Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Sowinski-Deutsche_Stilistik.doc
Скачиваний:
143
Добавлен:
20.09.2019
Размер:
1.43 Mб
Скачать

Die Bildlichkeit in Wortschatz und Redewendungen als Stilmittel

Eine große Bedeutung kommt in allen Stilformen der Bildlichkeit des Ausdrucks zu. Besonders gilt dies für literarische Texte, die zur eigenen Wirklichkeitsgestaltung bildhafte Vorstellungen benötigen. Aber auch andere Funktionsstile sind mehr oder weniger stark auf Bilder angewiesen. Wir haben dies bei der Erläuterung des Prinzips der Anschaulichkeit schon hervorgehoben. Sprachliche Bilder können verschiedener Natur sein, unterschiedlich verwendet werden und verschiedene Wirkungen zeitigen. Es gibt inzwischen viele Untersuchungen über die sprachlichen Bilder in der Dichtung verschiedener Epochen und Autoren, auf die wir hier nicht eingehen können.148 Sie alle heben die Wichtigkeit des Bildhaften in der dichterischen Gestaltung hervor.

Für die Stilistik gilt es mehrere Arten des sprachlichen Bildes zu unterscheiden. Wir fassen sie als unmittelbare (eigentliche) und mittelbare (uneigentliche) Bilder zusammen.149

Unmittelbare sprachliche Bilder

Bilder wollen gesehen werden. Sie sind zunächst nur für das Auge erfaßbar. Sprachliche Bilder haben dagegen schon von vornherein mittelbaren Charakter, verlangen ein anderes Verständnis als fotografierte oder gemalte Bilder der Wirklichkeit. Sprachliche Bilder knüpfen an das Erlebnis dieser physischen Welt an, das in der Erinnerung bewahrt bleibt und durch Sprache neu, wenn auch oft verwandelt, ins Bewußtsein gerückt oder gar als Vorstellung neu geschaffen werden kann. Das Wesen jeder Dichtung wird gerade in der neugeschaffenen Bildlichkeit gesehen, die bestimmte Sinnbezüge verdeutlicht. Darin unterscheidet sich Dichtung von allen theoretischen oder bloß kommunikativen Texten, die Informationen ohne Bilder oder allenfalls mit Bildzusätzen vermitteln, während Dichtung neben der Form und dem Gehalt weitgehend aus seiner Bildlichkeit wirkt.

Wir sehen hier vom grundsätzlichen Übertragungscharakter des sprachlichen Bildes ab, wenn wir diese nach unmittelbaren und mittelbaren Bildern unterteilen. Als unmittelbare Bilder seien hier die sprachlichen Ausdrücke gemeint, die real vorhandene oder erlebte fiktive Gegebenheiten eines Wirklichkeitszusammenhanges zu bildhaften Einheiten zusammenfassen und durch übliche Benennungen sprachlich kennzeichnen. Wir finden solche unmittelbaren sprachlichen Bilder überall dort, wo in der Wirklichkeit (oder in der Phantasie) Sichtbares sprachlich konkret erfaßt wird. Sprachliche Verständigung über bestimmte Sachverhalte ist nicht ohne Bilder möglich; eine abstrakte bilderlose Sprache setzt die Stufe der bildhaften Verständigung voraus. Nicht jedes »Ding« oder »Vorgangswort« besitzt von vornherein Bildcharakter, erst wenn ein Wort ein Einzelnes (das auch im Plural stehen kann)

255

hervorhebt, wird es zum Bild. In dem Satzbeispiel: Der Mann kaufte einige Hämmer, Sägen und Beile, sind die Gegenstände keine sprachlichen Bilder, der Vorgang des Kaufens aber gewinnt bildhafte Wirkung. Hieße es weiter: Die Beile hatten aber eine recht merkwürdige Form, so erlangten auch die Gegenstände Bildcharakter und würden (wenn auch zunächst verschwommen) zu Vorstellungsgegenständen für uns. Sprachliche Bilder sind nicht immer an die volle Satzaussage gebunden, auch das einzelne Nomen, isoliert oder in Reihungen, kann ein selbständiges Bild vertreten, wenn es entsprechend hervorgehoben ist:

Baumkahler Hügel,

Noch einmal flog

Am Abend die Wildentenkette

Durch wäßrige Herbstluft.

(P. Huchel, »Das Zeichen»)

Meistens ist jedoch die Einbettung in einen Satz für den Bildcharakter wichtig. Zuweilen aber sind Einzelbilder auch nur Teile eines größeren Bildes oder werden durch andere Bilder abgelöst, wie das Benn-Zitat (S. 260) zeigt, das zugleich den qualitativen Unterschied zwischen nichtdichterischen und dichterischen Bildern verdeutlichen kann. Dichterische Bilder sind sprachliche Bilder von höherer Wirksamkeit, weil sie einen stärkeren Gebildecharakter besitzen, stärker mit anderen Stilmitteln zusammenwirken und in ihrer situativen Prägung auch über das konkret Bildhafte hinausgehen und neue Sichtweisen, allgemeinere Vorgänge oder Befindlichkeiten, ja sogar abstrakte Ideen einschließen können.150

... die Ideale sind zerronnen

Die meiner Jugend Pfad erhellt

(Schiller, »Die Ideale«)

Der Krieg wird nicht mehr erklärt; sondern fortgesetzt! Das Unerhörte ist alltäglich geworden ... (I. Bachmann, »An alle Tage«)

Während in der Lyrik der Unterschied zwischen dichterischen und nichtdichterischen Bildern oft bedeutend erscheint, ist er zwischen der Bildlichkeit der dichterischen Prosa und der nichtdichterischen Texte im allgemeinen gering, wenn hier auch manchmal andere Bildbereiche und unterschiedliche Funktionen vorliegen.

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]