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Allegorie und Symbol

Ebenfalls als Spielart des metaphorischen Ausdrucks, als eine besondere Art der Personifizierung, ist die Allegorie anzusehen, unter der gemeinhin die gestalthafte Verbildlichung abstrakter Vorstellungen (z.B. Tugenden, Jahreszeiten, Begriffe, Leiden) verstanden wird. Diese Form der Bildlichkeit ist seit dem Mittelalter in der Dichtung (z.B. den Minneallegorien, dem Kampf der Tugenden und Laster) und in der darstellenden Kunst (z.B. als Figuren von Ecclesia und Synagoge an manchen Kirchen) geläufig; vorher galt vor allem die heilsgeschichtliche Schriftauslegung als allegorisch.162 Die Blütezeit allegorischer Dichtungen reichte bis zur Goethezeit. Goethe selbst schafft gelegentlich Allegorien (z.B. die Sorge in »Faust II«), schätzt jedoch andere Formen der Verbildlichung von Gedanken höher ein (z.B. das Symbol). Einige Allegorisierungen sind volkstümlich geworden (z.B. der Frühling als Jüngling, der Tod als Sensenmann, die Gerechtigkeit als Frau mit verbundenen Augen). Auch heute noch gibt es diese Form der Bildlichkeit, etwa bei Brecht (»Der anachronistische Zug«), der die Leiden der Hitlerzeit auftreten läßt. Nach Goethes Auffassung163, die in der Folgezeit viel beachtet wurde, ist die Allegorie die Einkleidung des Allgemeinen (einer Idee z.B.) in das Gewand des Besonderen (z.B. einer Figur), das Symbol hingegen ein Besonderes (z.B. Gegenstand, Person, Geschehen), das in seinem Eigenwert zugleich unausgesprochen einen allgemeineren Sinn (Gedanken o.ä.) durchscheinen läßt. In G. Hauptmanns Drama »Und Pippa tanzt« ist z.B. durch die Figur des Mädchens Pippa ein solches Sinnbild gegeben, das irn Handlungsverlauf seinen Eigenwert besitzt, aus dem Gesamt Zusammenhang jedoch zum »Symbol der Schönheit in seiner Macht und Vergänglichkeit« wird.164 Die neuere Literatur, insbesondere Lyrik und Epik, ist in starkem Maße Symbolkunst, die sich nicht mit dem Vordergründigen der Darstellung begnügt, sondern auf tiefere Bedeutung verweist. Wenn es sich dabei auch vorwiegend um Probleme des Darstellungsstils handelt, so spielt auch der Sprachstil eine große Rolle, indem er selbst über den Wortsinn hinaus Verweischarakter besitzen kann (die Mundart in Hauptmanns »Die Weber« z.B. ebenso wie die Diktion eines Hofmannsthal, Rilke oder Stefan George). Von dieser Form der Symbolik sind die festen Symbolgegenstände (z.B. das Kreuz, der Lorbeerkranz, die Friedenstaube) zu unterscheiden, die eher als Allegorien gelten können.

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Umschreibungen (Periphrasen)

Eine weitere Gruppe der mittelbaren Bildlichkeit bilden die Umschreibungen, in denen eine Information, eine Benennung nicht durch die passenden und ihr unmittelbar zugeordneten Wörter, sondern durch sinngleiche oder sinnähnliche (zuweilen auch nur sinnandeutende) Kennzeichnungen erfolgt. Es gibt verschiedene Arten von Umschreibungen, Sie können in allen Stilformen verwendet werden, die nicht auf möglichst große Genauigkeit angewiesen sind (nicht also bei Bestellungen, Gesetztexten o.ä.). Umschreibungen dienen vor allem der Ausdrucksvariation, aber auch der Informationsergänzung, indem sie bestimmte Eigenschaften oder Aspekte des Gemeinten ernsthaft oder ironisch hervorheben. So können z.B. Personen durch ihr Amt, ihre Eigenschaften, Funktionen, Herkunft, ihr Aussehen o.ä. umschrieben werden (z.B. der nimmermüde Vorsitzende, der gebürtige Berliner, der Kleine), Begriffe durch Definitionen, Metaphern, ihre Gegenbegriffe, Appositionen o.ä.

Metonymie: Die antike Rhetorik hat eine Reihe von Umschreibungen, genauer gesagt: von Wortersetzungen, unter dem Begriff der Metonymie (= Namensvertauschung), zusammengefaßt.165 Solche Wortersetzungen sind auch heute noch üblich, und zwar Nennungen

1. des Autors für das Werk (z.B. Ich lese Schiller, statt: ich lese Schillers Werke; Zeppelin für: Luftschiff);

2. der Wirkung für die Ursache (z.B. Er fügte ihm die Schmerzen zu);

3. des Materials für den Gegenstand (z.B. Er stieß ihm das Eisen = Dolch ins Herz);

4. der Person für die Sache (z.B. Feldherr für die Truppe: Cäsar zog an den Rhein; Besitzer für Besitz: Der Nachbar ist abgebrannt);

5. des Kollektivabstraktums für die einzelnen (z.B. Jugend = junge Leute; das ganze Dorf feierte mit = alle);

6. des Rahmens für den Inhalt (z.B. ein Glas [= Bier] trinken; England [= die Engländer] fürchtet; das 18. Jahrh. [= die Menschen im 18. Jahrh.] glaubte; der Himmel [= Gott] stehe ihm bei, er hat Köpfchen [= Verstand]; Traube [= Wein]; der Kreml [= die sowjetische Regierung]);

7. die Gottheit für ihren Bereich (z.B. Er hatte sich dem Bacchus ergeben = dem Wein);

8. das Sinnbild für die Abstraktion (z.B. schmutziger Lorbeer = zweifelhafter Ruhm, unterm Krummstab = bischöfl. oder äbtlicher Gewalt).

Synekdoche: Eine Abart der Umschreibung wie der Metonymie wird als Synekdoche bezeichnet. Dabei wird entweder ein weiterer Begriff durch einen engeren bezeichnet, z.B. das Ganze durch einen Teil (pars pro toto, z.B. Ich rühre keinen Finger dafür = leiste keine Arbeit dafür); das Ganze durch eine beliebige Zahl (z.B. einige Tausend Köpfe); die Mehrzahl durch die Einzahl (z.B. das Korn steht eingesackt; edel sei der Mensch); die Art für die Gattung oder ein Einzelnes für die Art (z.B. kein Hund = Lebewesen kann davon leben); oder es wird ein engerer Begriff durch einen weiteren bezeichnet, z.B. die Gattung für die Art: alle Sterblichen = alle Menschen; das

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Ganze für einen Teil, z.B. im Pluralis majestatis oder Pluralis modestiae (vgl. S. 235 f.) u.ä.

Antonomasie: Nur auf Eigennamen bzw. ihren Ersatz durch eine Umschreibung ist die Antonomasie bezogen. Wir haben Formen dieser Art schon bei der Urnschreibung genannt, z.B. den Ersatz des Eigennamens durch die Nennung der Dienstbezeichnung, der Herkunft, des Berufes, der Eigenart o.ä.

Wir haben auch schon in anderem Zusammenhang (vgl. S. 211) auf die Personencharakterisierungen manchener Zeitschriften hingewiesen; wo derartige Umschreibungen oft in verhüllender (anspielender) Form (z. B. die graue Eminenz des Bundeskanzlers), in ironisch-satirischer Weise (z.B. die Berufsvertriebenen) oder in charakterisierend tadelnder Weise (z.B. die Stillhaltepolitiker) verwendet werden. Entscheidend für die Wirksamkeit dieser Umschreibungen ist die kontextuelle Kennzeichnung des Gemeinten. Ein weiterer Verwendungsbereich von Umschreibungen liegt in der Umgangssprache, die häufig bildhafte Wendungen gegenüber abstrakteren Bezeichnungen bevorzugt. So sind z.B. metonymische (symbolische) Charakterisierungen für politische Einstellungen recht geläufig: die Roten, die Linken, die Schwarzen, er ist rot, links, schwarz, braun (eingestel1t). Schwarz wird, auch als Synonym für »heimlich«, »ohne Genehmigung« gebraucht: schwarzfahren. schwarzschlachten, schwarzer Markt. Unangenehme oder tabuierte Bereiche werden im volkstümlichen Reden häufig metaphorisch oder metonymisch ausgedrückt, z.B. bei Wasser und Brot sitzen, auf Staatskosten einsitzen, abstottern (Ratenkauf = Kauf auf Stottern). Besonders zahlreich sind in allen Landschaften die Umschreibungen für die Notdurft und für den Geschlechtsverkehr.

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