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Sowinski-Deutsche_Stilistik.doc
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Stilistische Varianten in der Wortbildung der Wortarten

Der stilistisch bedeutsame Wechsel zwischen den Wortarten erstreckt sich indessen nicht nur auf die drei Hauptwortarten untereinander, sondern auch auf unterschiedliche Wortbildungsweisen innerhalb der einzelnen Wortarten; z.B. sind die semantischen Unterschiede zwischen den nomina agentis (Tätigkeits-bezeichnungen) auf -er und den Partizipien I der entsprechenden Verben so gering, daß beide durchaus als synonyme stilistische Varianten angesehen werden können:

der Schläfer – der Schlafende

Allerdings sind beide Formtypen – vielleicht wegen der entstehenden Redundanz (Uberflüssigkeit) – in der Wortbildung wenig genutzt worden, so daß bisweilen nur semantische Alternativformen existieren:

die Schüler – die Lernenden; die Arbeiter – die Schaffenden

Partizipbildungen finden sich besonders häufig bei intransitiven Verben (die Ankommenden, die Blühende, die Liegenden, die Badenden usw.)

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-er-Bildungen bei transitiven Verben (Käufer, Trinker, Esser, Läufer, Dreher usw.).5

Gelegentlich kommen auch bei anderen Substantivbildungen morphologische Doppelformen vor. So können unterschiedliche Abstraktabildungen als annähernd synonym aufgefaßt und entsprechend verwandt werden: Krankheit – Erkrankung, Bosheit – Boshaftigkeit, sein Kommen – seine Ankunft.

Ähnliche Erscheinungen, die auf den Wechsel der Gültigkeit von Wortbil-dungstypen zurückgehen und nun stilistische Variationen begünstigen, gibt es bei anderen Wortarten. So treten bei adjektivischen Herkunftsbezeichnungen gelegentlich solche älterer Art auf -isch und jüngere auf -er nebeneinander auf (wobei letztere offenbar aus genitivischen Bewohnerbezeichnungen hervorgegangen sind):

ein schweizerischer Geschäftsfreund – ein Schweizer Geschäftsfreund

die Kölnische Rundschau – der Kölner Stadt-Anzeiger

(Zeitungsnamen)

der wienerische Charme – der Wiener Charme.

Bei anderen adjektivischen Ableitungen ist ein synonymes Nebeneinander unterschiedlicher Wortbildungstypen recht selten: Es gilt auch nicht in allen Wortverwendungen, man vergleiche z.B.:

schmerzlich – schmerzvoll – schmerzhaft

schaurig – schauerlich, mitternächtig – mitternächtlich

ehrfürchtig – ehrfurchtsvoll

ehrbar – ehrlich – ehrenhaft.

Wo früher Synonymität bestand, hat sich der Wortsinn oft im Laufe der Zeit bedeutungsmäßig differenziert: geistig – geistlich, herzig – herzlich, tätig – tätlich.6

Semantisch recht nahe stehen sich auch adjektivisches Grundwort (Simplex) und Ableitung (Derivation), ohne daß hier von Bedeutungsidentität gesprochen werden kann. Synonyme Verwendung ist jedoch in Einzelfällen möglich:

sauber – säuberlich, reich – reichlich

(Er wurde reich beschenkt – er wurde reichlich beschenkt

aber: ein reicher Mann und nicht »ein reichlicher Mann«.)

Auch Ableitungssuffixe von Fremdwörtern sind hier zu nennen: vgl.: formal – formell – förmlich.

Derartige mitunter recht feine Bedeutungsnuancierungen erlauben dem geübten Stilisten recht differenzierte Charakterisierungen. So ist z.B. ein dümmliches Mädchen nur im abgeschwächten Sinne als »dumm« anzusehen; erweckt ein ärmliches Kleid nur den Eindruck der Armut.

Im Bereich der Verben sind morphologische Doppelformen noch seltener, weil hier die Vereinheitlichung der bedeutungsdifferenzierenden Ableitungsendungen schon sehr früh eintrat und neuere Bedeutungsdifferenzierungen nur noch durch Vorsilben signalisiert werden.

Manchmal sind die Bedeutungsunterschiede zwischen Grundwort und Ableitung allerdings auch hier recht gering, so daß nahezu synonyme Aussagen vorliegen:

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Er grüßt ihn. – Er begrüßt ihn.

Er beendete den Lehrgang. – Er beendigte den Lehrgang.

Besonders bei einfachen Verben und Ableitungen auf -ieren ist dies in manchen Wendungen sichtbar:

Er spendete 10 Mark. – Er spendierte 10 Mark.

Er erprobte das Rezept. – Er probierte das Rezept.

Häufiger sind dabei grammatische Unterschiede der Kasusrektion oder Verbvalenz, da intransitive Verben durch Vorsilben transitiv werden:

Er riet den Eltern. – Er beriet die Eltern.

Er antwortete auf den Brief. – Er beantwortete den Brief.

Er wohnte in dem Zimmer. – Er bewohnte das Zimmer.

Zuweilen entstehen auf diese Weise Modebildungen, die gegenüber älteren Wörtern umständlicher wirken: enthalten – beinhalten (z.B. Seine Antwort enthielt manchen neuen Gedanken. – Seine Antwort beinhaltete manchen neuen Gedanken).

Echte Synonymbildungen im verbalen Bereich sind jedoch bei Ableitungen von bestimmten Wörtern und Kombinationen mit dem Grundwort und einem entsprechenden Vorgangsverb gegeben:

Antworten – zur Antwort geben

beenden – zu Ende bringen/führen; anrechnen – zur Anrechnung kommen.

Im Rahmen der gegenwärtig bestehenden Neigungen zahlreicher Sprecher zu nominalen Ausdrucksweisen werden derartige Bildungen häufiger verwendet, selbst dann, wenn eine rein verbale Alternativform zur Verfügung steht. Allerdings darf hierbei nicht verkannt werden, daß durch solche nominalisierenden Ausdrucksweisen auch bestimmte Ausdrucksaspekte (z.B. die ingressive Aktionsart bei in Gang setzen u.ä.) dieser Verben neu belebt werden. In der Stilistik wurden diese »Funktionsverben« lange Zeit als typische Erscheinungen eines unlebendigen Amtsstils betrachtet7, sie nehmen jedoch heute über den funktionalen Stil des öffentlichen Verkehrs hinaus zu (vgl. S. 226).

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