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Erörternde Texte

In der Stillehre wie in der Stilpraxis spielen die erörternden Texte eine große Rolle. Es handelt sich dabei um die Textsorten der gedanklichen Auseinandersetzung, deren Aufgabe es ist, bestimmte Gedankengänge zu entwickeln, Streitfragen und Probleme zu diskutieren und andere durch Argumente zu überzeugen. Solche Texte haben einen besonderen Leserbezug, ohne daß sie ihn wie andere Formen stilistisch hervorheben. Die Darlegung der Gedanken erfolgt vielmehr in möglichst objektiver, feststellender und folgernder Form unter Einbeziehung von rhetorischen Fragen sowie Erfahrungsbeispielen. Als Satzformen erweisen sich alle Arten von Satzgefügen als besonders geeignet, um die oft komplexen und vielschichtigen theoretischen Zusammenhänge angemessen auszudrücken. Haupttempus ist das Präsens im gelegentlichen Wechsel mit anderen Tempora, sofern nicht zurückliegende oder künftige Probleme erörtert werden. Der Wortschatz entspricht dem gedanklichen Charakter der Texte.

Erörterungen sind seit der Antike in den verschiedensten Formen wichtiger Gegenstand der schulischen Aufsatzlehre, wohl vor allem deshalb, weil mit der Einübung solcher Textformen die Schulung des Denkens wie des sprachlichen Ausdrucks verbunden werden kann. Auf die sich daraus ergebenden pädagogischen Probleme soll hier nicht eingegangen werden. Da es sich jedoch bei allen Aufsatzformen um Stilformen handelt, seien diese etwas genauer gekennzeichnet.

Erörterung und Problemaufsatz: Erörterungen sind gedankliche Darlegungen des Für und Wider bestimmter Sachverhalte, Probleme, Erscheinungen. Sie begegnen uns mitunter in Kommentaren, Leitartikeln, Stellungnahmen u.ä. als Gebrauchsformen, in Problem- oder Besinnungsaufsätzen als pädagogische Stilformen. Während ältere Übungen dieser Art häufig Sentenzen oder Zitate als Thema benutzten, greift die heutige Aufsatzlehre mehr auf aktuelle Fragen zurück, die, formuliert oder in Behauptungen o.ä. verborgen, in ihrer Problematik dargelegt und möglichen Lösungen nähergebracht werden sollen.26 Zu den gedanklichen Voraussetzungen solcher Texte gehört eine klare Gliederung und Ordnung der möglichen Argumente und

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Bedenken in der aufsteigenden oder absteigenden Reihenfolge ihrer Gewichtigkeit. Die einzelnen, oft thesenartig formulierten Sinnkomplexe werden häufig durch vorangestellte oder nachgeholte Beispiele oder Bilder aus den verschiedensten Lebensbereichen (Erfahrung, Politik, Geschichte, Phantasie) verdeutlicht, um der Gefahr dürrer Abstraktion zu entgehen. Wenn auch ein abschließendes Urteil über die aufgeworfenen Themafragen durch die Fülle und Gewichtigkeit der verschiedenen möglichen Standpunkte mitunter erschwert ist, so wird es doch in den meisten Fä11en erstrebt (soweit der Text nicht nur der Vorbereitung fremder Urteile dienen soll).

Aus dieser Art der sprachlichen Gedankenentfaltung ergeben sich die stilistischen Besonderheiten. Sie beziehen sich nicht nur auf die jeweiligen Einzel-formulierungen, sondern auch auf die sprachlogischen Beziehungen zwischen Abschnitten und Sätzen. Logik und Stilistik gehen hier oft zusammen, besonders bei der Gestaltung der Satzgefüge und Verknüpfung der Sätze. Die Formulierung bestimmter Gedankengänge verlangt zudem einen abstrakt-begrifflichen Wortschatz, der jedoch das Verständnis nicht erschweren darf und deshalb mit bestimmten Formen der Anschaulichkeit des Ausdrucks (Bildern, Vergleichen, bildhaften Verben u.ä.) wechseln soll. Bei schulischen wie bei umfangreicheren wissenschaftlichen Arbeiten werden die Gedankenschritte oft durch stichwort- oder thesenartige Überschriften in einer vorangestellten und eingearbeiteten Gliederung verdeutlicht. Bei kleineren Aufsätzen oder anderen Gebrauchsformen (Kommentaren u.ä.) erübrigt sich dieses äußere Korsett, ohne daß auf eine innere Ordnung verzichtet werden kann. Die gedanklichen Übergänge erfordern allerdings eine größere Geschmeidigkeit.

Begriffserklärung: Das Abwägen des Bedeutungsinhalts bestimmter Wörter, besonders abstrakter Begriffe, geht oft über die bloße Erläuterung knapper Sachkommentare (und ihrer Kurzform in Wörterbüchern) hinaus und gehört – soweit es in der Form sorgfältiger Reflexionen vollzogen wird – zur Testgruppe der Erörterungen. Zu den gedanklichen Anforderungen der Begriffserklärung gehört es, den gesuchten Begriff in bestimmte Begriffsfelder einzuordnen und ihn von Gegenbegriffen, Teilsynonymen, Ober- und Unterbegriffen abzugrenzen und außergewöhnliche Verwendungen aufzuzeigen, den Wortsinn durch Beispiele zu veranschaulichen, mitunter die Wortbedeutung aus der Etymologie zu erklären, Bedeutungswandlungen hervorzuheben u.a.m.

Da es hier mehr urn ein Nebeneinander, weniger um ein Nacheinander von Beobachtungen und Gedanken geht, treten die Satzgefüge zurück (bis auf Inhalts-, Konditional-, Adversativ- und Relativsätze), an ihrer Stelle erscheinen parataktische, syndetische Satzverbindungen. Haupttempus bleibt das Präsens. Der Einbezug von situativen Beispielen lockert die abstrakte Form dieser Textsorten.

Eine Kurzform der Begriffserklärung, zumeist beschränkt auf wenige Syntagmen oder einen Satz, liegt in der Definition vor, die stilistisch durch nominale Prägungen, Abstrakta, besonders auch durch Komposita, ausgezeichnet ist.27

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Untersuchung: Erörterung und Begriffserklärung erscheinen neben Beschreibung und Erläuterung als Teilformen im größerer Texttyp der Untersuchungen, wie sie vor allem im wissenschaftlichen Bereich, in Aufsatz- oder Buchform üblich sind. Hier wird jedoch der Idealtypus der einfachen Textformen als Stilform überschritten. Zur Kombination der Strukturen der integrierten Textformen tritt die Vereinigung der darin üblichen Stilmittel. Dem wissenschaftlichen oder dokumentarischen Charakter entspricht die Beschränkung auf Aussagesätze, zumeist als Satzgefüge, und auf ein starkes Hervortreten der Fachterminologien.

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