volk aufs Maul schaut, wenn die Werbung sich durch Dialekt beim Konsumen­ten einzuschmeicheln versucht, ist das noch zu verstehen, wenn aber auch in den elektroni­schen Medien vorwiegend Dialekt gesprochen wird, dann kann das die gesamtschweizerische Kommunikation doch ernstlich beeinträchti­gen, ganz abgesehen von den Ausländern dies­seits und jenseits der Grenze, die

mit den Pro­grammen ihre liebe Mühe haben. Vor vier Jah­ren wurde in Funk und Fernsehen bereits zu 60 Prozent Dialekt geredet. Inzwischen dürfte die Prozentzahl merklich in die Höhe ge­schnellt sein, denn seither kamen an die 30 Lokalradios dazu, in denen kein einziges Wort Hochdeutsch mehr zu hören ist....

Auch in Schule, Kirche, Wirtschaft, Politik und Militär macht sich die Mundart breit und breiter. Dies, obwohl die Bundesverfassung Deutsch als Landessprache vorschreibt, nicht aber Schweizerdeutsch. Schriftdeutsch, wie die Hochsprache in der Schweiz genannt wird, ist in der Praxis nur eine Sprache zum Schreiben, und natürlich zum Lesen, aber nicht zum Sprechen. Bei Veranstaltungen, an denen auch Eidgenossen aus den anderen Sprachgebieten oder Ausländer teilnehmen, passiert es immer wieder, dass ein Vortragender fragt: „Värschtahtöpperkaimundaart?", bevor er im ver­trauten Dialekt weiterredet. Übersetzt heißt das: „Versteht jemand keine Mundart?" Die Französisch- oder Italienisch-Sprechenden verstehen die Frage gar nicht und können sich schon allein deshalb nicht wehren. Sie, die schon mit dem für sie schweren und kompli­zierten Hochdeutsch Mühe genug haben, füh­len sich bei solchen Gelegenheiten ausgesto­ßen und kommen sich im eigenen Land wie Bürger zweiter Klasse vor.

Noch vor einem Jahrzehnt galt es als selbst­verständliche Höflichkeit unter den Deutsch­schweizern, sofort vom Dialekt auf Hoch­deutsch umzuschalten, sobald sich Eidgenos­sen anderer Zunge oder Ausländer zu ihnen gesellten. Doch das ist heute nicht mehr Mo­de. Lieber weichen sie ins Englische aus, statt sich der ungewohnten Schriftsprache zu bedie­nen; am deutlichsten zeichnet sich dieser Trend bei Technikern und Wissenschaftlern ab. Sogar an den Universitäten und Hoch­schulen wird mehr und mehr Dialekt gespro­chen, von den Professoren und Assistenten in den Seminaren ebenso wie von den Studenten. „Sie möchten wohl Hochdeutsch mit mir re­den", sagt eine Genfer Studentin in Bern, „aber ihnen fehlen dann einfach die Worte; sie sind wie blockiert." ...

Von dieser Schwierigkeit bleiben allerdings nicht einmal die Dichter und Denker der Schweiz verschont; auch für die kommt der Dialekt aus dem Bauch, das Hochdeutsche da­gegen aus dem Kopf. Der Berner Friedrich Dürrenmatt drückt das so aus: „Berndeutsch ist für mich die Muttersprache, Hochdeutsch die Vatersprache."

Stuttgarter Zeitung 8.1.1988 (gekürzt)