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VII. Berichten Sie über die Rolle der Frauen in der modernen Gesellschaft. Eine Frauenkarriere oder ein Sprung ins kalte Wasser

Ihre Karriere als Managerin begann 1980 mit einem „Sprung ins kalte Wasser“, wie Juliane von Friesen es ausdrückt. Die damals Dreißigjährige hatte schon während ihres Jura-Studiums als wissenschaftliche Hilfskraft und danach als Assistentin gearbeitet, als sie sich an das Studium von Stellenanzeigen machte. Ausschlaggebend war die Erkenntnis, „mehr Pragmatikerin als Wissenschaftlerin“ zu sein. Zudem gab es da ihren fünfjährigen Sohn, für dessen Zukunft sie zu sorgen hatte. Eine Anzeige der Firma Otis in Berlin, eines Tochterunternehmens des gleichnamigen US-Konzerns, fiel ihr ins Auge. Der deutsche Markführer für Fahrtreppen und Aufzüge suchte eine Personalreferentin mit Organisationsaufgaben – was sie fast abgeschreckt hätte. „Das betriebliche Organisationswesen interessierte mich zumindest damals nicht besonders“, bekennt sie offen. Selbstbewußt brachte sie dies beim Bewerbungsgespräch zum Ausdruck. Mit Blick auf das Aufgabenspektrum einer Personalreferentin konnte sie auf ihre Spezialisierung im Studium, das Arbeitsrecht, verweisen. Dies war dann der Grund dafür, dass man sie unter 60 Mitbewerbern auswählte – das Unternehmen hatte damals keinen Juristen mit dieser Qualifikation. Juliane von Friesen vermutet aber, dass sie auch das Rennen machte, weil sie eine Frau war: „Mein Vorgänger hatte wohl einen ziemlichen Kasernenhofton darauf. Und da hat man sich gedacht: Versuchen wir es doch einmal mit einer Frau.“

Ihr familiärer Hintergrund und ihre schulische Ausbildung mögen ebenfalls in die Waagschale gefallen sein. Zwei Jahre nach der Geburt der Tochter Juliane zog die Familie von Berlin nach Franken. Der Vater unterrichtete dort an einer Akademie für Führungskräfte. Juliane von Friesen besuchte nach der Grundschule das Institut der Englischen Fräulein zu Bamberg. Die Enge des konfessionellen Mädchengymnasiums bedrückte sie so sehr, dass sie nach dem Abitur sofort in ihre Geburtsstadt Berlin ging. Die Ausbildung bei den Englischen Fräulein aber lobt sie sehr: „Man konnte sich sehr gut auf seine Leistungen konzentrieren. Das Selbstbewußtsein, ein Mädchen zu sein, wurde gefördert, und es gab keine Reibungsverluste geschlechtsbedingter Konkurrenzkämpfe mit den Jungen.“

Ihr Einstand bei Otis fiel ihr nicht gerade leicht. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt musste das Unternehmen Personal abbauen. „Das war die schwierige Aufgabe aller meiner bisherigen Tätigkeiten – und das gleich zu Anfang“, erinnert sie sich.

Dann ging es aber bergauf bei Otis, und Juliane von Friesen bekam den Auftrag, eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufzubauen, die es bisher in dem zur Maschinenbaubranche gehörigen Unternehmen nicht gegeben hatte. Da konnte sie an ihre guten Verbindungen innerhalb der Berliner Hochschulen anknüpfen. Ihr kam zugute, dass sie während ihres Studiums kräftig über den Tellerand der Jurisprudenz hinausgeblickt hatte, zum Beispiel in Richtung Betriebswirtschaft. Kurz und knapp schildert die Managerin. Bis 1983 arbeitete sie, zunehmend selbständiger, im Bereich Personalwesen. Knapp ein Jahr nach ihrem Start verließ der Personalleiter das Unternehmen. Die Stelle blieb zunächst vakant. In der Folge wuchs Juliane von Friesen am Standort Berlin immer mehr Selbständigkeit und Verantwortung zu.

1983 bekam sie das Angebot, die Rechtsabteilung zu übernehmen, für die sie gelegentlich schon tätig geworden war. „Nur Recht, das war eigentlich nicht das, was ich wollte. Aber das wurde dann doch spannend“, bilanziert sie, ganz Pragmatikerin. „Ich saß auf einer Etage räumlich eng zusammen mit der Geschäftsführung, und da habe ich sehr viel von der Unternehmenspolitik mitbekommen und war auch an Entscheidungsprozessen beteiligt.“ Sie hat gelernt, daß das Geld bei den Aufzugs- und Fahrtreppenherstellern weniger beim Neubau als bei der Wartung und beim Service verdient wird. Die Konkurrenz bei diesen Dienstleistungen ist hoch, und Juliane von Friesens neue Aufgabe bestand unter anderen darin, den Wartungsvertragsbestand des Unternehmens zu sichern.

Spannung kam ins Routinegeschäft, als neun Otis-Frauen forderten, dass auch ihnen die im Berliner Mantel-Metalltarifvertrag für Männer vereinbarte „Ehefrauenzulage“ von zehn Mark pro Monat zustehen soll. „Bei Otis dachten alle, ich hätte das angezettelt“, schmunzelt die Juristin. Der Fall machte Rechtsgeschichte und sorgte für Presserummel. Juliane von Friesen vertrat ihr Unternehmen in diesem Rechtsstreit, der sich über die Instanzen bis vor das Bundesarbeitsgericht hinzog, wo die Ehefrauenzulage als verfassungswidrig erklärt wurde. „Rechtspolitik war der Fall hochinteressant“, meint Juliane von Friesen, „aber ich kriegte von allen Seiten „was aufs Dach“.

Ihrer Stellung bei Otis tat dies keinen Abbruch; 1990 wurde die Justitiarin dann schließlich zudem auch Personalchefin des Berliner Unternehmens. Parallel zu ihrer beruflichen Karriere arbeitete sie aktiv im Deutschen Juristinnenbund mit, dem sie seit 1983 angehört. 1985 wurde sie dort als Vorsitzende der Kommission für Arbeitsrecht und moderne Technologien gewählt, 1987 in den Vorstand des Verbandes. Zudem wurde sie Vorsitzende der Gleichstellungskommission, die sich für die Quotierung von Frauenarbeitsplätzen nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern auch in der Wirtschaft und dort vor allem auch in den oberen Rängen einsetzt.

„Voraussetzung für die Durchsetzung der Quotierung ist, dass die Frauen den Willen zur Macht haben“, fordert sie. Und sie weiß auch, dass ihnen das insbesondere in Deutschland – anders als in anderen europäischen Ländern und den USA – immer hoch übel genommen wird. „Wenn in einer Familie beide Elternteile Karriere machen und sich die Kinder in der Schule schwertun, dann ist daran immer die Mutter schuld. Keiner überlegt, ob das etwa auch am Vater liegt, der zu wenig Zeit hat oder sich zu wenig Zeit nimmt. Und keiner kommt auf die Idee, dass es Schulversagen auch in traditionellen Familien mit der Mutter als Nur-Hausfrau gibt“, kritisiert sie. „Wenn ich beim Friseur die Regenbogenpresse lese, frage ich mich angesichts des dort propagierten Rollenverständnisses dann aber auch immer wieder: Wollen die Frauen das eigentlich, was ich da fordere?“

Sie zitiert den Rat eines Kollegen: „Servieren Sie nie Kaffee, wenn Sie irgendwo arbeiten. Und rühren Sie nie eine Schreibmaschine an.“ Sie hat den Rat befolgt. Sie vermutet, dass die jungen Frauen mit Aufstiegsambitionen es in Zukunft schwerer haben werden, als die der ersten Generation: „Die Männer haben inzwischen die Erfahrung gemacht, dass sie nicht nur mit ein paar ‚Ausreißerinnen‘, sondern mit ernsthafter Konkurrenz zu rechnen haben.“