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Sowinski-Deutsche_Stilistik.doc
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Die Aussageweisen (Modi) als stilistisches Mittel

Das deutsche Verbsystem verfügt – wie das vieler anderer Sprachen – über morphematische Differenzierungsmöglichkelten zum Ausdruck unterschiedlicher Geltungsgrade der verbalen Aussage. Diese Differenzierung erfolgt vor allem durch die grammatischen Formen des Indikativs, Konjunktivs und Imperativs, daneben, ergänzend oder auch allein, mit Hilfe einzelner Modaladverbien und Modalverben. Die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten imperativischer Sagweisen, die nicht nur an die grammatischen Formen des Imperativs gebunden sind, haben wir im Zusammenhang des Aufforderungssatzes betrachtet (vgl. S. 93f.). Hier interessieren uns insbesondere die Formen des Ausdrucks der Tatsächlichkeit wie der Möglichkeit, die durch Indikativ und Konjunktiv repräsentiert werden.

Die Verwendung dieser Formen, besonders der Wechsel zwischen Indikativ und Konjunktiv, aber auch das Verhältnis der Konjunktivformen bzw. ihrer Umschreibungen zueinander, ist durch zahlreiche Schwankungen gekennzeichnet, die es erschweren, Regeln für die Verwendung und Geltung dieser Formen zu ermitteln, obgleich dies in letzter Zeit wiederholt versucht wurde.40 Es hat deshalb nicht an Stimmen gefehlt, die auf die Ermittlung von Regeln zum Konjunktiv ganz verzichten und seine Verwendung ganz der Entscheidung des Stilgefühls überlassen wollten, ihn also »nicht so sehr als ein grammatisches denn als ein stilistisches Ausdrucksmittel ansehen« möchten.41 Die Unsicherheit im Gebrauch dieser Formen ist in der Tat recht groß; sie wird durch die mehrfachen Variationsmöglichkeiten nicht verringert.

Wenn denn der Konjunktiv und seine Oppositionsform, der Indikativ, als stilistisch bestimmte Ausdrucksmöglichkeiten angesehen werden sollen (was sie neben ihrer grammatischen Funktion auch sind), so ist es wichtig, ihren Stilwert zu kennen. Die Entscheidung für bestimmte Ausdrucksmöglichkeiten dieser Art kann als wichtiges Kennzeichen des jeweiligen Stiis gelten. Wir suchen diese stilistischen Spielarten an einigen Beispielen zu verdeutlichen.

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Der Indikativ

Der Indikativ ist die »allgemeine, normale und neutrale Art und Weise der Aussage« zum Ausdruck eines Seins oder Geschehens, das »tatsächlich und wirklich ist oder als tatsächlich und wirklich hingestellt, als gegeben angesehen und ohne Bedenken anerkannt wird«42. Da unser Sprechen vor allem auf die Welt des Gegebenen gerichtet ist und wir davon mehr anerkennen als bezweifeln (selbst bei Verneinungen), erscheint der Indikativ als die dominierende Aussageweise der meisten Texte in allen Tempusformen:

Der Bundestag berät heute den Haushaltsplan. – Gestern ereignete sich auf der Umgehungsstraße der B 9 ein schwerer Unfall. – Die Arbeitsbedingungen sind nicht zufriedenstellend.

Der Geltungsgrad solcher Aussagen, ihre angenommene oder behauptete Tatsächlichkeit kann durch beteuernde Adverbien unterstrichen werden:

Er hat es wirklich getan. – Ohne Zweifel hast du recht. – Es war tatsächlich so, wie ich sagte. – Es wird bestimmt möglich sein. – Es macht ihm gewiß Freude.

Allzu nachdrückliche Bekräftigungen können indes auch ironisch, spöttisch oder zweifelnd wirken und gegebenenfalls das Gegenteil meinen (vgl. S. 71). Auch Aussagen aus dem Reich der Phantasie, des Futurischen, des nur Angenommenen, des Allgemeingültigen und Hypothetischen, des bedingt Möglichen erscheinen in der Regel im Indikativ, bedingt Mögliches kann allerdings auch im Konjunktiv ausgedrückt werden; besonders in Gliedsätzen, in denen eine Aussage als irreal anzusehen ist:

Wenn ich Geld habe, kaufe ich mir ein Faltboot: Wenn ich Geld hätte, kaufte ich mir ein Faltboot.43

Die Bestimmtheit einer indikativischen Aussage wird gelegentlich durch adverbiale Zusätze eingeschränkt, so daß solche Äußerungen zu Vermutungen oder Annahmen werden:

Er wird wohl kommen. – Vielleicht haben mir Glück. – Wahrscheinlich ist es so.

Aus dem mündlichen Sprachgebrauch, wo viel häufiger von derartigen Beteuerungsworten Gebrauch gemacht wird, dringen diese Satzadverbien oder Modalwörter in die Schriftsprache. Durch Wörter wie freilich, natürlich, doch, wohl, praktisch – wird die »Einschätzung des Inhalts irgendeiner syntaktischen Beziehung von Seiten des Sprechenden« ausgedrückt.44 In den meisten Fällen wird dadurch die Aussage verstärkt und bejaht, in anderen abgeschwächt.

Die Modalwörter stehen bedeutungsmäßig und funktional den Modalverben nahe (sollen, müssen, mögen, dürfen, können). Auch sie charakterisieren die Einschätzung von Vorgängen durch den Sprecher, allerdings nicht im Hinblick auf die Gültigkeil der Aussagen.

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